Schottdorf-Ausschuss:Keine Handhabe gegen betrügerische Ärzte

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Prüfung: Der Untersuchungsausschuss Labor, geleitet von Alexander König, beschäftigt sich mit fragwürdigen Abrechnungen durch Ärzte. (Foto: Tobias Hase/dpa)
  • Im Untersuchungsausschuss zum Fall Schottdorf zeigt sich erneut die Hilflosigkeit des Landesamtes für Finanzen beim Betrug durch Ärzte: Trotz Hinweisen des Landeskriminalamts konnte die Behörde die gefälschten Rechnungen nicht aufdecken.
  • Dafür müsste man die Gebührenordnung für Ärzte ändern - das fällt allerdings in den Zuständigkeitsbereich des Bundes.

Von Stefan Mayr, München

Die Sitzung des Untersuchungsausschusses Labor ist eine Stunde alt, da fasst der SPD-Abgeordnete Horst Arnold den Umgang der staatlichen Beihilfe-Stellen mit Steuergeld durchaus griffig zusammen: "Sie hatten also die epochale Mitteilung vom Landeskriminalamt, dass es bei Ihnen ins Dach rein regnet. Sie stellen dann fest, das Haus läuft zwar voll, aber wir können nichts machen. Und dann belassen Sie es dabei."

Die zwei Vertreter des Landesamtes für Finanzen können diesem Lamento wenig entgegensetzen. Mehr noch: Der Präsident des Landesamtes, Klaus Herzog, bestätigt sogar, dass der Staat nach wie vor keine Handhabe gegen betrügerische Ärzte hat, die von ihren Privatpatienten unberechtigterweise Leistungen abrechnen.

"Ja, das kann auch heute noch passieren", sagt Herzog. "Wir können nach wie vor nicht nachprüfen , ob der Arzt die abgerechneten Leistungen erbracht hat oder nicht." Und das sieben Jahre, nachdem das Landeskriminalamt die Betrügereien aufgedeckt hat? Und drei Jahre, nachdem der Bundesgerichtshof ein Betrugsurteil gegen einen Münchner Arzt bestätigt hat? "Was kann man tun, um das künftig zu verhindern?", fragt Franz Schindler (SPD). Herzog antwortet trocken: "Bei geltender Rechtslage fällt mir dazu nichts ein." Man müsste schon die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ändern. Das ist Bundesrecht, betrifft den Landtag also nur indirekt.

Leistungen der Ärzte können nicht überprüft werden

Es ist die achte Sitzung des Untersuchungsausschusses Labor. Die neun Abgeordneten gehen vor allem der Frage nach, warum das Landesamt für Finanzen gegen Hunderte vermeintlich betrügerische Ärzte nichts unternommen hat, obwohl das Landeskriminalamt (LKA) bereits im August 2008 auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen hat. In einem Rundbrief hatte das LKA alle privaten Krankenversicherer und die für die Arztrechnungen der bayerischen Beamten zuständigen Beihilfestellen über den Verdacht eines betrügerischen Abrechnungssystems informiert und die Behörden gebeten, Arztrechnungen zu überprüfen.

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Hat die Staatsanwaltschaft Einfluss genommen, um Ärzte zu schützen, die von einem betrügerischen Abrechnungssystem rund um den Laborunternehmer Schottdorf profitiert haben sollen? Dem Untersuchungsausschuss liegen Dokumente vor, die das bayerische Justiz- und Innenministerium erschüttern könnten.

Von Stefan Mayr

Dies fand aber nicht statt. "Man kann nicht prüfen, ob der Arzt die abgerechnete Laborleistung selbst erbracht hat oder nicht", sagt Herzog im Ausschuss. "Im Grunde kann man nur prüfen, was sich aus der Rechnung selbst ergibt." Sein Kollege Hermann Fruck wiederholte etwa ein Dutzend Mal immer wieder dieselbe Antwort: "Wir können nur erkennen, ob die Abrechnung formal in Ordnung ist oder nicht."

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Das befriedigt Horst Arnold wenig. "Man hätte proaktiv alle Beihilfeberechtigten anschreiben können", sagt er, "mit der Bitte, darauf zu achten, ob ihr Arzt die Speziallaborleistungen richtig abrechnet." Auf diese Idee kam das Landesamt allerdings nicht. Franz Schindler weist darauf hin, dass einige private Krankenversicherungen durchaus erfolgreich Geld von Ärzten zurückgefordert hätten. Auch Florian Streibl (Freie Wähler) fragt, warum der Staat bei den Ärzten nicht einmal stichprobenartig nachgefragt hat, ob die Abrechnung korrekt sind. "Ohne konkreten Verdacht können wir keinen Arzt anschreiben", sagt Landesamts-Chef Herzog.

Während sich der Ausschuss mühsam durch seinen Fragenkatalog fräst, hat sich jüngst erstmals der Auslöser des Ausschusses, der Augsburger Laborunternehmer Bernd Schottdorf, per Interview zu Wort gemeldet. Im Focus lederte der 75-Jährige gegen die Ermittler des LKA ("psychopathologische Züge") und gegen kritische Ärztefunktionäre, die einen "30-jährigen Krieg" gegen ihn führten.

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Obwohl das Landesamt für Finanzen über einen möglichen Abrechnungsbetrug von Tausenden Ärzten informiert wurde, hat die Behörde nicht reagiert. Nach Recherchen von SZ und BR gerät sie nun in Erklärungsnot.

Von Stefan Mayr

Dem Untersuchungsausschuss selbst sprach er jegliche Kompetenz ab: "Wer sich in dem Labyrinth der Leistungsberechnung nicht auskennt, kann sich hier kein Urteil bilden." Nun, immerhin hat der Ausschuss bereits herausgearbeitet, dass eine Gesetzesänderung überfällig ist.

© SZ vom 25.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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