Ladenschluss:Jeder soll öffnen, wann er will

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Mal bis 18 Uhr, mal bis 22 Uhr: Die FDP schlägt vor, den Kommunen künftig freie Hand beim Ladenschluss zu lassen - ein Vorschlag, der nicht überall gut ankommt.

Kassian Stroh

Gegen den Widerstand der CSU unternehmen die Liberalen einen neuen Anlauf, die Ladenöffnungszeiten auszuweiten. Dies werde die FDP in der nächsten Sitzung des Koalitionsausschusses fordern, kündigte Fraktionschef Thomas Hacker an. "Da wollen wir die Dinge in Bewegung bringen."

Schon im Koalitionsvertrag konnten sich CSU und FDP nicht auf Änderungen beim Landeschluss einigen. (Foto: Foto: dpa)

Die FDP will erreichen, dass die Kommunen in Absprache mit dem Einzelhandel selbst die Ladenschlusszeiten an Werktagen festlegen können. Das generelle Öffnungsverbot an Sonn- und Feiertagen will sie laut Hacker unangetastet lassen.

Über den Ladenschluss konnten sich CSU und FDP schon bei ihren Koalitionsverhandlungen nicht einigen. Auch am Mittwoch sagte CSU-Fraktionsvize Renate Dodell, sie sehe "keinen akuten Regelungsbedarf", da das Thema derzeit keinen Menschen sonderlich umtreibe.

Während der Einzelhandelsverband Hackers Vorstoß begrüßte, kündigte die SPD-Fraktion Widerstand an. Damit wäre eine "weitere Kommerzialisierung des gesellschaftlichen Lebens" verbunden, warnte Fraktionsvize Christa Naaß. Wie auch die Gewerkschaft Verdi fürchtet sie, die Beschäftigten würden zu Nacht- und Schichtarbeit gezwungen, kleinere Läden in den Ruin getrieben.

Im November 2006 hatte die CSU-Fraktion in einer denkwürdigen Sitzung über eine Änderung der Öffnungszeiten beraten, die Abstimmung ergab ein Patt: 51 Abgeordnete votierten dafür, ebenso viele dagegen - nichts wurde geändert. Die Neigung der CSU-Fraktion, das Thema noch einmal aufzugreifen, war fortan merklich gebremst.

Deshalb ist Bayern das einzige Bundesland, das bisher keine eigene Ladenschlussregelung getroffen hat. Die Zuständigkeit dafür war damals mit der Föderalismusreform auf die Länder übergegangen. Seinerzeit beschloss die CSU-Mehrheit im Landtag allerdings auch, die Staatsregierung solle nach einiger Zeit über Erfahrungen in anderen Ländern berichten. Hintergrund war nicht zuletzt die Furcht, Bayern könnte in Grenzregionen zu Hessen zu viel Kaufkraft verlieren. Diesen Bericht will das Sozialministerium nach Auskunft einer Sprecherin nun Anfang 2010 vorlegen - mehr als drei Jahre nach dem entsprechenden Landtagsbeschluss.

Der Ladenschluss ist nicht der einzige Punkt, bei dem die FDP, die sich "Motor und Korrektiv der Landespolitik" nennt, die CSU vor sich hertreiben will. So unterstützte Hacker demonstrativ die Forderung von Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) nach mehr Geld für die regionale Wirtschaftsförderung - ungeachtet drohender Etatlöcher.

Lockerung des Tanzverbotes gefordert

Hacker will zudem durch niedrigere Mindestsätze der Fördersummen auch kleineren Firmen Investitionszuschüsse ermöglichen. In der Bildungspolitik nannte er die Zusammenarbeit von Haupt- und Realschulen in sogenannten Kooperationsschulen ein "Modell für den ländlichen Raum" - ungeachtet dessen, dass Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) dies ganz anders sieht.

Und Hacker will auch die von der CSU strikt abgelehnte Lockerung des Tanzverbots an den stillen Feiertagen wie Allerheiligen durchsetzen. Ihm schwebt als Kompromisslösung das baden-württembergische Modell vor. Dort darf in Diskos an stillen Tagen bis drei Uhr früh getanzt werden.

Wegen der schweren Koalitionsstreitereien vom Sommer sieht Hacker weiter Gesprächsbedarf. Dies werde im nächsten Koalitionsausschuss "breiten Raum einnehmen". Einen Termin gebe es nicht, er erwarte aber ein Treffen noch vor der Kabinettsklausur in gut zwei Wochen.

Die FDP hatte schon im Juli eine Sitzung beantragt, Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) dies aber ignoriert. "Die gewisse Unbekümmertheit, mit der wir an die Koalition herangegangen sind, ist jetzt sicherlich nicht mehr vorhanden", ist Hackers Bilanz nach einem Jahr. Die Differenzen vor der Bundestagswahl nannte er "Sommerstürme". Sie könnten der Vergangenheit angehören, wenn nun beide Seiten offen miteinander umgingen und strittige Themen erst intern besprächen anstatt über die Medien.

© SZ vom 05.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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