Master-Studium:Mit freundlicher Unterstützung vom Arbeitgeber

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Nach dem Bachelor erstmal das Berufsleben kennenlernen? Kein Problem. Immer mehr Unternehmen unterstützen ihre Mitarbeiter, wenn sie später den Master nachholen wollen.

C. Demmer

Drei Bachelors auf dem Weg zum Master: Alle drei standen bereits im Beruf. Alle drei studieren an einer kostenpflichtigen privaten Hochschule. Und alle drei zahlen dafür einen Preis. Isabelle Schäfers schultert einen Vollzeitjob im Controlling, sitzt jeden Monat drei bis vier Tage im Hörsaal in Berlin und arbeitet am Wochenende den Lehrstoff durch. René Quandt verabschiedete sich aus einer sicheren Führungsposition bei der Lübecker Sparkasse und sitzt jetzt als Zweitältester in seinem Seminar. Göktug Keskin schiebt Überstunden als Verkäufer im Kieler Telekom-Shop, weil seine Urlaubstage nicht für das Präsenzstudium ausreichen und stottert einen gewaltigen Studienkredit ab. Doch alle drei sind mit Feuereifer dabei und wissen genau, warum sie diesen Weg gewählt haben.

Vom Büro zurück in den Hörsaal: Wen es nach einer Praxisphase wieder an die Uni zieht, muss nicht unbedingt auf die Berufstätigkeit verzichten. Er kann auch berufsbegleitend, firmenfinanziert oder als Fernstudent seinen Master-Abschluss machen. (Foto: dpa)

Isabelle Schäfers will Führungskraft werden. "Den Unternehmen sind Praxiskenntnisse wichtig. Und ich will das Gelernte gleich umsetzen - das passt also zusammen." René Quandt wünscht sich nach 14 Jahren im Job einen Richtungswechsel. Er möchte nicht wieder in die Sparkasse zurück, sondern in die mittelständische Wirtschaft, "kaufmännische Leitung, Geschäftsführung, so was in der Richtung". Und Göktug Keskin, der schon seine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker bei der Telekom gemacht hat, hofft auf eine schnellere Karriere in der Bonner Zentrale.

72 Prozent der Uni-Absolventen mit einem Bachelor in der Tasche studieren weiter, von den Fachhochschul-Bachelors sind es 34 Prozent, ergab eine Befragung des Zentrums für Hochschulforschung Kassel.

Doch die Entscheidung, welcher Studiengang es dann sein soll, ist nicht leicht. Den Master gibt es in unzähligen Varianten.

Zunächst muss man festlegen, welchen Zeitaufwand man betreiben will, ob man also berufsbegleitend, im Vollzeitunterricht oder als Fernstudent lernen will. Dann gilt es zu klären, ob es ein Studium an einer deutschen oder einer ausländischen Hochschule sein soll, oder etwa an einer heimischen Hochschule mit integrierten Auslandsetappen beziehungsweise in englischer Sprache. Und schließlich stellt sich die Frage nach der Finanzierung: Die meisten Master-Programme bezahlen die Studenten selbst. Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit finanzieller Unterstützung des Arbeitgebers oder eines anderen Sponsors zu studieren. Oder sich vom Unternehmen für die Dauer des Studiums oder einzelne Etappen freistellen zu lassen.

Eine eigene Spielart bietet die Duale Hochschule Baden-Württemberg, an der Informatik, Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre im dreimonatigen Wechsel mit der Berufstätigkeit studiert werden können. Die Regelstudienzeit beträgt zwei Jahre, die Kosten tragen meistens die Arbeitgeber. Und sie zahlen auch noch ein Gehalt.

Als bisher einziges Unternehmen in Deutschland schließt der Technologiekonzern Hewlett-Packard in Böblingen mit Mitarbeitern, die dort bereits einen dualen Bachelor erworben haben, einen Ausbildungsvertrag - und schickt sie gleichzeitig zum Masterstudium an die ESB Business School in Reutlingen. "Es ähnelt der klassischen Berufsausbildung, nur unter Ausschluss der IHK", sagt Bernd Brennenstuhl, Leiter der Ausbildung bei Hewlett-Packard. Offiziell ist es ein Vollzeitstudium, allerdings mit hohem Praxisanteil. "Im Schnitt sind die Studenten anderthalb Tage pro Woche in Reutlingen", sagt Brennenstuhl.

Erklärtes Ziel der konsekutiven Förderung sei es, die hoffnungsvollsten Bachelors im Unternehmen zu halten. "Sie können entweder direkt in einen Job gehen oder ein einjähriges Traineeprogramm absolvieren, um ihre Praxisfähigkeiten zu erweitern. Oder sie machen ein Masterstudium, dessen Praxisphase mit dem Traineeprogramm vergleichbar ist." Während des Masterstudiums erhalten die Studenten ein Salär, das etwa zwischen der normalen Ausbildungsvergütung und dem Einstiegsgehalt eines Bachelors angesiedelt ist.

