Missbrauchsfall in Ansbach:Das Mausloch - eine Falle

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In Ansbach ist ein Mädchen brutal vergewaltigt worden, der mutmaßliche Täter legt ein Teilgeständnis ab.

Roman Deininger

Der Zeuge ahnte nicht, dass er ein Zeuge sein würde. Schon gar nicht: der entscheidende Zeuge. Der Mann hatte am Freitagnachmittag seine Freundin in Ansbach besucht und gegen 17 Uhr auf der Straße einen ehemaligen Arbeitskollegen getroffen. Der, ein kräftiger Kerl mit Pelzjacke und roter Irokesenfrisur, hatte ein weinendes Mädchen im Arm gehabt. Im Vorübergehen hatten sich die alten Bekannten gegrüßt.

Ein schmaler Bach, ein schmaler Weg: In der düsteren Bahnunterführung, von den Ansbachern "Mausloch" genannt, lauerte der Täter seinem Opfer auf. (Foto: Foto: dpa)

Am Samstagvormittag wurde dem Zeugen dann klar, dass er ein Zeuge war. Seine Freundin erzählte ihm von dem Verbrechen, das tags zuvor nicht weit von ihrer Wohnung entfernt stattgefunden hatte. Ein zwölfjähriges Mädchen war auf dem Heimweg vom Keyboard-Unterricht in einer Bahnunterführung verschleppt und zwei Stunden lang in einem Gartenhaus misshandelt und vergewaltigt worden. In der Täterbeschreibung hieß es, der Verdächtige trage einen roten Irokesenschnitt.

Gegen zwölf Uhr benachrichtigte der Zeuge die Polizei. Eineinhalb Stunden später wurde sein ehemaliger Kollege festgenommen. Er saß gerade in der Badewanne, sein Äußeres hatte er nach Angaben der Polizei bereits verändert.

Der 25-Jährige habe ein Teilgeständnis abgelegt, gab der Leitende Oberstaatsanwalt Gerhard Karl am Montag bei einer Pressekonferenz in der Ansbacher Polizeizentrale bekannt. Der arbeitslose Mann habe die Tat zugegeben, nicht aber alle sexuellen Handlungen, von denen das Opfer berichtet hatte, sagte Karl.

Der Täter sei derzeit wohnungslos und von den Ermittlern im Appartement seiner Freundin angetroffen worden. Noch am Samstagabend sei Haftbefehl ergangen. Karl zufolge wird ihm Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall, sexueller Missbrauch von Kindern und Körperverletzung vorgeworfen. Darauf stünden jeweils mindestens zwei Jahre Gefängnis.

Das Opfer, sagte der Chef der Ansbacher Kriminalpolizei Hermann Lennert, sei inzwischen wieder zu Hause bei den Eltern, werde aber psychologisch betreut. Das Mädchen habe ein "zweistündiges Martyrium" durchleiden müssen. Begonnen hatte dieses am Freitag im "Mausloch" - so nennen die Ansbacher das nur ein paar Meter lange Wegstück zwischen den beiden Fußgängerunterführungen, die den Westen der Stadt mit dem Zentrum verbinden.

Die Betonwände sind mit Moos bewachsen, sie erbeben jedes Mal, wenn oben auf dem Bahndamm ein Zug fährt. Am Geländer, das den schmalen Onolzbach vom noch schmaleren Gehweg trennt, hängen am Montagvormittag noch Reste vom rot-weißen Absperrband der Polizei. Für die Schülerin ist das Mausloch zur Falle geworden.

Der Täter, der keine Waffe trug, habe das Verbrechen "wahrscheinlich nicht geplant", sagte Lennert. Er habe das Mädchen "geschlagen und massiv eingeschüchtert", deshalb sei die Schülerin mit ihm auf einen schwer einsehbaren Pfad am Fuße des Bahndamms eingebogen. Das Gartenhaus, in dem er sich dann an dem Mädchen verging, habe er mit einem Hammer aufgebrochen, den er auf dem Weg aus einem Schuppen entwendet hatte.

Nach der Tat habe er das Opfer an einem Spielplatz freigelassen. Man prüfe, sagte Staatsanwalt Karl, ob der Täter, der bisher nur mit "eher unbedeutenden Delikten" aktenkundig wurde, für weitere Sexualvergehen verantwortlich sei. Das Mädchen erlitt Kopfverletzungen, hat sich aber nach Angaben der Polizei inzwischen "körperlich gut erholt".

© SZ vom 24.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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