Wildbad Kreuth:CSU-Fraktion setzt Seehofer unter Druck

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Diesmal kommt die Kritik aus den eigenen Reihen: Auf der CSU-Winterklausur streiten die Abgeordneten um die Rücklagen für Beamte und fordern mehr Disziplin bei den Ausgaben.

Frank Müller

Nachhaltig, zukunftssicher, ein Vorbild gar für ganz Europa: Kein Superlativ schien ausreichend für Ministerpräsident Horst Seehofer und seinen neuen Finanzminister Markus Söder, als sie Ende 2011 ihre Haushaltsdaten fortschrieben. Nun bekommen Seehofer und Söder von unerwarteter Seite Stress: aus den eigenen Reihen.

Bei der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth kritisiert die Fraktion ihre eigenes Kabinett. (Foto: dapd)

Bei ihrer traditionellen Winterklausur im oberbayerischen Wildbad Kreuth machte die CSU-Landtagsfraktion ihren Kabinettsmitgliedern zum Auftakt Druck, den Etat doch noch etwas zukunftssicherer und nachhaltiger zu gestalten. Die zuletzt gestoppte Vorsorge des Staates für die künftigen Pensionen seiner Staatsdiener solle umgehend wieder anlaufen, forderten viele Abgeordnete. Die Fraktion debattierte hinter verschlossenen Türen mit Seehofer und Söder.

Vor allem unter den jüngeren Fraktionsmitgliedern empfinden viele die Vorsorge für künftige Pensionszahlungen als wichtige Frage. Es geht um Milliardensummen, die späteren Regierungen den Gestaltungsspielraum nehmen könnten (siehe Infokasten). Seehofer hatte die Vorsorgezahlungen in die bestehenden beiden staatlichen Töpfe aber zuletzt ausgesetzt.

Dass er das kritisch sieht, ließ auch CSU-Fraktionschef Georg Schmid in Kreuth durchblicken: Es gebe "sehr gewichtige Stimmen" in der Fraktion, die eine sofortige Wiederaufnahme der Zahlungen forderten, sagte Schmid. "Diese Auffassung ist sehr stark." Ähnlich äußerten sich mehrere Abgeordnete, als sie am Dienstag zu der dreitägigen Klausur eintrafen.

In der CSU ist das Thema immer bedeutender geworden, seitdem das Finanzministerium vergangene Woche nochmals unerwartet hohe Mehreinnahmen publik gemacht hatte. Demnach hat der Freistaat weitere 700 Millionen Euro aus zusätzlichen Einnahmen in der Kasse. Auch die FDP hat, wie berichtet, bereits gefordert, daraus die Pensionsfonds mit dreistelligen Millionensummen pro Jahr wieder zu bedienen.

Doch Seehofer und Söder bewegten sich zunächst offenbar nicht. Der Ministerpräsident habe intern die bestehenden Beschlüsse verteidigt, hieß es. Auch Söder blieb bei der Ankunft in Kreuth zurückhaltend: "Sicherheit zuerst", sagte der Finanzminister. Die Regierung will die 700 Millionen Euro dazu benutzen, ihre aktuelle Rücklage zu füllen, um bei einer Zuspitzung der Eurokrise rasch agieren zu können. 700 Millionen Euro: Diese Summe entspreche exakt dem zu erwartenden Steuerausfall, sollte sich das Wachstum um einen Prozentpunkt abkühlen, sagte Söder.

Aus Regierungssicht hat die Stärkung der Rücklage einen entscheidenden Vorteil: Anders als abgeführte Rückstellungen für die Beamten sind sie jederzeit einsatzfähig und deswegen auch für Wohltaten im Wahlkampf zu gebrauchen. Rücklagen sind bei der Regierung auch deutlich beliebter als die Tilgung von Staatsschulden. Denn dafür verwendete Haushaltsmittel sind zunächst einmal weg und dem aktuellen Zugriff entzogen. Deswegen sieht die CSU auch den FDP-Vorschlag skeptisch, einen Teil des neuen Überschusses in den Schuldenabbau zu stecken. "Die Frage der Tilgung ist ja bereits entschieden", sagte Schmid unter Verweis auf die schon im November beschlossene Rückzahlung von 250 Millionen Euro.

Kritik an den Plänen zum Konzertsaal

Doch Seehofer drohen noch andere Finanzstreitereien: Abgeordnete aus dem ländlicheren Raum sehen die Ankündigung Seehofers skeptisch, in der Landeshauptstadt einen neuen Konzertsaal zu bauen. Auch hierfür ist eine Viertelmilliarde Euro im Gespräch, Seehofer will allerdings Spender daran beteiligen. In der Fraktion hieß es, die Stimmung dazu sei kritisch, Fraktionsvize Alexander König aus Hof attackierte Seehofer offen: "Ich wünsche mir, dass solche Themen dort diskutiert werden, wo sie hingehören, nämlich in der Fraktion." Seehofer hatte dagegen sein Versprechen, den Konzertsaal in München zu bauen, öffentlich ohne Diskussion im Landtag oder mit der Fraktion abgegeben.

Am heutigen Mittwoch steht in Kreuth eine Grundsatzrede Seehofers an, von der Aufschluss über die Marschroute bis zur Landtagswahl 2013 erwartet wird. Schmid zeigte sich zuvor zwar erfreut darüber, dass in den aktuellen Umfragen der CSU die höchste Sachkompetenz in vielen Bereichen zugesprochen werde. Es müsse aber noch daran gearbeitet werden, daraus auch Wählerstimmen zu machen, sagte er. Defizite habe die CSU darin, "dass diese Erfolge zu wenig kommuniziert werden". Im Umgang mit der Opposition kündigte Schmid harte Auseinandersetzungen an, die aber zugleich "klug und vernünftig" sein müssten. Eine SPD-geführte Regierung "würde dieses Land um Jahrzehnte oder noch mehr zurückwerfen", warnte Schmid, insbesondere in der Wirtschaftspolitik.

SPD, Freie Wähler und Grüne verlangten von der CSU, die Pensionsreserven umgehend wieder aufzufüllen. Politik für Jüngere finde in Kreuth "nur auf dem Papier statt", sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. "Vor allem bei den Finanzen macht die CSU Politik gegen die jüngere Generation."

© SZ vom 18.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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