Niederalteich:Am Fluss

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Emmanuel Jungclaussen, Altabt des Benediktinerklosters, wird 90

Von Christian Sebald, Niederalteich

Die Benediktiner des Klosters Niederaltaich sind der niederbayerischen Donau eng verbunden. So auch ihr Altabt Emmanuel Jungclaussen. "Es sind die Flüsse, die mich mehr als alles andere in der Natur faszinieren", schreibt er in seinem autobiografischen Werk "Der Strom des Lebens". "Denn Flüsse sind eigenartige, einzigartige Naturphänomene. Durch Ursprung und Ziel, Anfang und Ende sind sie dem menschlichen Leben eng verwandt." Altabt Emmanuel, der an diesem Montag 90 Jahre alt wird, hat es nicht bei solchen kontemplativen Gedanken belassen. Im jahrzehntelangen Streit um den Ausbau des letzten nahezu freifließenden Donauabschnitts in Bayern zwischen Straubing und Vilshofen - einer der schärfsten umweltpolitischen Auseinandersetzungen in der Geschichte des Freistaats - war er die Ikone des lokalen Widerstands. Seine Donausegnungen, die er alljährlich am Sonntag nach dem Dreikönigstag nach byzantinischem Ritus mit bis zu 1000 Gläubigen zelebrierte, waren stets das Symbol dafür, dass nicht nur Umweltschützer, sondern viele Katholiken und konservativ geprägte Einheimische dem Projekt nichts abgewinnen konnten.

Vor gut vier Jahren hat Ministerpräsident Horst Seehofer den Verzicht des Freistaats auf den Ausbau der niederbayerische Donau verkündet. Seither ist es ruhig geworden in Niederalteich. Auch Altabt Emmanuel lebt inzwischen zurückgezogen in der Benediktiner-Abtei. Geboren wurde der "große christliche Mystiker", wie ihn der Nestor der deutschen Umweltbewegung, Hubert Weinzierl, einmal genannt hat, in Frankfurt/Oder. Seine Eltern führten dort die Stadtgärtnerei. Es waren die Oder und die Oderauen, welche die Liebe des Altabts zu den Flüssen begründet haben. "In ihren Fluten habe ich schwimmen gelernt, ihrer sanften Strömung habe ich mich in einem Ruderkahn überlassen, auf ihren überschwemmten Uferwiesen bin ich im Winter Schlittschuh gelaufen", heißt es seinen Erinnerungen. Die Flüsse begleiteten denn auch das weitere Leben des Altabts. Bei Kriegsende floh er mit seiner Familie nach Hamburg an die Elbe. Als er später in Frankfurt Theologie studierte, hatte er stets den Main in Sichtweite. Und seit er 1955 in das Benediktinerkloster Niederaltaich eingetreten ist, lebt er an und mit der Donau. "Als würden sie einen Lebensweg zurücklegen, durchströmen Flüsse unterschiedliche Landschaften, ändern ihren Charakter, beweisen sie Temperament, brausen auf, ziehen sich zurück, suchen und bahnen sich ihren Weg, werden am Ende träge und verlieren sich zu guter Letzt in der Unendlichkeit der Meere", schreibt Altabt Emmanuel. "Nichts in der Natur eignet sich besser zum Sinnbild des Lebens."

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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