Riesending-Höhle:Rettung verzögert sich

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Noch etwa 400 Meter sind die Rettungskräfte mit dem verletzten Forscher Johann W. vom Ausgang der Riesending-Höhle entfernt (Foto: dpa, Bergwacht Bayern)

Das Rettungsteam mit dem verletzten Forscher Johann W. musste in der Nacht noch eine Pause einlegen, heute früh soll die Erdoberfläche erreicht werden. Die letzte Etappe ist eine Herausforderung.

Von Sarah Kanning, Berchtesgaden

Die Felsspalte ist so eng, dass sich der Forscher im dreckverschmierten Anzug nur mühsam hindurchpressen kann. Die Helmkamera macht einen Schwenk - und nun sieht man, dass auch die Alutrage mit dem verletzten Höhlenforscher Johann W. darauf dieses Stück passieren muss. "Piano" ruft ein italienischer Retter. "Piano!" Die Trage schabt an der Felswand entlang. W. liegt fest angegurtet und geschützt unter einer orangefarbenen Plane, über den Kopf haben ihm die Ärzte einen Helm der Corpo di Soccorso Speleologico, der italienischen Höhlenrettung, gezogen. Zentimeter für Zentimeter geht es voran.

Die mühsame und extrem aufwendige Rettung am Untersberg nähert sich ihrem Ziel, der Oberfläche. In der Nacht musste das Rettungsteam noch einmal eine Pause einlegen, bis heute morgen um vier Uhr.

(Foto: N/A)

Die Rettung läuft bislang ohne größere Zwischenfälle ab. "Dieser Einsatz ist aber erst abgeschlossen, wenn sowohl der Patient als auch alle Einsatzkräfte wieder aus der Höhle heraus sind", sagt Bergwacht-Sprecher Roland Ampenberger.

Der Bayreuther Notarzt Nico Petterich, der seit Sonntagnachmittag die Einsatzleitung an der Riesending-Höhle unterstützt, bezeichnet den Zustand des Patienten als "stabil" und "relativ gut". Teilweise könne W. in seiner Trage sogar die Arme frei bewegen, er würde dann mithelfen und beispielsweise Karabiner aufschrauben. Er könne auch einfache Sachen essen, "hochkalorische Astronautennahrung, eine Banane oder Müsliriegel".

Das größte Problem sei die Enge in der 1148 Meter tiefen Höhle: "Das ist nicht wie im Notarztwagen, in dem ich Platz habe und mich bewegen kann - aber die Ärzte sind immer am Patienten und mit allem ausgestattet, was sie brauchen." Und wenn sie etwas nicht haben, rufen sie an und Petterich packt einen Sack zusammen, der dann mit einem Hubschrauber den Berg hinauf transportiert wird.

Drei Hubschrauber, einer von der Landespolizei, einer von der Bundespolizei und einer von der Bundeswehr, stehen seit mehr als einer Woche rund um die Uhr bereit. "Wir halten einen 24-Stunden-Flugbetrieb aufrecht und sind in der Lage, auch in der Nacht zu fliegen, wenn die Wetterverhältnisse es zulassen", sagt Jürgen Ackermann von der Bundespolizei. Momentan wird damit gerechnet, dass der Patient Donnerstag Morgen die Höhle verlassen könnte. Dann muss er möglichst schnell in eine Klinik geflogen werden. In welche, und ob er auf der Intensivstation behandelt werden soll, ist bisher noch völlig offen.

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Die Retter am Plateau des Untersbergs halten sich für alle Szenarien bereit - sie haben sogar schon eine Liege aus der Bergrettung bereitgestellt, um W. im Notfall den Berg hinunter zu tragen, falls die Hubschrauber wegen Nebel oder einem Gewitter gerade nicht landen können. "Denn wir fliegen im Sichtflug, das heißt, die Besatzungen müssen die Einsatzstelle erkennen", so Ackermann.

Für Notarzt Petterich ist momentan die Planung wichtig, was passiert, wenn W. die Oberfläche erreicht. Ist es nämlich Tag, braucht er eine starke Sonnen- oder Schlafbrille gegen die Helligkeit. "Wir kennen das aus Rettungen zum Beispiel aus Bergwerken." Auch dass es in der Höhle sehr kalt ist, auf dem Plateau hingegen sehr aufgeheizt, müssen die Ärzte bedenken. "Der Patient kommt in eine ganz andere Umgebung."

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