Achim Berg über Microsofts Zukunftspläne:Der Riese aus Redmond gegen die Welt

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Abschied von der Consumer Electronics Show, holpriger Start von Windows Phone 7, starke Konkurrenz durch Google: Die Zukunft von Microsoft erscheint unsicherer denn je. Der deutsche Microsoft-Topmanager Achim Berg erklärt, warum der Software-Gigant den Kampf noch lange nicht verloren gibt.

Helmut Martin-Jung

Wenn die vorerst letzte der traditionellen Ansprachen eines Microsoft-Chefs auf der Technikmesse Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, dann diesen: In Steve Ballmers Grußwort kam wenig vor, an das man sich noch länger erinnern wird. Die Frage, ob man sich um den Software-Giganten Sorgen machen muss, wird aber längst nicht erst seit Ballmers blasser Rede auf der CES diskutiert, sondern bereits seit kurz vor Weihnachten.

Achim Berg ist ehemaliger Deutschlandchef von Microsoft und mittlerweile Geschäftsführer für den Bereich Worldwide Operator Channels. Hier stellt auf einer Pressekonferenz 2010 das Windows Phone 7 vor. (Foto: dpa)

Wenige Tage vor der großen Show war bekannt geworden, dass man in Redmond, Microsofts Hauptsitz, beschlossen hatte, sich die teuren Auftritte auf der CES künftig zu sparen - zum Ärger von Messechef Gary Shapiro.

Der ehemalige Deutschland-Chef von Microsoft, Achim Berg, hält indes nicht nur den Zeitpunkt der Ankündigung für "gut und richtig", er findet die Entscheidung im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung auch alles andere als schlimm. Er stellt rationale neben die finanziellen Gründe: "Ich brauche auf einer Messe die Gespräche mit Kunden", sagt Berg, "aber ich muss doch nicht noch einmal die Spielkonsole zeigen." Gespräche könne man aber auch gut ein wenig abseits der Messe in Hotels führen.

Der Weg ins Internet führt in die Konkurrenz mit Google

Kundenkontakt ist für Berg noch einmal wichtiger geworden, seitdem er in Redmond vor Kurzem den Posten des Geschäftsführers für den Bereich Worldwide Operator Channels übernommen hat. Dabei geht es kurz gesagt darum, das Netzwerk von Partnern zu steuern und möglichst zu erweitern, das in Kooperation mit Microsoft Dienstleistungen direkt beim Kunden erbringt. Der Geschäftsbereich umfasst Microsofts Handy-Betriebssystem ebenso wie die künftigen Windows-8-Tablets, die Spielekonsole Xbox, aber auch den ertragsstarken Bereich Office.

In vielen dieser Felder konkurrieren die Redmonder dabei mit Google. Der Internetkonzern gehe aber an den Partnern vorbei und verhandle direkt mit den Kunden, betont Berg den Unterschied. Über Partner wie etwa Vodafone könne man garantieren, dass die abgelegten Daten der Kunden in Deutschland gespeichert würden.

Microsoft ist den Weg in die Internetwelt konsequent gegangen. Firmen, die sich mit Produkten, aber nicht mit IT befassen wollen, können längst das gesamte Office-Programmpaket online mieten - zu moderaten Preisen. Zwar wächst der Bereich laut Berg mit dreistelligen Prozentzahlen - aber von einem niedrigen Niveau aus. Der Deutsche muss also noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

Das gilt auch für den Bereich der Smartphones. Dass das neue Betriebssystem - obwohl von der Fachwelt gelobt - nicht so eingeschlagen hat wie erhofft, habe "nicht den einen Grund", sagt Berg, der in Redmond bisher das Marketing für Windows Phone verantwortet hat. Man sei eben mit eher teuren Geräten gestartet und nur in wenigen Ländern - "das geht jetzt erst richtig los", so Berg.

Es gibt nicht "den einen Grund", dass das Windows Phone noch nicht eingeschlagen hat wie erhofft, sagt Achim Berg, "das geht jetzt erst richtig los". (Foto: REUTERS)

Das muss es auch, denn im dritten Quartal 2011 lag der Marktanteil von Windows Phone unter den Smartphones noch bei 1,5 Prozent. Von den gut 115 Millionen verkauften Smartphones war dagegen mehr als jedes zweite ein Gerät mit Googles Android, Apples Anteil betrug 15 Prozent. Demnächst sollen nun in China und Lateinamerika günstige Windows-Phones auf den Markt kommen. Auch die Smartphones der Konkurrenz seien anfangs langsam gestartet, gibt Berg zu bedenken. "Wenn Sie die Kurven übereinander legen, das deckt sich".

Für zu spät hält er Microsofts Einstieg in den Markt daher nicht, durch die Kooperation mit Nokia und der guten Anbindung an Microsofts Erfolgssoftware sieht er seinen Konzern gut aufgestellt. In diesen Tagen kommt in Deutschland das zweite Nokia Windows Phone auf den Markt, das Lumia 710, das ohne Vertrag für etwa 320 Euro zu haben ist.

Windows 8 steht in den Startlöchern

Ende Februar - genau rechtzeitig übrigens zur Fachmesse Mobile World Congress in Barcelona - erscheint dann die erste öffentliche Vorabversion von Windows 8. Die wichtigsten Neuerungen: Es läuft auch auf Hardware, die Mobilprozessoren des englischen Chipdesigners ARM einsetzt, und es lässt sich mit der vom Handysystem übernommenen Oberfläche sowohl auf Tablets wie auf gewöhnlichen PCs einsetzen.

Hört man sich in der Fachwelt um, gilt es keineswegs als ausgemacht, dass Microsoft den Kampf gegen Google oder Apple schon verloren geben muss. Viele Fehler darf sich Microsoft allerdings nicht erlauben, und es müssen irgendwann überzeugendere Zahlen her als die, dass die Rücklaufquote bei Windows Phones die geringste der Branche ist.

Immerhin, sagt Berg, kommen die Partner, etwa Telekommunikationsfirmen wie Vodafone oder Telefonica, allmählich dahinter, dass in der Verlagerung von Dienstleistungen ins Internet, die vielbeschworene Cloud also, ein attraktives Geschäftsfeld für sie darstelle.

© SZ vom 14.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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