Abgeordnete testen Computerspiele:Ausweichen und wegducken

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Wenn Abgeordnete mit der Maus auf virtuelle Gegner zielen: Bei der ersten LAN-Party im Bundestag versuchen sich Politiker auch an Ballerspielen wie Counter-Strike.

Karin Prummer

Vor zwei Jahren hatte bereits der bayerische Landtag einen Spieleabend für seine Parlamentarier im Programm, jetzt durften auch die Bundestagsabgeordneten gemeinsam ballern oder den virtuellen Tennisschläger schwingen. Die Politiker konnten das ausprobieren, worüber sie seit Jahren reden und entscheiden: Computerspiele.

Computerspiele sind böse - diese Meinung hätten sich viele gebildet, ohne die Praxis zu kennen. So sehen es zumindest die Organisatoren Dorothee Bär (CSU), Manuel Höferlin und Jimmy Schulz (beide FDP) der ersten "Politiker-LAN-Party". Die Veranstaltung, die am Mittwochabend im Bundestag stattfand, solle Vorurteile abbauen und "zu einer sachlicheren und fachlich fundierteren Diskussion zum Thema" führen, so Bär. Etwa 50 Abgeordnete folgten dem Aufruf. Freundliche Hostessen und Hersteller halfen ihnen beim Testen: Mehr als 30 Spiele von Formel 1 über Fitness bis Ballerspiel.

Auf dem Bildschirm: staubige, verlassene Gassen, im Hintergrund Felsengebirge. Zwei Teams, Terroristen und Anti-Terroreinheiten, beschießen sich auf der Suche nach der Bombe. Burkhardt Müller-Sönksen, der medienpolitische Sprecher der FDP, hat gerade Counter-Strike ausprobiert. "Zum ersten Mal in meinem Leben, und das mit 51 Jahren." Er sagt, unter seinen Abgeordneten-Kollegen sei er noch verhältnismäßig gut am Computer. Er beherrsche immerhin das Zehn-Finger-System und habe vor zwanzig Jahren "Asteroids" gespielt. Eines der Urspiele, bei dem man Asteroiden ausweichen muss.

Bei Counter-Strike verlor Müller-Sönksen zwar, hatte aber zwei Gegner um die Ecke gebracht. "Ich habe zum ersten Mal mit der Maus als Zielfernrohr auf Menschen gezielt", sagte er. Spaß habe ihm das natürlich keinen gemacht. Aber nun habe er eine Vorstellung von dem Spiel bekommen. Immerhin sei es ein Team-Spiel, problematisch sei aber, dass der Erfolg darin bestehe, jemanden zu erschießen.

Suche nach dem Suchtfaktor

Die ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) testete zwar nur gewaltfreies wie ein virtuelles Tennismatch, bemängelte aber: "Ich hatte gehofft, dass ich hier mehr über die süchtig machenden Faktoren lerne, aber davon habe ich noch nichts mitgekriegt." Kritik kam von Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der Union. Er fragte: "Warum soll ich lernen, wie man ein Killerspiel wie Counter-Strike spielt?"

Organisatorin Bär betonte, man wolle nicht verharmlosen, sondern die große Bandbreite der Spiele zeigen. Ziel sei, dass die Abgeordneten reflektieren und "durch das Ausprobieren der Spiele die Wirkung selbst erfahren". Insgesamt wurde aber mehr geschaut als ausprobiert, sagen die Helfer. Vor die Counter-Strike-Bildschirme hätten sich nur eine Handvoll Abgeordnete gesetzt.

Vielleicht spielen beim nächsten Mal mehr. Die Initiatoren kündigten weitere LAN-Parties an.

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