Kiah
De neue Album der Blasmusikkapelle LaBrassBanda heißt "Kiah Royal". Das hat aber nichts zu tun mit dem ähnlich klingenden Aperitiv oder mit Helmut Dietls gleichnamiger Fernsehserie aus den 80er Jahren. Die pfiffigen Musikanten haben die CD vielmehr in einem Chiemgauer Kuhstall aufgenommen. Es geht also um Kühe, und die heißen auf dem Land eben Kiah. Der Bauer sagt nicht: "Ich habe 20 Kühe", sondern: "Im Stoi stengan zwanzg Kiah." Ü- und Ö-Laute, die mit gerundeten Lippen gesprochen werden, gibt's im Bairischen nicht. Diese Laute werden deshalb beim Sprechen entrundet, also mit breitem Mund artikuliert. Diese Sprachgewohnheit ist in Altbayern schon im 13. Jahrhundert belegt. Im Dialekt wird deshalb aus dem ö ein ea: das Verb hören wird somit zu hean. Manchmal wird ein ö zu ä: aus böse wird bäs. Und häufig wird das ö zum e: aus schön wird in diesem Fall schee.
Außerdem macht der Bayer aus dem ü ein ia: So, wie aus Kühen Kiah werden, heißen Brüder im Dialekt Briada, zu den Füßen sagt man Fiass, und Grüß Gott heißt Grias God. Der schöne Spruch "Viele Kühe machen Mühe" lautet übersetzt: "Vui Kiah machan sakrisch vui Miah!"
Nachtrag:
Unsere Ausführungen zum Thema Kiah haben dem SZ-Leser Marcus Maximilian Muhr missfallen. Vor allem die Behauptung, der Bayer mache aus dem ü automatisch ein ia, lässt Muhr nicht gelten. Der gängigen These, der Bayer sei maulfaul oder nicht in der Lage, lange Vokale zu sprechen, widerspricht Muhr heftig.
Nicht der Bayer sei hier maulfaul, argumentiert er, sondern die Sprecher im Norden Deutschlands. Bei den Diphthongen ua, ia und üa handelt es sich laut Muhr um uralte Laute, die es bereits im Mittelalter gab (dortmals uo, ie und üe geschrieben) und die sich im Bairischen gehalten haben, während sie weiter nördlich zu langen Vokalen verkümmert sind.
Außerdem gebe es im Bairischen neben den Diphthongen ua, ia und üa durchaus auch "echte" lange u, i und ü, etwa in den Wörtern Kugl, Wisn und zügig, welche niemals als Kuagl oder Wiasn gesprochen werden. Wir nehmen also nichts zurück, aber gerne einiges zruck.