Bayerische Schulen:Wer hat den Islamunterricht erfunden?

Islamunterricht

Vor zwölf Jahren gab es den ersten Schulversuch zum Islamunterricht in Bayern. (Symbolbild)

(Foto: Oliver Berg/DPA)
  • Es ist noch nicht lang her, dass Kultusminister Spaenle sich als Erfinder des Islamunterrichts an den bayerischen Schulen pries.
  • Doch die Idee ging vor rund 15 Jahren von einer anderen Partei aus.
  • Die kann ihre Initiative aus dem Jahr 1999 auch nachweisen.

Von Anna Günther

Es gehört zur undankbaren Rolle der bayerischen Opposition, eine Idee zu haben, die gut ist, was die CSU hinter verschlossenen Türen sogar einsieht. Aber es geht halt oft ums Prinzip. Und das lautet: Nur die eigenen Ideen werden beschlossen. Alles andere ist Abstimmungskosmetik. Neuester Fall: die Grünen im bayerischen Landtag und der Islamunterricht. Kultusminister Ludwig Spaenle sagte kürzlich gewohnt selbstbewusst, dass er es natürlich war, der vor gut 15 Jahren die Initiative zum Islamunterricht in Bayern ergriffen hatte.

Bayern sieht sich wie bei Bildungsthemen üblich auch beim Islamunterricht als Vorreiter: 11 500 Kinder und Jugendliche lernen an 260 Schulen auf Deutsch Grundlagen und Traditionen ihrer Religion kennen. In Erlangen werden an der Friedrich-Alexander-Universität junge Lehrer ausgebildet. Zwei Millionen Euro sollen in den Ausbau gesteckt werden. Klingt gut und schmückt auch den Minister. Gerade jetzt, wenn nach den Attentaten in Paris wieder viel über Integration und Islamunterricht gesprochen wird.

Die Grünen reagieren verschnupft

Nun bemerken die Grünen verschnupft, sie hätten aber doch als erste den Antrag zum Islamunterricht in den Landtag eingebracht. Und die CSU mit ihrem Minister, damals als einfacher Abgeordneter, hatte die Idee ausgebremst. "Ich habe mich sehr gewundert, dass Spaenle das behauptet, denn es war natürlich überhaupt nicht so", sagt Ulrike Gote, die Religionsexpertin der Grünen.

Der Beweis? Protokolle aus dem Bildungsausschuss von 1999. Die Grünen forderten damals im Januar, dass die Staatsregierung Islamischen Religionsunterricht einführen und einen Lehrstuhl für die Ausbildung von Islamlehrern schaffen solle. Spaenle hielt die Idee laut Protokoll für "wichtig und richtig", bügelte sie aber als "Hauruck-Methode" ab, die der Komplexität des Themas nicht gerecht werde.

Am Grundproblem hat sich nichts geändert

Nach eineinhalb Jahren Hin und Her einigten sich die Parteien auf einen Kompromiss. "Eine aufgeweichte Version, aber uns war wichtig, dass es überhaupt weitergeht", sagt Gote heute. 2003 folgte der erste Schulversuch in Erlangen, 2009 kam das aktuelle Konzept mit eigenen Büchern und Lehrplan, gestaltet von Ministerium, Muslimen und Islamwissenschaftlern.

Das Grundproblem allerdings ist geblieben: Islamunterricht ist kein Religionsunterricht. Noch immer gibt es keine Vertretung aller Muslime, die wie die christlichen Kirchen den Religionsunterricht mitverantworten könnte. Für Gote sind das "vorgeschobene Argumente". Ein Beirat muslimischer Verbände wie in NRW könne auch in Bayern funktioniere. "Wir müssten einfach mal machen und dann schauen, ob es klappt."

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