Münchner OB bereist Bayern:Udes Mutmacher-Tour

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Münchens Oberbürgermeister Christian Ude hat erkannt, dass er sein Projekt Machtwechsel ordentlich befeuern muss, damit es nicht scheitert, bevor es überhaupt begonnen hat. Deswegen reist er nun durch Bierzelte auf dem Land.

Mike Szymanski, Schliersee

Ja, das ist ein Empfang, wie er sich für einen Bayern-Regenten gehört. Die Gmunder Dorfmusikanten blasen am Bahnhof von Fischhausen-Neuhaus kräftig in ihre Instrumente. Richtige Mannsbilder stehen da, mit starken Oberarmen und kräftigen Beinen, die in Lederhosen stecken, wie sollte es anders sein. "So, wie es sich in Bayern gehört", sagt einer der Dorfmusiker. Der Gast, die Hände vor dem Bauch gefaltet und andächtig lauschend, sagt: "So, wie es sich gehört."

"Wo fahren wir als nächstes hin?": Christian Ude bei einer SPD-Veranstaltung im Mai im Festzelt in Trudering. (Foto: Claus Schunk)

Es fühlt sich offenbar gerade richtig gut an für Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, einmal Herrscher über dieses Land spielen zu können. Gerade ist er aus der Regionalbahn ausgestiegen, hat in die grelle Sonne geblinzelt und gesagt: "Eine schöne Landschaft."

Hier, nicht weit vom Schliersee entfernt, ragen die Berge auf, die bepflanzten Balkone leuchten. Kuhglocken-Geläut statt Straßenlärm. "Ich habe kein Problem damit, mich mit diesem Land voll zu identifizieren", sagt Ude. "Eine sehr schöne Vorstellung."

Es geht auf dieser Reise viel um Vorstellungskraft. Es ist noch ein Jahr hin bis zur Landtagswahl, aber der Spitzenkandidat der Bayern-SPD hat sich entschieden, jetzt schon zur Landpartie aufzubrechen und sich dem Volk als künftiger Ministerpräsident zu empfehlen.

Am Mittag startete er auf Gleis 33 am Münchner Hauptbahnhof zur Erkundungstour, seine Ehefrau Edith von Welser-Ude hat sich untergehakt. Zwei Tage ist er unterwegs. An diesem Tag das Oberland, am Donnerstag das Salzburger Land. Eine klassische Wahlkampftour mit Firmenbesuch, Treffen mit Kommunalpolitikern und Bierzeltauftritten. Nur dass am Bus noch kein Wahlkampf-Slogan angebracht ist, weil die SPD noch keinen hat.

Ministerpräsident Ude? Wenn es nach ihm geht, dann will er mit einer Koalition aus SPD, Grünen und Freien Wähler regieren. Unvorstellbar? Ude weiß das zu kontern. Der Tuba-Spieler der Dorfmusikanten, Johann Schmid heißt er, ist SPD-Mitglied. "Das kann man sich nicht vorstellen, auch wenn man es weiß", sagt Ude. Unvorstellbar heißt noch lange nicht unmöglich. Aber es wird schwierig werden, das weiß auch Ude. In München kennt er sich aus. Aber das Land funktioniert anders. "Wenn's schön ist, sagen die Leute, dann war das die CSU." Dagegen gilt es anzukämpfen: Gegen festgefügte Bilder und Einstellungen. "Es ist Schwimmen gegen den Strom, einen, der groß, stark und breit ist", sagt Ude. Es ist also auch eine Mutmacher-Tour, zu der er aufgebrochen ist.

Uwe Schupp kann Zuspruch gut brauchen. Der 49-Jährige will Bürgermeister in Schliersee werden. In drei Wochen wird gewählt. "Hier schaut jeder, wer geht mit bei der SPD", sagt Schupp. Wenn Schupp mit Ude durch Neuhaus spaziert, um ihm zu zeigen, dass der letzte Supermarkt geschlossen hat, versprechen sich beide etwas davon. Schupp eine schöne Schlagzeile in der Lokalpresse und Ude ein bisschen mehr Verständnis für dieses Land. Ärztemangel, Schulsterben, Versorgungsengpässe mit Lebensmitteln - aus München kennt er das nicht. Wenn er dieses Land aber einmal regieren will, muss er auch auf solche Probleme rasch Antworten haben. "Was schauen wir uns als nächstes an?"

Vergangenen Sommer hatte Ude erklärt, dass er für die SPD in ihren wohl wichtigsten Wahlkampf zieht. Wenn Ude, der erfolgreiche Münchner Oberbürgermeister, die CSU nicht von der Macht verdrängen kann, wer dann? "Er ist ein ernst zu nehmender Bewerber", sagt der Genosse und Tuba-Spieler Schmid. "Mit ihm lassen sich die zementierten Kräfteverhältnisse aufbrechen." Aber die Anfangseuphorie ist wieder einer gewissen Skepsis gewichen: In den Umfragen reicht es für ein Oppositionsbündnis bislang nicht. Richtige Wechselstimmung kommt auch nicht auf. Das liegt auch daran, dass Ministerpräsident Horst Seehofer schon seit Monaten durch Bayern zieht, den Kümmerer gibt und großzügige Versprechen macht.

Nun hat auch Ude erkannt, dass er selbst sein Projekt Machtwechsel ordentlich befeuern muss, damit es nicht scheitert, bevor es überhaupt begonnen hat. Zwei Wochen lang tourt er jetzt durch die Bierzelte im Land.

© SZ vom 30.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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