Für Körper und Geist:Von der Apotheke zum Campingplatz

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Felicitas Weeber kämpft mit originellen Ideen um jeden Gast

Von Ralf Scharnitzky, Lechbruck am See

"Ich kannte das Gelände", sagt Felicitas Weeber. Viel war das nicht, als sie 2008 den elterlichen Campingplatz am Oberen Lechsee im Allgäu übernahm. Eigentlich hatte die promovierte Pharmazeutin in ihrer knapp zehn Kilometer entfernten Apotheke im oberbayerischen Steingaden genug zu tun. Doch der knapp 40 Jahre alte Familienbesitz brauchte sie: Der Pachtvertrag mit einem Campingclub war ausgelaufen, die Angebote für die Gäste und die sanitären Anlagen mehr schlecht als recht, und die Belegungszahlen dümpelten so vor sich hin. Kurzum: Die umtriebige, natur-, umwelt- und gesundheitsbewusste 61-Jährige übernahm den Platz selbst, benannte ihn in "Via Claudia Camping" um - und hatte eine weitere Passion gefunden. Die neue Chefin hat sich einiges einfallen lassen, lassen müssen: "Bei mir fällt keiner rein, ich muss um jeden Gast kämpfen", sagt Weeber.

Der Platz liegt abseits der Touristenrouten, am Ende einer Sackstraße. Das hat auch seine Vorteile, die jetzt besonders herausgestrichen werden und bei den Campern gut ankommen: Urlauber können hier nach einem anstrengenden Besuch in München oder einem stressigen Ausflug zu den Königsschlössern in aller Ruhe entspannen. Sie können Radl- oder Wandertouren in die herrliche Umgebung machen, an einem umfangreichen Freizeitprogramm teilnehmen oder im Lech und dem platzeigenen Moorsee baden. "Die Vielfalt und die Natur, das macht unsere Attraktivität aus. Auch bei den Dauercampern", sagt die approbierte Apothekerin.

Die Vielfalt findet sich inzwischen auch auf dem Platz: Da gibt es originelle Holzhütten, begrünte Schlaffässer und behagliche Zirkuswagen zum Mieten. Unterschiedlichste Stellplätze für Caravans und Wohnmobile, sowie eigene Zeltwiesen. Die werden alljährlich auch von Schulklassen genutzt - sogar aus Korea. Und Kultur bietet inzwischen nicht nur die Umgebung: Im großen Saal des neuen Sanitärgebäudes gibt es immer wieder Lesungen, Ausstellungen und Auftritte von Künstlern.

Die Chefin ist mit fast allen ihrer Mitarbeiter per Du. Die meisten kennt sie schon seit Jahren: Sie haben entweder in ihrer Apotheke gearbeitet oder in umliegenden kulturellen und sozialen Einrichtungen, für die Felicitas Weeber sich engagiert: "Nur dank meiner beiden tollen Teams auf dem Campingplatz und in der Apotheke kann ich die Doppelbelastung stemmen." Auch ihr Mann ist tatkräftig mit dabei: als Fotograf mit Ausstellungen, vor allem aber als Allgemeinarzt mit dem Schwerpunkt Sport-, Ernährungs- und Präventivmedizin. Zusammen mit der Vizechefin auf dem Campingplatz, der geprüften Präventologin Angelika Heißerer, haben sie ein Programm entwickelt, das während des Urlaubs "Körper und Geist in Einklang" bringen soll, wie es in der Platz-Broschüre heißt.

Im Freistaat gibt es etwa 350 registrierte Campingplätze. Aber in den Werbetrailern des Tourismusverbandes für Urlaub in Bayern kommt immer wieder der Lechbrucker Platz vor, weil er aus dem Rahmen fällt. Kein Wunder, bei der außergewöhnlichen Chefin.

© SZ vom 31.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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