Umstrittener Donauausbau:Planspiele um den "bayerischen Amazonas"

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Nach dem Votum der Münchner gegen den Flughafenausbau bekommen auch die Gegner eines anderen Großprojekts Rückenwind. Der umstrittene Donauausbau in Niederbayern spaltet inzwischen sogar die CSU. Die Zweifel wachsen, ob das Vorhaben überhaupt noch durchsetzbar ist.

Frank Müller, Christian Sebald, und Mike Szymanski

Das Votum der Münchner gegen die Erweiterung des Flughafens im Erdinger Moos beflügelt auch die Gegner des Donauausbaus zwischen Straubing und Vilshofen. Das sagen nicht nur entschiedene Gegner des zweiten, heiß umkämpften Infrastruktur-Großprojekts im Freistaat.

Wie genau der Donauausbau ablaufen soll, sehen Sie in dieser Grafik. (Foto: SZ-Grafik)

Auch in der CSU wächst die Skepsis, dass sich das Großprojekt durchsetzen lässt, auch wenn das niemand offen erklärt. Dabei können sich Ministerpräsident Horst Seehofer und die Seinen nicht mehr lange um die Entscheidung herumdrücken.

Diesen Herbst werden die Ergebnisse der neuesten Untersuchungen über den Ausbau des 70 Kilometer langen und bislang weitgehend natürlichen Flussabschnitts erwartet. Noch vor der Landtagswahl 2013, so steht es im Koalitionsvertrag von CSU und FDP, soll der Beschluss fallen, ob die Donau höchstens naturgerecht für die Schifffahrt ausgebaut wird, oder ob sie kanalisiert und im Bereich der Mühlhamer Schleife eine Staustufe errichtet wird.

Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), reagierte prompt. "Die Auswirkungen des Bürgerentscheids gegen die dritte Startbahn reichen weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus", ließ er aus dem fernen Rio de Janeiro wissen, wo er am Weltumweltgipfel teilnimmt. "Nach dem Scheitern des Transrapids und Stuttgart 21 zeigt sich einmal mehr, dass die Leute es nicht länger akzeptieren, wenn ihre Heimat zubetoniert wird, nur um Großkonzernen die Profite zu sichern."

Eike Hallitzky sieht das nicht anders. "Die Zeiten sind endgültig vorbei, in denen Politiker den Menschen Großprojekte verkaufen konnte, ohne dass sie deren tatsächliche Bedeutung klar machen", sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete aus Passau. "Nun werden hier in der Donau-Region noch mehr Leute offen zeigen, dass sie gegen den Donauausbau sind."

Wie bei vielen anderen Großprojekten währt auch der Kampf um die Donau seit Jahrzehnten. Für die Umweltschützer ist der "bayerische Amazonas", wie sie den urtümlichen Flussabschnitt nennen, eines der letzten intakten Refugien für viele bedrohte Arten.

Für CSU-Politiker vor allem in Niederbayern ist er dagegen eines der letzten Hemmnisse der Flussschifffahrt in Bayern. Weil hier an vielen Tagen Niedrigwasser herrscht, können Containerschiffe und Lastkähne nur mit Einschränkungen verkehren, sagen sie. In Zeiten der Energiewende und des Klimaschutzes sei es aber ein Unding, dass die bayerische Donau nicht durchgehend von Frachtschiffen befahrbar sei.

Dabei gibt es auch in der CSU etliche Politiker, die lieber heute als morgen auf das Projekt verzichten würden. Zu ihnen gehört der frühere Umwelt- und jetzige Finanzminister Markus Söder. Er war erst kurz Umweltminister, als er im Herbst 2008 den Donauabschnitt als natürliches Gewässer einstufen ließ und seine ökologische Qualität rühmte.

Ein halbes Jahr später veröffentlichte er eine Umfrage, nach der 58 Prozent der Bayern den Ausbau der Donau ablehnen, in Niederbayern sind es 64 Prozent. Der Grund für Söders Liebe zur Donau dürfte freilich weniger ökologische Einsicht gewesen sein, sondern die Erkenntnis, dass der politische Preis viel zu hoch wäre, den die CSU bezahlen müsste, wenn sie an dem umstrittenen Projekt festhält.

Durchgesetzt haben sich bisher aber stets die Hardliner um den früheren Wirtschaftsminister und CSU-Chef Erwin Huber, den Europaabgeordneten und niederbayerischen CSU-Vorsitzenden Manfred Weber und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der erst neulich wieder für eine rasche Kanalisierung der Donau warb.

Auch Erwin Huber gibt sich unverdrossen. Anders als beim Münchner Flughafen werde bei der Donau der Protest von außen in die Region hineingetragen, sagt er. "Von den örtlichen Kommunalpolitikern und der Mehrheit der Bürger vor Ort wird der Ausbau befürwortet."

Ministerpräsident Seehofer, Umweltminister Marcel Huber (CSU) und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) sind sich da offenkundig nicht so sicher. Alle drei verkündeten am Montag, dass man die Ergebnisse der neuesten Untersuchungen abwarten und erst danach entscheiden werde.

Ob das noch vor der Landtagswahl geschieht, wie es eigentlich im Koalitionsvertrag steht, oder erst später, ist offen. "Das kann auch noch länger dauern", sagte Zeil. Seehofer hingegen erklärte, zumindest "das ökologische Gutachten wird noch vor der Landtagswahl vorliegen." Das erwartet auch Umweltminister Huber.

Eine Sorge muss die Staatsregierung indes nicht haben. Einen Bürger- oder gar Volksentscheid gegen den Donauausbau wird es allem Anschein nach nicht geben. Der Grund ist einzig ein formal-juristischer. "Denn", so sagt BN-Chef Weiger, "natürlich haben wir die Möglichkeit längst geprüft." Ein Bürger- oder ein Volksentscheid gegen den Donauausbau ist nicht möglich, weil Wasserstraßen der Hoheit des Bundes unterstehen. Und auch wenn nicht zuletzt Seehofer das ändern will, gibt es in Bundesangelegenheiten bisher weder Bürger- noch Volksentscheide.

"Dennoch wird es zum Donauausbau nicht kommen", sagt BN-Chef Weiger selbstsicher. "Schließlich haben auch im Bundestag die Ausbaugegner längst die Mehrheit."

© SZ vom 19.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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