Verurteilter CSU-Stadtrat:Schley vor dem Rückzug

Lesezeit: 2 min

Verurteilt wegen versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung: Nun will der Augsburger CSU-Stadtrat Tobias Schley offenbar aus Partei und Fraktion austreten.

Stefan Mayr

Der Augsburger Stadtrat Tobias Schley (CSU) vor Gericht - nun steht er offenbar vor dem Rücktritt. (Foto: dapd)

Der wegen versuchter räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung verurteilte Augsburger CSU-Stadtrat Tobias Schley will sich offenbar aus der CSU und der Stadtratsfraktion zurückziehen. Damit würde er einer Forderung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nachkommen, der ihm dafür ein Ultimatum bis Ende vergangener Woche gestellt hatte. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung stellte Schley dies am Samstag in einem Brief an die CSU-Landesleitung in Aussicht. Schley selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern, aber aus CSU-Kreisen verlautete, er werde aus der Fraktion und aus der Partei austreten. Sein Stadtratsmandat will er aber wohl behalten - als parteiloses Mitglied. Ob Schley Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wird, ist laut seinem Anwalt Richard Beyer noch offen: "Bis jetzt ist noch keine Entscheidung gefallen."

In seinem Brief hat Schley offenbar auch darum gebeten, der Landesleitung in einem persönlichen Gespräch seine Sicht der Dinge darstellen zu dürfen. Am Montag trifft sich Generalsekretär Alexander Dobrindt in München mit ihm, danach rechnen viele CSU-Leute mit einer offiziellen Erklärung Schleys. Damit hätte Bernd Kränzle sein größtes Problem gelöst. Das vergangene Wochenende war sicherlich eines der ungemütlichsten in der Laufbahn des CSU-Politikers. Der 70-jährige Stadtratsfraktionschef hatte nämlich gleich mehrere akute Baustellen zu beackern, kurzzeitig drohte das mühsam zusammengehaltene Gebäude der Augsburger CSU zusammenzufallen wie ein Kartenhaus.

Erstens musste ein Ausweg aus der Causa Schley gefunden werden, der kürzlich zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Zweitens drohte das Ende der Regierungskoalition mit dem Bürgerverein Pro Augsburg. Drittens gab es sogar noch Gerüchte, dass zwei weitere Stadträte mit Schley die CSU verlassen und eine eigene Fraktion gründen wollten.

Doch wie schon so oft gelang es Kränzle auch diesmal im letzten Moment, den Totalabriss zu verhindern. Der Fall Tobias Schley spaltet die Augsburger CSU seit Monaten und setzt sie auch extern unter großen Druck. Bernd Kränzle und CSU-Bezirkschef Johannes Hintersberger waren in die Kritik geraten, weil sie sich nach dem Urteil nicht sofort von dem 41-jährigen Stadtrat distanziert hatten, sondern Schley freistellten, "freiwillig" die Konsequenzen zu ziehen. Dieses Vorgehen kommentierte der frühere CSU-Bundesfinanzminister Theo Waigel in der Lokalzeitung so: "Da gibt es nur eines: Rausschmeißen, rausschmeißen und nicht selber zurücktreten lassen."

Da Schley auch verurteilt wurde, weil er einen Stadtrat des Koalitionspartners Pro Augsburg als "Arschloch" beleidigt hatte, stand auch die Rathaus-Koalition vor dem Bruch. Teile der CSU forderten eine Entschuldigung von Pro-Augsburg-Fraktionschefin Beate Schabert-Zeidler, weil sie vor Gericht Schleys Vorgehen als CSU-Kreischef mit NS-Methoden in Zusammenhang brachte.

Am Sonntagabend trafen sich die Koalitionäre zur Krisensitzung. Danach erklärten beide Parteien, das Bündnis im Augsburger Rathaus fortsetzen zu wollen. Bernd Kränzle hatte sich zuvor von seiner Fraktion extra den Auftrag geben lassen, die Koalition weiterzuführen. Zu den Geschehnissen am Wochenende nahm er nicht Stellung. Andere CSU-Politiker berichten dagegen, dass Kränzle noch am Sonntag in einem persönlichen Gespräch die Gefahr bannte, dass Tobias Schley nach seinem Rückzug zwei ihm nahestehende CSU-Ratskollegen mit in eine neue Fraktion ziehen könnte.

Das Wochenende fand also ein vorübergehendes Happy-End für Kränzle - allerdings ebbt die parteiinterne Kritik nicht ab. So sagen der JU-Bezirkschef Martin Malaczek und JU-Kreischef Michael Vogt: "So kann es nicht weitergehen." Vogt spricht von einem "desaströsen Erscheinungsbild" der CSU Augsburg. Es entstehe der Eindruck, "als bestünde der Bezirksverband ausschließlich aus einem System an verschworenen Strippenziehern, denen Machterwerb und Machterhalt um jeden Preis lohnenswert erscheinen". Es sei "bittere Realität", dass sich Kränzle "an sein Amt klammert, im Glauben daran, unersetzbar zu sein."

© SZ vom 12.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: