Zwei Wochen lang lebte der Attentäter von Würzburg im unterfränkischen Dorf Gaukönigshofen bei einer Gastfamilie und besuchte dort die Mittelschule. Ein Gespräch mit dem katholischen Pfarrer Klaus König, der beschreibt, wie es der Gemeinde jetzt geht.
SZ: Herr König, wie gehen die Gaukönigshofener mit dieser Situation um?
Klaus König: Sie ziehen sich zurück. Sie bleiben zu Hause in ihren eigenen vier Wänden. Die Menschen sind erschöpft, sie wollen einfach ihre Ruhe.
Haben Sie den späteren Attentäter kennengelernt?
Er war am Sonntag mit seinen Pflegeeltern beim Pfarrfest, hier bei mir im Pfarrgarten. Genau da, wo ich gerade sitze. Wirklich kennengelernt hab' ich ihn aber nicht, nein. Gesehen habe ich ihn.
Was hat er für einen Eindruck auf Sie gemacht?
Er war ganz normal dagesessen und hat Döner gegessen. Kein so ungewöhnlicher Anblick, als dass man da besonders drauf geachtet hätte. Keinerlei Auffälligkeiten.
Wissen Sie, wie es den Pflegeeltern jetzt geht?
Die Pflegeeltern wollen einfach ihren Frieden. Das war in den letzten Tagen ein richtiger Belagerungszustand hier im Ort. Vor der Schule Bereitschaftspolizei, bei den Pflegeeltern Bereitschaftspolizei. Und zwischendrin überall Reporter.
Sie haben offenbar auch zu kämpfen mit der Situation.
Sagen wir so: Da ist dieser Amoklauf, das ist schon furchtbar. Aber dann gibt es noch dieses Video, das er ja offenbar hier im Ort gedreht hat. Diese Bilder mit diesem Dorf hier in Verbindung zu bringen, mit Gaukönigshofen, das ist richtig hart. Ein Schlag. Einfach beklemmend.
Es gibt jetzt Vorwürfe, die Pflegeeltern hätten doch was merken müssen.
Verzeihung, da muss ich fast lachen. Das muss man sich einfach mal vorstellen, wenn man selbst jemanden zwei Wochen im Haus hat. Stöbert man bei einem Gast in den ersten Tagen im Zimmer rum? Ist das realistisch? Bei einem 17-Jährigen?
Es gibt mehrere Pflegefamilien in Gaukönigshofen. Gibt es jetzt eine Tendenz bei diesen Familien zu sagen: Wir wollen das nicht mehr. Wir stehen das nicht durch.
Es ist noch nicht so weit, darüber Prognosen anzustellen. Ich glaube nicht, dass es so weit kommt. Aber, wissen Sie, das Dorf hier ist klein, im Kernort Gaukönigshofen leben weniger als 1200 Einwohner. Die Frage stellen sich Mensch natürlich schon: Ob man sich oder einem Flüchtling jetzt Gutes tut, wenn es alles so bleibt, wie es zuvor war. Es ist leider so: Wenn einmal so was passiert ist, gerade in einer so überschaubaren Welt, dann kann Menschen schon die Fantasie durchgehen. Aber noch mal: Das ist noch nicht absehbar.
Gibt es einen Stimmungsumschwung gegenüber Flüchtlingen im Dorf?
Nein, überhaupt nicht. Wir hatten ja hier zum Teil etwa 70 Flüchtlinge im Ort, das war ein ganz anderer Zustand. Und nein: Ich höre jetzt keine Stimmen im Ort, die sagen: Hätten wir es lieber nicht gemacht, hätten wir besser keine Flüchtlinge aufgenommen. Es ist kein Umschwung hier, es ist viel mehr Entsetzen über den Einzelfall. Es zeigt einem nur: Sicher bist du vor gar nichts. So was können Menschen tun. Aber auch Menschen, die von hier stammen. Das macht die Verunsicherung aus.