Hebertsfelden:Ross kommt wieder

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Xaver Schmidhuber zog die Stute Rotara mit der Flasche auf, sie ist der ganze Stolz des Pferdeliebhabers. (Foto: privat)

Rottaler Pferderasse war vom Aussterben bedroht

Wer Rottaler Rösser sucht, muss nach Niederbayern fahren. Die Region um Pfarrkirchen und der Fluss Rott gaben den Pferden den Namen. Rottaler gelten als eine der ältesten Pferderassen Deutschlands und stehen auf der Roten Liste. Auf dem Oberfeitshof in Hebertsfelden sollen welche stehen. Google Maps versagt, aber das Navi kennt Bayern besser als die Suchmaschine: Unter der Kastanie liegt der Hofhund, im Bauerngarten summen Bienen. Drei Dunkelbraune schauen aufmerksam aus dem Stall, und sogar in die Haustür ist ein Pferdekopf geschnitzt.

Den Erhalt der alten Rasse nehmen sie hier sehr ernst. Xaver Schmidhuber ist Vorsitzender des Förderkreises Rottaler Pferd, seit 2004 gibt es den Verein. Heute sind 80 Rottaler im Zuchtbuch verzeichnet, darunter 25 Zuchtstuten und vier Hengste. Sie sind stolz auf ihre Rösser, jedes Fohlen wird auf der Vereinshomepage gefeiert. 2015 waren es zwei. Die Nachfrage übersteigt die Zahl der Geburten deutlich. Das Rottaler sei ein Liebhaberpferd, sagt Eva Schmidhuber, Massenzucht wollen sie nicht. Ihr Mann musste spontan weg, "d' Frau macht das schon", sagte er. Sie serviert erst einmal Apfelstrudel. Pferde hatten sie beim Oberfeitshofer schon immer, sagt die 57-Jährige. Gutmütig sollten sie sein und arbeiten. Mit dem Einzug der Maschinen in die Landwirtschaft in den Sechzigerjahren wurden die robusten Rottaler nicht mehr gebraucht, schlanke Sportpferde waren modern. Das Rottaler Ross, dem Hans Wimmer 1965 in Pfarrkirchen ein bronzenes Denkmal setzte, drohte auszusterben. Dabei soll sich im 19. Jahrhundert ganz Europa um die Rottaler gerissen haben. Vor 1000 Jahren sollen die ungarischen Ahnen als Beute nach Bayern gekommen sein. 1558 ließ Herzog Albrecht V. wertvolle Hengste in Klöstern unterstellen, um die Stuten der Bauern zu decken.

Der Tierarzt Arno Scherling entdeckte die Rasse in den Neunzigern wieder und suchte die letzten 25 Tiere in Deutschland und Österreich zusammen. Auch auf dem Oberfeitshof stand eines. Romina hatte noch 25 Prozent Rottaler Blut, das reichte. Weltenburg, einer der letzten Zuchthengste, deckte die 19-jährige Stute. Die Geburt überlebte sie nicht. Das Fohlen zogen die Schmidhubers mit der Flasche auf. Wenn Eva Schmidhuber über Rotara spricht, klingt Stolz in ihrer Stimme. Soll das schönste Pferd zu Festen mitgenommen werden, spannt ihr Mann Rotara ein. Um keine Inzucht zu betreiben, kreuzen die Züchter Alt-Oldenburger ein. Eva Schmidhuber sieht's pragmatisch: "Das Rottaler war nie ein Reinblüter, die Bauern haben Pferde gekreuzt, die sie gut fanden: fleißig, robust, gutmütig." Wichtiger sei der Wesenstest, das Sanftmütige, Geduldige ist typisch. Dass Lenze den Test bestanden hat, glaubt man ihr im Stall sofort. Der sechsjährige Wallach stupst sie immer wieder. Erst als sie ihn zwischen den Ohren krault, gibt er Ruhe. "So soll er sein, der Rottaler!", sagt Schmidhuber und lächelt.

© SZ vom 15.09.2015 / angu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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