Grüne in Bayern:Wechsel schaffen ohne Waffen

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Grüne Claudia Roth: Kann eine schwarz-grüne Koalition per Parteitagsbeschluss ausgeschlossen werden? (Foto: dpa)

In den Umfragen steht die Partei gut da - aber mit der Regierung könnte es eng werden: Bayerns Grüne haben ihre Wahlkampfstrategie erarbeitet. Spitzenkandidatin Margarete Bause erklärt sie so: "Ich werde ich sein."

Von Katja Auer

Um es vorweg zu nehmen: Es läuft gut bei den Grünen. Der jüngste Bayerntrend von infratest dimap bescherte ihnen eine Zustimmung von 14 Prozent und die bemerkenswerte Aussage, dass beinahe die Hälfte der Bayern mit der Arbeit der Grünen zufrieden ist. Die Motivation ist hoch, der Zusammenhalt groß. Vorfälle wie jener, als die Landesvorsitzende Theresa Schopper kürzlich bei ihrer Bewerbung um den Spitzenplatz der Schwabenliste brutal auf Platz drei verwiesen wurde, werden zwar intern als ungeschickt beurteilt, sind bei den Grünen und ihrer selbstbewussten Basis aber viel weniger außergewöhnlich als in anderen Parteien.

Bei der Landtagswahl im Herbst wollen die Grünen mit ihrer Glaubwürdigkeit punkten - mit Sachpolitik also. "Wir konzentrieren uns auf politische Konzepte", sagte Spitzenkandidatin Margarete Bause zur Abschluss der Klausur der Landtagsfraktion in Würzburg am Mittwoch.

Die seit Jahren langsam, aber konstant steigenden Zustimmungswerte scheinen die Taktik zu bestätigen. Zum ersten Mal sieht es nach einem zweistelligen Ergebnis bei einer Landtagswahl aus. Im September könnten die Grünen im Freistaat das beste Ergebnis ihrer Geschichte einfahren - und mitsamt ihrem Triumph trotzdem auf der Oppositionsbank hockenbleiben. Denn wenn die SPD weiter nur gerade so an der 20-Prozent-Marke kratzt, wird es nicht reichen für das Dreierbündnis mit den Freien Wählern, das die CSU nach mehr als 50 Jahren in die Opposition schicken will.

Das wissen die Grünen, natürlich, falsche Illusionen macht sich niemand, aber ständig darüber reden will auch keiner mehr. Ratschläge an die SPD werde es keine geben, kündigten Bause und ihr Co-Fraktionschef Martin Runge an, nicht mal gute, und auch die Freien Wähler, die keine Koalitionsaussage machen wollen, werde man nicht offensiv umwerben. "Eine Charmeoffensive haben wir nicht nötig", sagte Bause. Stattdessen wollen sich die Grünen nur um sich selbst kümmern. Mit dem Ziel, "ein so tolles Ergebnis wie möglich" einzufahren.

In die andere Richtung grenzen sich die Grünen ebenfalls ab: Ein schwarz-grünes Bündnis, über das regelmäßig spekuliert wird und das sich laut der infratest-Umfrage sogar mehr Bayern wünschen als ein Dreierbündnis, wollen die Grünen nicht. Auch nicht im Bund. "Wir sind nicht der Ersatz für wegsiechende Koalitionspartner von Frau Merkel oder Herrn Seehofer", sagte die Bundesvorsitzende Claudia Roth, deren Besuch bei der Fraktionsklausur längst Tradition geworden ist. Zu groß seien die inhaltlichen Unterschiede.

"Das ist das Gegenteil von dem, was wir wollen", sagte auch Landeschef Dieter Janecek. Nicht nur, dass die Grünen eine schwarz-grüne Koalition ablehnen. Vor allem müsse die Diskussion darüber endlich aufhören, fordert der Abgeordnete Sepp Dürr. "Die Debatte ist schädlich für uns, sie nützt nur den Schwarzen", sagte er, da sich die CSU dann damit schmücken könne, dass sogar die Grünen an einem Bündnis interessiert seien. Das aber seien sie erst, wenn sich die CSU ein paar Jahre in der Opposition modernisiert habe, so lautet die übereinstimmende Meinung vieler Abgeordneter.

"Grün pur", wie es Fraktionschef Runge nennt, soll der Wahlkampf also werden. Und der wird sich um Spitzenkandidatin Bause drehen. Noch wird intern diskutiert, ob bestimmte Themen stärker mit Personen verknüpft werden sollen, aber ein Wahlkampfteam wie Christian Ude wird sie nicht um sich scharen. "Ein Schattenkabinett ist Quatsch", sagte sie, und zeuge außerdem von Überheblichkeit. Genau die will sie nicht repräsentieren, stattdessen soll es im Wahlkampf neben den Hauptthemen Energie und Bildung auch um den neuen Politikstil gehen.

Sie stehe für "Politik auf Augenhöhe", sagte Bause. "Ich werde ich sein", sagte sie über ihre Wahlkampfstrategie. Zwischen "den Kampfhähnen" Horst Seehofer und Christian Ude will sie sich nicht aufreiben lassen, sondern sich ihren eigenen Platz suchen.

Tatsächlich besteht die Gefahr, dass die Grünen mit all ihrer Sachlichkeit einfach untergehen zwischen Ministerpräsident Seehofer und SPD-Herausforderer Ude, die beide einen ordentlichen Radau erzeugen können, wenn sie nur wollen. Da dürfe Bause dann nicht jedesmal mitmachen, heißt es aus der Fraktion, stattdessen solle sich die Spitzenkandidatin auf wenige prägnante Themen beschränken.

Der Krippenausbau ist so ein Thema, das die Grünen schon forderten, als es die CSU noch blockierte. Weil sie das zwar nicht mehr tut, die Plätze aber längst nicht reichen, fordern die Grünen nun einen Krippengipfel, bevor im August der Rechtsanspruch der Eltern auf einen Platz greift. Die Versäumnisse der Staatsregierung anprangern und auf die vielen Kursänderungen der CSU hinweisen, das soll auch im Grünen-Wahlkampf funktionieren. "Es könnte der Purzelbaum zu viel sein, der die CSU ins Abseits bringt", sagte Bause.

© SZ vom 17.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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