Kratzers Wortschatz:Schafkopfen, Steckerlhaxen und Spatzl

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Das bayerische Wort Schbozn ist vieldeutig. Es meint nicht nur die Spatzen, sondern zum Beispiel beim Schafkopfen alle Karten, die nicht zählen. In der Sprache der Liebe ist die Form Spatzl wiederum Synonym für Schatz oder Schätzchen

Von Hans Kratzer

Schbozn

Am 20. März ist Weltspatzentag. Der Allerweltsvogel Spatz pfeift in Stadt und Land immer seltener, weil er kaum noch Mauerspalten findet, in denen er nisten kann. Zumindest im Reich der Sprache hat sich der kleine Vogel gut etabliert. Im Bairischen nennt man die Spatzen Schbozn, das o wird so offen gesprochen wie beim Wort Blosn. Die geringe Wertschätzung der Schbozn kommt auch beim Schafkopfen zur Geltung. Bei diesem Kartenspiel heißen die Karten, die keine Punkte bringen (Siebener, Achter, Neuner), ebenfalls Schbozn. Geringschätzige Blicke ernten auch Männer mit Steckerlhaxen und mickrigen Wadln, man nennt sie Schboznwadl. Deren Besitzer müssen bisweilen den Spott ertragen, bei ihnen rutschten die Strümpfe nach oben. In der Sprache der Liebe ist die Form Spatzl wiederum ein Synonym für Schatz oder Schätzchen. Der aus der gleichnamigen Fernsehserie bekannte Monaco Franze nennt seine Frau, die er meistens nicht ganz ernst nimmt, Spatzl. Legendär war ein von der Polizei geförderter Auto-Aufkleber in den 80er und 90er Jahren: "Bsuffa, Spatzl, fahrst ned!" Werden die Spatzl mit hellem a gesprochen (ähnlich wie bei Tatzelwurm), sind schwäbische Spätzle gemeint oder Nockerl. Heranwachsende verwendeten Löffel und Spatzl früher bei Tische gerne für Kriegshandlungen - bis der Watschenbaam umfiel. In Franken heißen die Schbozn leicht variiert Schboozn, als Schbozn gelten dort Auswürfe von Speichel und ähnlichem Material.

nix zreißn

Vergangene Woche wurde an dieser Stelle ausgeführt, dass in der Bauerstraße (Ecke Isabellastraße) in München-Schwabing einst sogenannte Wappelmeisterschaften ausgetragen wurden. Ein Teilnehmer dieses vergessenen Ball- und Fangspiels erinnerte sich kürzlich, ein Mitspieler namens Christian Ude sei in der Regel im hinteren Drittel des Teilnehmerfeldes gelandet. Auf Bairisch: "Er hat net so vui zrissn", jedenfalls weit weniger als später in seinem Amt als Münchner OB. Bildhaft wie das Bairische ist, wird das Verb zreißn gerne herangezogen, wenn jemand keinen Erfolg hat, nichts zustande bringt oder wenn etwas misslingt. Beliebt ist auch die für Maulhelden passende Erweiterung: "Der zreißt koa nasse Zeitung."

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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