Studieren in Regensburg:Wie das neue Semesterticket funktioniert

Ein Kompromiss für alle: Nach monatelangem Gezerre haben sich der Regensburger Verkehrsverbund und das Studentenwerk beim Semesterticket geeinigt. In den kommenden drei Jahren steigt der Preis um 30 Euro, dafür wird zwischen Vorlesungszeit und Semesterferien unterschieden.

Wolfgang Wittl, Regensburg

Manchmal kann das Leben so einfach sein: Monatelang hatten der Regensburger Verkehrsverbund (RVV) und das Studentenwerk um eine Lösung für ein bezahlbares Semesterticket gerungen. Immer wieder gerieten die Verhandlungen ins Stocken, mehrmals war von einem Scheitern die Rede. Als sich die Studenten in einer Vollversammlung auf eine Obergrenze von 59 Euro festlegten, schien das Aus endgültig besiegelt. Nun könne nur noch die Politik helfen, hieß es, und so kam es zum Erstaunen mancher auch.

Bei einem gemeinsamen Weißbier mit einem Tennisfreund erfuhr der Regensburger Landrat Herbert Mirbeth (CSU), derzeit Aufsichtsratsvorsitzender des RVV, wie das Semesterticket etwa in Nürnberg funktioniert. Und siehe da: Dieses System soll in ähnlicher Form künftig auch in Regensburg angewendet werden. Am Freitag wurde es vorgestellt.

Herausgekommen ist ein kompliziertes, zeitlich geordnetes Stufenmodell. Es sieht vor, dass in jedem einzelnen Semester zwischen Vorlesungszeit und vorlesungsfreier Zeit unterschieden wird. Demnach fallen in der Vorlesungszeit des kommenden Sommersemesters 59 Euro pro Student an, die Nutzer in der vorlesungsfreien Zeit bezahlen zusätzlich weitere 25 Euro.

Während der Tarif für die Vorlesungszeit in den folgenden drei Jahren dann jeweils um vier Euro pro Semester steigt, wird er in der vorlesungsfreien Zeit um jeweils fünf Euro sinken - bis das Ticket im Wintersemester 2015 einheitlich verpflichtend 79 Euro kostet. Damit wird sich der Preis innerhalb von drei Jahren um 30 Euro verteuert haben.

Beinahe am eigenen Erfolg gescheitert

Die Studenten hatten zuletzt eine Erhöhung auf 59 Euro für das kommende Semester angeboten, der RVV forderte 72 Euro. Dass der derzeitige Ticketpreis von 49 nicht zu halten sein würde, darin waren sich alle Verhandlungspartner einig gewesen.

Die Zahl der zugfahrenden Studenten hatte in den vergangenen beiden Jahren derart zugenommen, dass die Bahnbetreiber 25 Euro statt bisher sieben Euro verlangten. Der RVV benötigte laut eigener Kalkulation weitere fünf Euro. "Das Regensburger Semesterticket war immer ein Erfolgsmodell, jetzt wäre es beinahe an seinem eigenen Erfolg gescheitert", sagte Mirbeth.

RVV trägt das Risiko

Doch die Forderungen der Bahngesellschaften wurden nun offenbar weitgehend erfüllt, das finanzielle Risiko trägt der RVV. Ob sich das Modell für den Verkehrsverbund rechnet, hängt von der Nutzung in der vorlesungsfreien Zeit ab. Derzeit gehen die Verantwortlichen davon aus, dass mindestens die Hälfte aller Studenten auf das Angebot zugreifen wird. RVV-Geschäftsführer Christoph Häusler sagte zwar, er halte es grundsätzlich für bedenklich, wenn sich der Aufsichtsrat in Verhandlungen einschalte, doch in diesem Fall sei "eine akzeptable, wirtschaftliche Grundlage" entstanden. Das Regensburger Semesterticket sei seit seiner Initiierung vor 13 Jahren das beste in Bayern, "ein Flaggschiff im Angebot des RVV", sagte Häusler, daher habe man großes Interesse an dessen Fortbestand gehabt.

Der stellvertretende RVV-Aufsichtsratsvorsitzende, Regensburgs Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU), warnte vor einem Missbrauch des Tickets. Etliche Berufstätige würden sich an der Universität einschreiben, nur um vergünstigt zu ihren Arbeitsplätzen zu fahren. Wolle man den Preis des Tickets stabil halten, müsse man dem vorbeugen. Zumal bei einer Abschaffung der Studiengebühren vermutlich noch mehr Menschen auf diese Idee kämen. Die nun erzielte Lösung bezeichnete Schaidinger als "sehr, sehr guten Kompromiss".

Kritik von den Studenten erwartet

Studie: Gebühren schrecken vom Studium ab

Regensburger Studenten vor der Uni. Ob sie das neue Modell für das Semesterticket gut finden werden, ist noch unklar.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Etwas zurückhaltender kommentierten Studentenvertreter das Ergebnis der seit Montag intensiv laufenden Gespräche, die "bis an die Grenzen physischer und psychischer Belastungsfähigkeit geführt" hätten, wie Gerlinde Frammelsberger sagte, die Geschäftsführerin des Studentenwerks. Sie hoffe, dass das Ticket tatsächlich bis zum Wintersemester 2015/16 gerettet sei. Denn manche Details müssen erst noch geklärt werden. Sollten "außergewöhnliche Ereignisse" auftreten - etwa unerwartete Betriebskosten oder ein unvorhersehbarer Anstieg von Fahrgästen -, werde man darauf möglicherweise erneut reagieren müssen, sagte Mirbeth.

Studentensprechern wie Ssaman Mardi fällt nun die schwierige Aufgabe zu, bei den 28.000 Kommilitonen um Akzeptanz für das neue Modell zu werben. "Es wird Kritik geben", sagte Mardi. Doch bei Abwägung aller Gesamtinteressen sei das Ergebnis auch für die Studenten als zufriedenstellend zu bezeichnen: "Keine Gruppe wurde gegen die andere ausgespielt", der Solidargedanke habe überlebt.

Was das Semesterticket kostet

So funktioniert das Regensburger Semesterticket:

Sommersemester 2013

[] Vorlesungszeit: 59 Euro (verpflichtend)

[] vorlesungsfreie Zeit: 25 Euro (je nach Nutzung)

[] gesamt: 84 Euro

Wintersemester 2013/14

[] Vorlesungszeit: 63 Euro

[] vorlesungsfreie Zeit: 20 Euro

[] gesamt: 83 Euro

Sommersemester 2014

[] Vorlesungszeit: 67 Euro

[] vorlesungsfreie Zeit: 15 Euro

[] gesamt: 82 Euro

Wintersemester 2014/15

[] Vorlesungszeit: 71 Euro

[] vorlesungsfreie Zeit: 10 Euro

[] gesamt: 81 Euro

Sommersemester 2015

[] Vorlesungszeit: 75 Euro

[] vorlesungsfreie Zeit: 5 Euro

[] gesamt: 80 Euro

Wintersemester 2015/16

[] Vorlesungszeit: 79 Euro

[] vorlesungsfreie Zeit: 0 Euro

[] gesamt: 79 Euro

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