Investitionen der Staatsregierung:Millionen für Ärzte auf dem Land

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  • Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) überreicht den 100. Förderbescheid an einen Hausarzt, der sich im ländlichen Raum niederlässt.
  • Im Doppelhaushalt 2015 und 2016 stehen für die Förderung 11,7 Millionen Euro bereit. Gefördert werden Medizinstudenten, Hausärzte und künftig auch Fachärzte.
  • Jede Woche schließt eine Hausarztpraxis wegen Nachfolger-Mangels.

Von Dietrich Mittler, München

Starthilfen zum Existenzaufbau sind in der Familie des Allgemeinmediziners Michael Haberland nichts Außergewöhnliches. Als Haberland 1972 in Chicago geboren wurde, war sein Vater - ein Physiker - gerade als Stipendiat mit seiner Frau in den USA. Am Mittwoch nun erhielt der 42-jährige Facharzt von Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) einen Förderbescheid überreicht - dafür, dass er sich als Hausarzt auf dem Land niederlässt.

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Er ist der Nachfolger seines eigenen Nachfolgers: Hausarzt Gottfried Hagitte ging 1999 in Rente. Jetzt ist er 83 und praktiziert wieder - denn kein junger Arzt will in der Rhön in die Praxis einsteigen.

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Normalerweise kommen solche Bescheide einfach mit der Post. Dass es sich die Ministerin nicht nehmen ließ, dem jungen Arzt selbst zu gratulieren, hatte seinen Grund: Haberland ist Empfänger des mittlerweile 100. Förderbescheids, mit dem Hausärzte vom Freistaat bis zum 60 000 Euro Starthilfe erhalten, wenn sie sich als Hausarzt in einer Gemeinde mit weniger als 20 000 Einwohnern niederlassen.

Förderprogramm mit drei Säulen

Das bayerische Förderprogramm steht laut Huml auf drei Säulen: Medizinstudentinnen und -studenten etwa können mit einem Stipendium in Höhe von 300 Euro monatlich rechnen, wenn sie sich verpflichten, im ländlichen Bereich ihre Weiterbildung zum Facharzt der Allgemeinmedizin zu absolvieren und dann dort noch fünf Jahre lang tätig zu sein. Innovative Versorgungskonzepte, die das Wegbrechen hausärztlicher Versorgungsstrukturen verhindern, werden gar mit einer Summe von bis zu 200 000 Euro gefördert.

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Und dann sind da eben noch die Ärztinnen und Ärzte vom Schlage eines Michael Haberland, die - entgegen dem derzeitigen Trend - auf dem Land eine eigene Praxis gründen wollen. Keinen Cent müssen die mit Fördermitteln bedachten Ärzte zurückzahlen - der Freistaat lässt es sich etwas kosten, Hausärzte aufs Land zu locken. In den vergangenen drei Jahren standen für dieses Programm insgesamt 15,5 Millionen Euro zur Verfügung. "Im Doppelhaushalt 2015 und 2016 haben wir für dieses Ziel 11,7 Millionen Euro erhalten", sagte Huml.

Aus Sicht der Ministerin ist dies gut investiertes Geld. "Ein Drittel der Hausärzte in Bayern ist 60 Jahre oder älter", sagte sie. Wenn diese Ärzte in Rente gingen, brauche es dringend medizinischen Nachwuchs. Aber der fehlt. Nur etwa zehn Prozent der Ärzte in Weiterbildung wollen sich später als Hausarzt niederlassen, und von diesen sind wiederum nur zehn Prozent bereit, aufs Land zu gehen. Nach wie vor aber schließt im Freistaat nach Angaben des Bayerischen Hausärzteverbandes jede Woche eine Hausarztpraxis, weil sich kein Nachfolger findet.

Auch Fachärzte sollen gefördert werden

Fünf Jahre lang etwa musste Michael Haberlands Vorgänger, ein Hausarzt im schwäbischen Ottobeuren, suchen. Und das, obwohl die Marktgemeinde im Unterallgäu durchaus ihren Reiz hat. Auch er hätte wohl noch länger auf einen Nachfolger warten müssen, wenn Michael Haberland nicht durch einen weiteren Vorteil angelockt worden wäre: Seine Frau - sie ist Chirurgin - kann sich am Klinikum Memmingen mit einer Kollegin eine Stelle als Oberärztin teilen. So bleibt dem Paar mehr Zeit für die drei Kinder. Huml, selbst Ärztin und Mutter, sagte: "Ich freue mich, mit der Niederlassungsförderung einen Beitrag zu leisten, dass Sie ihre berufliche Zukunft so familienfreundlich gestalten können."

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Künftig, so stellte die Ministerin klar, sollen aber auch Fachärzte in den Genuss staatlicher Fördermittel kommen - wenn sie denn aufs Land gehen. Zunächst soll der Geldsegen auf "familiennahe Facharztgruppen" ausgeweitet werden. "Wir fördern jetzt zusätzlich Kinderärzte, Frauenärzte, Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychiater", sagte Huml. Folglich kam von Ärzteseite nur Lob: Bayern sei im Kampf gegen den Ärztemangel "einen großen Schritt weiter als viele andere Bundesländer".

Michael Haberland, der nun seit gut drei Monaten in Ottobeuren praktiziert, hat die Fördermittel bereits gut angelegt -unter anderem in ein Ultraschallgerät.

© SZ vom 08.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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