Fruchtbarkeit:Kinderglück trotz Krebstherapie

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28 Jahre alt war Sandra G., als sie an Krebs erkrankte. Nach der Therapie bekam die junge Frau die traurige Nachricht, dass sie unfruchtbar sei. Inzwischen ist sie doch noch Mutter geworden - dank einer revolutionären medizinischen Behandlung an der Frauenklinik Erlangen.

Katja Auer

Jeder Tag ist zurzeit ein bisschen anders, sagt Sandra G., und das ist gar nicht erstaunlich, schließlich ist sie gerade Mutter geworden. Das wiederum ist alles andere als selbstverständlich. Die 32-Jährige war nach einer Krebstherapie unfruchtbar. Da pflanzten ihr Ärzte am Erlanger Uniklinikum Eierstockgewebe ein, das sie zuvor entnommen und tiefgefroren hatten. Ein Jahr später kam das Baby zu Welt.

Sandra G. mit ihrem Partner Andreas während der Schwangerschaft. (Foto: privat)

Als Sandra G. vor vier Jahren den Knoten in ihrer Brust ertastete, hat sie sich nichts dabei gedacht. "Ich war fest davon überzeugt, dass er gutartig sein müsste", sagt sie. Schließlich gehörte sie zu keiner Risikogruppe, niemand aus der Familie hatte jemals Brustkrebs gehabt. Aber der Knoten war nicht gutartig. Es folgten Chemotherapie, Operation, Bestrahlung.

Die Frau aus Nürnberg war 28 Jahre alt, als ihr die Ärzte sagten, dass sie wahrscheinlich nie Kinder haben würde. Unfruchtbarkeit gehört zu den größten Risiken der Therapie. Eine Chance gebe es aber doch: Man könne Eierstockgewebe entnehmen, einfrieren und nach der Therapie wieder einpflanzen. Ohne Garantie. "Aber diese Option war für mich ein Strohhalm, an dem ich mich mit Blick auf die Zukunft festhalten konnte", sagt Sandra G. Dann begann die Therapie.

Hoffnung für Krebspatienten

17.000 Frauen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Brustkrebs, es ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Viele sind in einem Alter, in dem sie Kinder bekommen könnten. Sandra G. hatte Glück. Die Therapie verlief gut, sie besiegte den Krebs. Allerdings blieb auch ihre Periode aus. Im Juni 2011 stellten die Ärzte fest, dass sie unfruchtbar geworden war. "Das war unfair", sagt sie.

Seit zehn Jahren erforscht das Team um den Mediziner Matthias W. Beckmann, den Direktor der Frauenklinik und den Biologen Ralf Dittrich, den Wissenschaftlicher Leiter der Reproduktionsmedizin, das Verfahren der "Retransplantation von kryokonserviertem Eierstockgewebe", wie der Fachbegriff lautet. Krebskranken Frauen wird Eierstockgewebe entnommen, es wird tiefgefroren und später wieder eingepflanzt.

Elf Mal gelang das in Erlangen schon, Sandra G. ist zweite Frau, die danach auf natürlichem Wege schwanger wurde. 2011 brachte eine ehemalige Lymphdrüsenkrebs-Patientin nach der Operation in Erlangen in Dresden ein Kind zur Welt.

Sandra G. wurde vor einem Jahr operiert. "Nach zwei Monaten setzte mein regelmäßiger Zyklus wieder ein und damit auch die zaghafte Hoffnung, später einmal Kinder zu bekommen", erzählt die heute 32-Jährige - und das, obwohl sie zuvor schon massive Wechseljahrbeschwerden gehabt habe.

Erst 14 Frauen weltweit haben auf diesem Weg ein Kind bekommen

Trotzdem, allzu viele Hoffnungen wollte sie und ihr Partner Andreas sich noch nicht machen. "Wer den Krebs überstanden hat, sieht die Dinge in einer anderen Relation." Hätte es mit dem Kinderwunsch nicht geklappt, wäre sie nicht verzweifelt, sagt sie. Nach der Therapie sei sie überhaupt nicht bereit gewesen, große Pläne zu schmieden. "Ich lebte hier und jetzt. Ich war einfach nur dankbar, dass ich leben konnte und gesund war", sagt sie.

Und dann stellte der Arzt einen Anstieg der Östrogenwerte fest. Das ist ein Marker, der das Eizellwachstum einer Frau anzeigen kann. Immer weiter stieg der Hormonspiegel, bis der Arzt dem Paar riet: Sie sollten das Wochenende nutzen. "Und es hat auf Anhieb geklappt: Ich wurde schwanger." Erst 14 Frauen weltweit haben auf diesem Weg ein Baby bekommen.

Sandra G. kann sich noch an die ersten Ultraschallaufnahmen in der Frauenklinik erinnern. "Ich konnte am Anfang nicht glauben, dass dieses Bild auf dem Monitor mein Kind ist", sagt sie. Zwei Wochen später sah sie das Herz zum ersten Mal schlagen und hörte die Herztöne. "Das war zwei Tage vor Weihnachten. Draußen hatte es geschneit. Es war eine besondere Atmosphäre. Das war einfach nur toll. Ich war unendlich dankbar." Die Angst, dass der Krebs wiederkommt, die bleibt trotzdem. Nicht ihretwegen, sagt sie.

© SZ vom 14.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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