Wer im Beruf steht und nicht auf sein Einkommen verzichten will, entscheidet sich meist für ein jobbegleitendes Masterstudium. Dafür kann man entweder seinen Arbeitgeber um Unterstützung bitten oder sich zum Beispiel von der Steinbeis-Hochschule in Berlin einem potentiellen Sponsor vorstellen lassen. Mit etwas Glück lässt sich ein Förderer davon überzeugen, dass die Investition in den Bewerber eine gute Rendite abwirft.

Diesen Weg hat Isabelle Schäfers gewählt. Nach ihrem von der Siemens AG bezahlten Bachelorstudium arbeitete sie zunächst bei einem IT-Dienstleister in München. Doch der Master ging ihr nicht aus dem Kopf. "Mir schien es problematisch, aus dem Beruf herauszugehen und Vollzeit zu studieren", sagt sie, "außerdem wollte ich Geld verdienen. Da informiert man sich natürlich, was es so gibt: AKAD, Fernuni Hagen, Steinbeis."

Die Steinbeis-Hochschule in Berlin machte ihr Hoffnung, einen Fuß in der Praxis zu behalten und die Studienkosten nicht alleine tragen zu müssen. Der private Bildungsanbieter kooperiert mit mehr als 450 Konzernen und Mittelständlern in ganz Deutschland. Schäfers bewarb sich, wurde in den Kandidatenkatalog aufgenommen und von Daimler herausgepickt. Anders als bei den meisten von Firmen geförderten Bachelor- und Masterprogrammen ist sie nicht verpflichtet, nach dem Examen ein paar Jahre beim Konzern zu bleiben. Ebenso wenig hat ihr Daimler eine Stelle zugesagt.

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Immer mehr Unternehmen begeistern sich für die Idee, dem akademischen Nachwuchs einen Nachschlag in ihrem Sinne zu spendieren. Ausgewählte Mitarbeiter werden beim Erwerb des Masters gefördert, jedoch nur bei berufsbegleitenden Programmen, erklärt Eva Strube, Personalentwicklerin bei der Deutschen Telekom in Bonn. Wer Vollzeit studieren wolle, könne sich alternativ für bis zu zwei Jahre ohne Bezahlung beurlauben lassen. Doch das komme selten vor. "Wer steigt schon mitten in seiner Karriere aus?"

Die auf dem Telekom-Ticket reisenden Studenten jedenfalls nicht. Sie arbeiten ihre 40 oder 20 Stunden pro Woche ab und lernen nach Feierabend. Als Ansporn bezahlt der Arbeitgeber die Hälfte der Studienkosten und gewährt jedes Jahr zehn Tage Sonderurlaub. Die freie Wahl von Hochschule und Studienfach haben die Geförderten aber nicht: Bisher gibt es Kooperationen mit sieben deutschen Hochschulen. Das bedeutet: Die Schule organisiert die Lehre, die Firmen finanzieren den Löwenanteil - und beide zusammen bestimmen die Teilnehmer und die Studieninhalte.

Das hat Vorteile: Die Studenten bleiben auch im Hörsaal den Sponsoren nahe und fassen nach dem Examen schneller Fuß im Job. Es hat aber auch Nachteile: Kritiker monieren eine interessengesteuerte Ausbildung und werfen den fremdfinanzierten Studenten vor, allzu laut das Lied ihrer Brötchengeber zu singen. So ist beispielsweise einer der beiden Prüfer der Masterarbeit, die an der Steinbeis-Hochschule abgelegt wird, der direkte Vorgesetzte des Firmenstudenten.

Für die Unternehmen scheint sich der Schulterschluss mit den Hochschulen zu rechnen. Er bietet ihnen die wohlkalkulierte Chance, ihre guten Mitarbeiter auch nach dem Studium behalten zu können. Strube erklärt den Deal: "Die Kollegen können sich weiterqualifizieren und einen staatlich anerkannten Abschluss machen. Und für uns ist das ein Instrument der Mitarbeiterbindung und der Sicherung unseres Fachkräftebedarfs."

"Der Prozess ist erst am Anfang", sagt der Münchner Personalberater Franz-Josef Nuß. "Junge Führungskräfte bekommen ein Sabbatical, werden finanziell unterstützt und stehen dafür der Firma nach dem Abschluss noch zur Verfügung." Die Beteiligung der Arbeitgeber am Master könne künftig durchaus ein Teil der systematischen Führungskräfte-Entwicklung werden. Dennoch rät er, den Master direkt und im Zweifel auf eigene Kosten an den Bachelor anzuhängen. "Finanziert ihn die Firma mit, kann der Master zur goldenen Fessel werden."

© SZ vom 12.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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