Prüfungsbetrug in den Niederlanden:Zehntausende Schüler können aufatmen

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Nach Bekanntwerden des größten Prüfungsbetrugs in der Geschichte des Landes hat die niederländische Schulbehörde am Mittwochabend entschieden: 60.000 Schüler müssen ihre Abschlussklausuren nicht wiederholen. Davon ausgenommen ist eine Rotterdamer Schule - hier hatte der Skandal begonnen.

Es ist die Horrorvorstellung jedes Schülers: Die Prüfungen sind erfolgreich absolviert, der Abschluss in der Tasche - und plötzlich droht eine Wiederholung des ganzen Klausurstresses. Diesen Albtraum durchlebten 24 Stunden lang Zehntausende Schüler in den Niederlanden. Nach Bekanntwerden des größten Prüfungsbetrugs in der Geschichte des Landes mussten sie um ihre Abschlüsse bangen.

Am Mittwochabend kam dann aber die erleichternde Nachricht aus der Schulbehörde: Sie müssen nicht noch einmal ran und dürfen ihre Abschlüsse behalten. Etwa 200.000 niederländische Schüler aller Schulformen hatten vor zwei Wochen ihre Examen abgelegt - von dem Betrug waren etwa 60.000 betroffen.

Geleakte Musterprüfungen

Der Skandal war am Dienstagabend publik geworden, als herauskam, dass bereits im Mai 25 Musterprüfungen aus dem Safe einer Rotterdamer Gesamtschule gestohlen worden waren. Zunächst war lediglich von 15 Examen die Rede gewesen.

Die Diebe sollen den Tresor geöffnet, die Aufgaben fotografiert und sie danach verbreitet haben. Die Briefumschläge mit den Prüfungsunterlagen ließen sie zurück. Der Rektor bemerkte jedoch, dass die Umschläge beschädigt waren und alarmierte die Behörden.

Erste Hinweise auf den Prüfungsbetrug gab es noch im selben Monat: Zwei Tage vor dem zentralen Französisch-Examen an Gymnasien kursierten die Aufgaben bereits im Internet. Die Schulbehörde verschob daraufhin die Prüfung um einen Tag. Die Schüler bekamen neue Aufgaben.

Drei Festnahmen

Hinter dem Betrug stecken offenbar keine professionellen Kriminellen: Im Zusammenhang mit dem Einbruch wurden bislang drei 18 und 19 Jahre alte Schüler festgenommen. Auf ihren Handys fand die Polizei Fotos der Examen. Außer Französisch ging es auch um die Fächer Mathe, Niederländisch, Erdkunde, Geschichte, Englisch und Wirtschaftskunde.

Zu den Verdächtigen soll auch der Sohn eines Physiklehrers der Rotterdamer Schule gehören. Der Pädagoge wurde inzwischen beurlaubt. Die Schule musste einräumen, dass bereits 2010 ein Schlüssel zu dem Safe verloren gegangen war. Die Schlösser waren jedoch nicht ausgetauscht worden. Wie die Schüler in den Besitz des Schlüssels kamen, ist unklar.

Die Prüfungen der etwa 150 Schüler an der Schule wurden für ungültig erklärt. Sie müssen die Examen in der kommenden Woche mit neuen Aufgaben wiederholen. Die Schulbehörde schließt nicht aus, dass in einzelnen Fällen auch Prüfungen an anderen Schulen für ungültig erklärt werden.

"Die Schüler wurden verrückt vom langen Warten"

Unter den niederländischen Schüler hatte nach Bekanntwerden des Prüfungskandals Angst und Wut geherrscht. "Manche hingen heulend am Telefon", erzählte der Vorsitzende des Schülerverbands Laks, Remco Barendregt. Auch auf Twitter und Facebook war der Betrug Topthema. "Die Schüler wurden verrückt vom langen Warten", so der Schülervertreter.

Auch hierzulande müssen immer wieder Schüler ihre Abschlussprüfungen wiederholen. Meist steckt dahinter aber kein Verbrechen, sondern schlicht menschliches Versagen. So mussten in diesem Jahr mehrere Schulen in Nordrhein-Westfalen die schriftliche Abiturprüfung im Fach Sozialwissenschaften wiederholen lassen, weil ihnen von der Schulbehörde beim ersten Mal die falschen Aufgaben übermittelt worden waren.

Eines bleibt aber gleich: Die Leidtragenden sind die Schüler.

© Süddeutsche.de/dpa/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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