Goldschakal im Nationalpark:Sensation im Bayerwald

Lesezeit: 3 min

Im Nationalpark Bayerischer Wald konnte man nicht glauben, was da vor die Fotofalle gelaufen ist: Zum ersten Mal wurde im Freistaat ein Goldschakal gesichtet.

Christian Sebald

Es sind schon allerlei Tiere in die Fotofallen im Nationalpark Bayerischer Wald getappt: Marderhunde etwa. Sie kamen einst nur in Sibirien vor. Aber seit in den 1930-Jahren nahezu 10.000 in der Ukraine ausgesetzt wurden, sind sie immer öfter auch bei uns anzutreffen. Aber das, was am 26. April um 2.30 Uhr nachts passiert ist, das hatten sich die Nationalpark-Leute nicht ihren kühnsten Träumen ausgemalt: Nahe der Rachel-Diensthütte lief ein Goldschakal durch eine Fotofalle. So verblüfft waren Nationalpark-Chef Franz Leibl und seine Mitarbeiter, dass sie es nicht glauben wollten. Erst als zehn Experten bestätigt hatten, dass das wolfsähnliche Tier wirklich ein Goldschakal ist, der da durch den Bayerischen Wald läuft, veröffentlichten sie jetzt die Aufnahme.

Zum ersten Mal wurde im Nationalpark Bayerische Wald ein Goldschakal gesichtet. (Foto: dpa)

Der Bayerwald-Goldschakal ist eine Sensation. Denn er ist der erste seiner Art, der jemals im Freistaat nachgewiesen werden konnte. Auch im übrigen Deutschland gab es bislang nur einen Goldschakal - im Sommer 2000 durchstreifte ein Jungtier die brandenburgische Lausitz. Nach wenigen Wochen schoss es ein Wilderer ab.

Anders als Bär, Wolf und Luchs, die jahrhundertelang hier lebten, dann ausgerottet wurden und nun zurückkehren oder zurückerwartet werden, waren Goldschakale nie heimisch in Mitteleuropa. Die Hundeart, die eng mit dem Wolf verwandt ist, ist in Südasien und Afrika verbreitet. In Europa gibt es nur auf dem Balkan einige Rudel. "Seit einigen Jahren ziehen von dort aus aber immer wieder Einzeltiere nach Nordwesten", sagt Rainer Pöhlmann von der Nationalpark-Verwaltung. "Inzwischen treffen fast schon regelmäßig Schakal-Meldungen aus Niederösterreich und der Gegend um Wien ein."

Und nun also auch aus dem Bayerischen Wald. Das Bild zeigt ein kräftiges Jungtier in vollem Lauf. Auf den ersten Blick meint man, es handle sich um einen Wolf. Nur dass Wölfe sehr viel größer und schwerer sind als Goldschakale. "Wir gehen davon aus, dass unser Schakal ein bis zwei Jahre alt ist", sagt Pöhlmann, "wie auch andere Raubtiere verlassen Goldschakale das elterliche Rudel in dem Alter und suchen sich ein eigenes Revier." Die Tiere sind sehr gute und vor allem ausdauernde Läufer. Hunderte Kilometer lange Strecken sind für sie kein Problem. Und wie Bär, Wolf und Luchs sind Goldschakale äußerst menschenscheu. "Normalerweise bekommt man überhaupt nicht mit, dass welche da sind", sagt Pöhlmann, "so unauffällig bewegen sie sich in ihren Revieren und auf ihren Wanderungen."

Wo sich der Goldschakal nun aufhält, weiß keiner. Pöhlmann ist überzeugt, dass er weitergezogen ist. "Die dichten Wälder bei uns und dann im Winter der viele Schnee, das ist nichts für ihn", sagt der Nationalpark-Mann. "Goldschakale lieben eher warme Gegenden, wo sich Wald und offenes Land abwechseln, und in denen es wenig regnet oder schneit." Regionen also, wie die Lausitz oder hier in Bayern die Fränkische Platte. "Da könnte sich der Schakal durchaus wohlfühlen", sagt Pöhlmann, "zumal es dort ausreichend Mäuse und andere Kleinsäuger als Beute gibt."

Wie auch immer, eins ist für Pöhlmann gewiss. In Zukunft muss man in Bayern mit Goldschakalen rechnen. "Das macht der Klimawandel", sagt er, "wenn es hier immer wärmer wird, begünstigt das nicht nur Bienenfresser oder Smaragdeidechsen, sondern eben auch den Goldschakal."

Die Fotofalle an der Rachel-Diensthütte übrigens, in die der Goldschakal lief, war Teil des Luchs-Monitorings der Nationalparke Bayerischer Wald und Sumava, die nebeneinander im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet liegen. Auf einem annähernd 1000 Quadratkilometer großen Gebiet hatten die Nationalpark-Mitarbeiter den Winter über ein Netz aus 70 Fotofallen aufgestellt, um herauszubekommen, wie viele Luchse inzwischen in der Region leben. "Das Ergebnis kann sich sehen lassen", sagt Pöhlmann nicht ohne Stolz. "Wir haben 17 Luchse hier."

Vom Mörder der Luchsin Tessa indes fehlt weiter jede Spur. Der Kadaver des dreijährigen Weibchens war Mitte März bei Rinchnach gefunden worden. Tessa hatte von einem toten Reh gefressen, das ein Unbekannter mit dem verbotenen Insektengift Carbofuran präpariert hatte. Luchse stehen unter Artenschutz. Tessas Vergiftung ist eine Straftat, die mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden. Obwohl Tierfreunde eine hohe Belohnung ausgesetzt haben, verliefen die Ermittlungen bisher ohne Ergebnis. Fest steht nur, dass jemand mit jagdlichen Kenntnissen den Rehkadaver mit dem Gift präpariert hatte.

© SZ vom 07.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: