Faltlhauser als Zeuge im BayernLB-Prozess:"Sie reiten ein totes Pferd"

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EX-Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) im Landgericht München I. (Foto: dpa)

Der Auftritt von Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser als Zeuge im BayernLB-Prozess spielt der Verteidigung in die Karten: Er lobt die einstigen Vorstände als Vollprofis - getäuscht fühle er sich nicht.

Von Katja Riedel

Am Ende drängt es den Mann in der dritten Anklagereihe zu einer persönlichen Erklärung. Fast fünf Stunden lang hat er immer wieder mit dem Kopf geschüttelt, hat dazwischengerufen, hat nachgefragt, jetzt will Peter Witting eine persönliche Erklärung abgeben. Witting ist Verteidiger des ehemaligen BayernLB-Vorstandes Stefan Ropers, er sieht diesen wie dessen fünf Vorstandskollegen zu unrecht angeklagt, sich bei dem Kauf der Kärntner Pleitebank Hypo Alpe Adria (HGAA) 2007 unter anderem der Untreue schuldig gemacht zu haben. Und nach diesem Tag sieht er viele Belege für die "bittere Erkenntnis", dass die Staatsanwaltschaft einseitig zulasten der Angeklagten ermittelt habe. "Mit fatalen Folgen", sagt Witting: Verlust des Ansehens, der Vorstandsposten, der Bezüge.

Gegen diesen Vorwurf verwahre er sich, entgegnet sein Widerpart, Staatsanwalt Christian Weiß. Doch für ihn, aber vor allem für seine Anklageschrift ist dieser Prozesstag alles andere als gut verlaufen. Denn am Dienstagmorgen nimmt in der Mitte des Sitzungssaales B 273 des Münchner Landgerichtes ein weiterer Verteidiger Platz: der Zeuge Kurt Faltlhauser. Für den Kauf der HGAA hatten sich nicht nur die angeklagten Ex-Vorstände ausgesprochen; zugestimmt hatte auch der Verwaltungsrat, dem der frühere Finanzminister von der CSU vorsaß.

An diesem Tag soll es um nichts weniger als den Kern der Anklage gehen: das Motiv für den Kauf. Und dieses Motiv lässt Faltlhauser in Rauch aufgehen. Denn die Anklage wirft den Vorständen vor, den Verwaltungsrat arglistig getäuscht zu haben. Die Bankchefs hätten die HGAA um jeden Preis kaufen wollen, um eine Demütigung wettzumachen, die sie durch einen wütenden Satz Faltlhausers erlitten hätten. Dieser habe nach einem misslungenen Kauf einer österreichischen Bank rhetorisch gefragt, ob die Vorstände denn "zu blöd" seien, "eine Bank zu kaufen".

So steht es in der Anklage - doch Faltlhauser nennt es nicht nur absurd, ein solches Motiv zu konstruieren, sondern bestreitet zudem, diesen Satz jemals so gesagt zu haben. Dies sei allenfalls eine polemische Zuspitzung, an die er sich nicht erinnern könne. "Es ist nicht so, dass ich mich nicht nur fachlich nicht getäuscht fühle", sagt Faltlhauser. "Ich fühle mich in meinem Vertrauen, das ich diesem qualitativ hochwertigen Vorstand entgegenbringe, bestätigt". Er sei "de facto nicht getäuscht" worden.

Wie lästige Krümel auf dem Sakko

Es ist ein entscheidender Moment, so entscheidend, dass Verteidiger Witting nach Faltlhausers Einlassungen in den Saal ruft: "Sie reiten ein totes Pferd, Herr Staatsanwalt!" Faltlhauser sagt vieles, was der Verteidigung in die Hände spielt, und nichts, was der Staatsanwaltschaft hilft. Faltlhauser wirkt sichtlich genervt, dies alles noch mal erzählen zu müssen. Schließlich hat er seine Erinnerungen an die Vorgänge aus dem Frühjahr 2007 doch schon mehrfach Staatsanwälten vorgetragen und auch im Untersuchungsausschuss des Landtags.

Die Fragen von Staatsanwalt Weiß behandelt er wie lästige Krümel auf dem Sakko, er wischt sie unwirsch weg. Bei seiner Zustimmung zum Kauf hätten ihn Experten umgeben und beraten, die allesamt sein vollstes Vertrauen genossen. "Risikomenschen", Leute wie der ehemalige und mittlerweile in anderer Sache verurteilte Vorstand Gerhard Gribkowsky, "die haben ja eine ordentliche Wasserverdrängung bei solchen Dingen".

Zum Kreis des Vertrauens zählte Faltlhauser auch den ehemaligen Vorstandschef Werner Schmidt. Den habe er schließlich selbst auserwählt, "das Ergebnis war fachlich eine gute Entscheidung, und dazu stehe ich noch heute", sagt er. Schmidt lächelt und notiert sich die verbalen Lorbeeren. Faltlhauser geht sodann die Reihen durch wie ein Schulmeister bei der Zeugnisvergabe, er vergibt durch die Anklagebank weg Einser. Der Angeklagte Theodor Harnischmacher sei ein "hervorragender Sparkassenmann", Kollege Ropers klopft diesem ob des Ritterschlages leicht spöttelnd auf die Schulter.

Wenn Faltlhauser lobt, lobt er natürlich auch sich selbst,beruhte doch seine Zustimmung zum Kauf der Bank, die Bayern mindestens 3,4 Milliarden Euro gekostet hat, auf dem Urteil dieser hervorragenden Experten. Der Kauf der HGAA sei kein individuelles Versagen eines Vorstandes oder Verwaltungsrats, sondern dem damaligen Optimismus vor der Wirtschaftskrise geschuldet, der Suche nach einem neuen Geschäftsfeld, ja dem "Run" gen Osten. Auch der Preis sei nicht überzogen gewesen, sondern "plausibel und vernünftig".

Nichts gewusst habe er von einer angeblichen Verknüpfung des Bankkaufs mit einem Fußballsponsoring - ein weiterer Teil der Anklage. Darin geht es um eine angebliche Bestechung des mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider. "Haider wollte den politischen Erfolg", ist sich Faltlhauser sicher, "mit dem großen Edmund Stoiber ein Geschäft zu machen." Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.

© SZ vom 19.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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