Wissenschaft:Universität Eichstätt will sich öffnen

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Gemeinsam mit der Hochschule Ingolstadt sollen Forscher Zukunftsprobleme in der Region anpacken

Von Anna Günther, Eichstätt

Die Katholische Universität Eichstätt Ingolstadt (KU) will den Elfenbeinturm verlassen. Statt sich wie im klassisch humboldtschen Sinne Forschung und Lehre zu widmen, sollen künftig auch Gesellschaft und Wirtschaft der Region von den Erkenntnissen der Professoren und Studenten profitieren. Für ein erstes Projekt, das aus dieser Idee einer "engagierten Wissenschaft" entstand, gab das Bundesforschungsministerium kürzlich 15 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre frei. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) bildet die KU eine Innovationsallianz und will im Rahmen von "menschINBewegung" mit gemeinsamen Projekten Lösungen für die großen Herausforderungen in Bereichen wie Digitalisierung, Mobilität und Nachhaltigkeit finden.

"Die THI hat den Fokus dabei eher auf die Technik gerichtet, wir in Eichstätt achten mehr auf die Bedeutung für den Menschen", sagte KU-Präsidentin Gabriele Gien der SZ. In Green Campus Weeks oder im Schullandheim sollen Schüler zum Beispiel die Grundprinzipien der Nachhaltigkeit lernen. Ein anderes Team arbeitet derzeit an einem Webportal für Flüchtlingshelfer, die mit traumatisierten Menschen arbeiten, aber keine therapeutische Ausbildung haben. Die Helfer sollen über die Homepage Tipps bekommen, und Geflüchtete sollen einen Therapieplatz erhalten - sofern sie bereit sind, über ihre Erlebnisse zu sprechen und Fragebögen auszufüllen. Anhand dieser Lebensgeschichten werden dann wiederum Helfer geschult.

Die Idee dieses Dienstes an der Gesellschaft hatte Gien schon zum Konzept ihrer Präsidentschaft erklärt, als sie sich zur Wahl stellte. Sie führt es auf das katholische Profil der KU und die Enzyklika von Papst Franziskus zurück. Er rief darin auf, nachzudenken, wie die Zukunft der Erde zu gestalten sei. Ein Beitrag der KU ist für Gien, Forschungsergebnisse bewusst mit Firmen, Schulen und Sozialverbänden zu teilen. Als ihr Projekt würde sie den neuen Ansatz trotzdem nicht bezeichnen. Sie habe gesammelt und zusammengetragen, was an Ideen und Engagement in den einzelnen Fakultäten ohnehin vorhanden war und es durch die Bündelung verstärkt. So nehme man alle mit, denn "Projekte der Hochschulleitung funktionieren meist eher schlecht", sagte sie. Den Elfenbeinturm zu verlassen, falle ihr dabei überhaupt nicht schwer, sagte Gien. Das "Zusammenraufen" der Praktiker aus der THI und der theoretischer agierenden Forscher der Universität sei da schon aufwendiger gewesen. Ein Jahr dauerte es, passende Forscher-Tandems zu bilden. "Aber das lohnt sich für die Zukunft", sagte Gien.

Nach knapp zwei Jahren als Interimschefin wurde sie im Juni 2016 offiziell zur Präsidentin der KU gewählt. Die Professorin für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur ist die erste Frau an der Spitze der einzigen katholischen Universität Deutschlands und soll nach Jahren der Personalquerelen wieder Ruhe bringen. Die Präsidentensuche gestaltete sich zuletzt sehr schwierig. Denn als katholische Universität hat die KU anders als andere Unis neben dem Hochschulrat noch ein zweites Aufsichtsgremium: den Stiftungsrat mit den Vertretern der Kirche. Das Gerangel dieser beiden Gremien um Macht und Einfluss hatte immer wieder Präsidentschaftskandidaten und gewählte Präsidenten scheitern lassen.

© SZ vom 13.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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