Pfusch am Augsburger Eisstadion:Eine lange Mängelliste

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Wer wusste wann was? In der Augsburger Eisstadion-Affäre tauchen immer mehr Fragen auf. Sie belasten mittlerweile auch die Zusammenarbeit im Rathaus.

Stefan Mayr

Die Sicht im Augsburger Eisstadion ist "inakzeptabel", ein Umbau des Umbaus ist notwendig. Dies hat ein Gutachter festgestellt und darüber lacht inzwischen die halbe Republik. Doch je länger die Affäre um den 16-Millionen-Euro-Pfusch andauert, desto mehr Fragen werden aufgeworfen.

Der 16-Millionen-Euro-Pfusch wirft immer mehr Fragen auf. Auch Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) sieht Aufklärungsbedarf. (Foto: dpa)

Auch Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) sieht "Aufklärungsbedarf" für einige Vorgänge. Für den 7.Dezember berief er eine Sondersitzung des Stadtrats ein, bei der über Nachbesserungen am Curt-Frenzel-Stadion entschieden werden soll. Die entscheidenden Fragen ließ Gribl bisher unbearbeitet: Wer ist für den Schaden verantwortlich? Wie kann er am besten und schnellsten behoben werden? Wie viel wird das alles kosten? Wer wusste wann was? Und wer bezahlt das alles?

Auch darüber hinaus wirkt in Sachen Stadionumbau einiges merkwürdig:

Das Gutachten

Auftraggeberin des sogenannten Gutachtens, das der Osnabrücker Stadionexperten Stefan Nixdorf angefertigt hat, ist die Augsburger Gesellschaft für Stadtentwicklung (AGS) - also ausgerechnet jenes Tochterunternehmen der Stadt, das für die Baustelle zuständig ist und damit wohl mitverantwortlich für den Murks. Deshalb gibt es Zweifel an der Unabhängigkeit des Gutachters. Denn welcher Auftragnehmer belastet schon seinen Auftraggeber?

Oberbürgermeister Gribl sieht darin kein Problem: "Das ändert nichts an der Unbefangenheit des Gutachters." Außerdem kurios: Die Stadt und die Panther hatten einen umfangreichen Fragenkatalog ausgearbeitet. Doch dieser wurde von Nixdorf nie beantwortet. Seine Untersuchung beschränkte sich auf eine "fachspezifische Stellungnahme" zu den Sichtbehinderungen und "Vorschläge zur geometrischen Optimierung unter den gegebenen Umständen".

Die Kosten

Der kritisierte Architekt Stefan Öttl sagte öffentlich vor dem Stadtrat, er sei bei den Planungen von Anfang an davon ausgegangen, dass die Eisfläche nachträglich um einen Meter erhöht werde. Diese Aussage ist überaus brisant: Sollte sie stimmen, dann haben die Planer - in Rücksprache mit den Vertretern der Stadtverwaltung - eine kostspielige Maßnahme vorweggenommen, ohne vorher den Stadtrat zu unterrichten - geschweige denn zu fragen.

Das hieße, den Beteiligten war früh klar, dass der Umbau mehr kosten wird als die bewilligten 16 Millionen. Es wird spekuliert, dass etwa eine Million Euro dafür notwendig sind. Auf die Frage, wie der OB die Aussage des Architekten bewerte, teilt die Pressestelle mit: "Diese Einlassung des Planers muss überprüft werden."

Die Verantwortlichen

Baureferent Gerd Merkle gab im Laufe der Affäre eine kuriose bis schlechte Figur ab: Beim Fototermin zur Präsentation der Pläne stand er noch in der ersten Reihe, zusammen mit OB Gribl und den Architekten posierte er vor dem Modell des neuen Stadions. Kaum wurden die Probleme bekannt, verschwand Merkle in der Versenkung. "Das Baureferat ist nicht zuständig", heißt es jetzt stets von CSU-nahen Leuten aus dem Rathaus, vielmehr sei das Sportreferat der "Besteller" des Stadionumbaus.

Versucht die CSU, dem Koalitionspartner "Pro Augsburg" und dessen ohnehin umstrittenen Sportreferenten Peter Grab, die Schuld in die Schuhe zu schieben? Kann es wirklich sein, dass der Baureferent für eine Bau-Panne auf der wichtigsten Baustelle der Stadt nicht verantwortlich ist? Am Donnerstag räumte Baureferent Merkle im Stadtrat selbst ein, er habe im Dezember die Genehmigungsplanung eingereicht.

Das heikle Thema seiner Freundschaft mit dem beauftragten Planer versuchte Merkle mit einem flapsigen Spruch abzutun: "Ja, auch Baureferenten haben Freunde." Ob Gribl noch Vertrauen zu seinem Baureferenten hat, ist fraglich: Er lässt das Vergabeverfahren von der Regierung von Schwaben und einem Fachanwalt prüfen. Auch Pro Augsburg geht bereits merklich auf Distanz zur CSU. Der Regierungspartner fordert, ein externer Gutachter solle das gesamte Desaster analysieren. Offensichtlich traut Pro Augsburg dem OB eine unparteiische Aufklärung der Affäre nicht mehr zu.

Die Aufklärung

Gottfried Neumann, der Ehrenpräsident des Augsburger Eislauf-Vereins (AEV), kritisiert, die Stadtoberen bildeten ein "Kartell des Schweigens". Oberbürgermeister Gribl hat nach Bekanntwerden der Baumängel zwar schnell reagiert und flott Maßnahmen zur Verbesserung der Sicht eingeleitet. Schon nächste Woche sollen die Planer Vorschläge vorlegen, diese werden dann vom Stadionexperten Nixdorf geprüft - und im besten Falle noch 2010 umgesetzt. Doch zum Thema Aufklärung der Affäre kamen von Gribl bislang nur Versprechungen und Absichtserklärungen.

© SZ vom 27.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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