Haushaltspolitik in Bayern:Sparen für Fortgeschrittene

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Finanzminister Markus Söder (hier im Dezember 2012) will für Bayern zwar Wachstum, aber nur noch gebremst. (Foto: dpa)

Bayerns Finanzpolitik steht vor einem deutlichem Wandel: Ministerpräsident Seehofer und Finanzminister Söder streben zwar Wachstum an, aber nur noch sehr gebremst. Da wird sogar ein alter Kritiker plötzlich zum Verbündeten.

Von Frank Müller und Mike Szymanski, München

Bayern, sagte Finanzminister Markus Söder noch vor ein paar Wochen, sei schließlich ein Land, das wächst: Wirtschaft, Bevölkerung, Aufgaben. Also sei es ja klar, dass auch der Haushalt mitwachsen müsse.

Heute dagegen ist Bayern zwar ein Land, das immer noch wächst. Aber bei den Staatsfinanzen darf gerne einen Gang zurückgeschaltet werden. "Konservative Planung", heißt jetzt Söders Marschroute. Das Wachstum, das Söder und auch Ministerpräsident Horst Seehofer nun anstreben, ist nur noch ein sehr gebremstes. Nach mehreren Wahlkampfjahren der Expansion steht Bayerns Haushaltspolitik vor einem erkennbaren Wandel. Die Etats, derzeit bei rund 50 Milliarden Euro liegend, werden viel langsamer steigen. "Es geht um die Frage, ob der Haushalt nur um zwei oder drei Prozent anwächst anstatt um fünf, sechs oder sieben Prozent, wie es früher der Fall war", sagt einer aus der Parteispitze.

Kein Vorgang zeigt die neue Linie drastischer als die Versöhnung, die Seehofer und Söder nun mit dem Präsidenten des Obersten Rechnungshofs, Heinz Fischer-Heidlberger, bei einem Gipfeltreffen zelebrierten. Der ORH war in den letzten Jahren der schärfste Kritiker von Seehofers Freude am Geldausgeben. Stets taten Seehofer und Söder das ORH-Gemäkel mit aggressivem Spott ab. Nun heißt es auf einmal, es sei "berechtigt" gewesen.

Altlasten durch Rettung der Landesbank

Dahinter steht die Furcht vor weniger kräftig sprudelnden Steuereinnahmen, aber auch die vor unbekannten Risiken. "Niemand weiß, was in der Ukraine passiert", sagt Söder. Und außerdem belasten das Land noch immer die Milliarden aus der Rettung der Landesbank. Es kommt noch mehr dazu. Im Berlin möchte die CSU gerne die kalte Progression bekämpfen, wenn die Koalition ihre anderen Aufgaben erfüllt hat. 2015/2016 könnte es soweit sein. Aber das würde auch bedeuten, dass Bayern sich zurücknehmen müsste. Schon am Samstag beim kleinen Parteitag sagte Seehofer: "Wir müssen auf die Steuermehreinnahmen zum Teil verzichten. Das ist der Punkt." Das gelte für Bund und Länder. Ausgerechnet der Oberste Rechnungshof kommt ihm nun bei der Argumentation gelegen. Als Verbündeter.

Söder will dieses Mal vieles anders machen. Er will vor allem mit der Fraktion festlegen, wie viel Geld ausgegeben wird - und für welche Schwerpunkte. Früher hatte die Fraktion da nicht viel mitzureden. Am Mittwoch beehrte Söder die Gesamtfraktion und danach gleich noch den Fraktionsvorstand mit Streicheleinheiten. Sie solle frühzeitig mitreden. "Wir sind eine Verantwortungsgemeinschaft", lautet jetzt Söders Lieblingssatz.

Etat für 2015/16 wird prägend für die Mitte der Legislaturperiode

Denn wenn er und Seehofer jetzt bei den Ausgaben auf die Bremse treten wollen, dann kann es sich später auszahlen, die Verantwortung früh auf viele Schultern zu verteilen. Und wer ganz nach oben will in der Politik, der braucht die Fraktion. "Ich mag die Fraktion", schmeichelte Söder neulich, als er bekannt gab, dass Bayern 700 Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen erwartet." In der Fraktion riecht man schon den Braten. Früher habe man sich oft beklagt, zu spät eingebunden worden zu sein, heißt es. Wenn sich das nun ändere, stehe man natürlich in der Mithaftung. Doch der Fraktion scheint die neue Rolle zu gefallen. Als Söder seine Pläne jetzt im Kabinett vorstellt, fragten sich manche Minister, mit wem Söder nun zuerst verhandeln wolle - mit ihnen als Ressortchefs oder mit der Fraktion. "Absolut ungewöhnlich" sei das Verfahren, sagt ein Kabinettsmitglied.

So steht der Freistaat vor betriebsamen Wochen. Am kommenden Dienstag muss das Landtagsplenum erst noch den Nachtragshaushalt für dieses Jahr absegnen - da steht man schon mitten in den Beratungen für 2015/2016. Die Eckpunkte wollen Seehofer und Söder noch im Juli bei einer Kabinettsklausur am Tegernsee verabschieden. Dabei wollen die Abgeordneten durchaus Akzente setzen. Der Haushalt, um den es nun geht, ist der für die Jahre 2015 und 2016 - er ist also der prägende für die Mitte der Legislaturperiode. Die CSU-Fraktion will einen sichtbaren Schub beim Ausbau der Ganztagsbetreuung und einen weiteren beim Umbau Bayerns zur digitalen Gesellschaft. Beides kostet viel Geld, beides soll Renommee bringen, beides soll sich auszahlen: bei der nächsten Landtagswahl im Jahr 2018.

© SZ vom 15.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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