Eingestürzte Eishalle in Bad Reichenhall:Ermittler klappen Akten zu

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Fast fünf Jahre nach dem Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall stellt die Staatsanwaltschaft die letzten Ermittlungen ein. Nur eine Familie, die bei dem Drama zwei Töchter verloren hat, gibt nicht auf.

Heiner Effern

Starben die zwölf Kinder und drei Frauen am 2. Januar 2006 in der Bad Reichenhaller Eishalle, weil im Rathaus vor dem Einsturz geschlampt wurde? Seit Jahren haben Eltern und Hinterbliebene vergeblich versucht, denn damaligen Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier (Freie Wähler) und seine Spitzenbeamten aus dem Bauamt gerichtlich zu belangen.

Am 2. Januar 2006 stürzte die Eishalle in Bad Reichenhall. Zwölf Kinder und drei Frauen starben. Der Traunsteiner Oberstaatsanwalt Günther Hammerdinger hat nun die letzten Ermittlungen gegen den damaligen Oberbürgermeister und Spitzenbeamte aus dem Bauamt eingestellt. (Foto: AP)

Jetzt sieht es so aus, als ob es dabei bleiben wird: Der Traunsteiner Oberstaatsanwalt Günther Hammerdinger verfügte nun auch die Einstellung der letzten Ermittlungen gegen die Rathausspitze. Am 1. Januar 2011 läuft die Verjährungsfrist ab, danach ist eine rechtliche Verfolgung dieses Personenkreises nicht mehr möglich.

Dagmar und Robert Schmidbauer, die zwei Töchter in der Eishalle verloren haben, wollen jedoch noch nicht aufgeben. Ihre Rechtsanwaltskanzlei Joachim legte eine Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung ein und kündigte bei einer Ablehnung ein Klageerzwingungsverfahren gegen den damals amtierenden Chef des Hochbauamts an. Gleichzeitig wendet sie sich mit einem Protestschreiben an Ministerpräsident Horst Seehofer und Justizministerin Beate Merk. Dort leitete man das Schreiben zur Prüfung an die Generalstaatsanwaltschaft weiter.

Die Schmidbauers und ihr Rechtsbeistand Thomas Kämmer von der Kanzlei Joachim verstehen vor allem eines nicht: Wieso musste die Stadt zwischen dem positiven Gutachten 2003 und dem Einsturz im Januar 2006 keine Verkehrssicherheitsprüfung anordnen, obwohl immer wieder massiv Wasser durchs Dach tropfte? Zu dieser Frage forderte Kämmer Gutachten von Experten aus der Praxis an, beispielsweise von ehemaligen Bauamtschefs anderer Kommunen vergleichbarer Größe. Dass er damit bei der Staatsanwaltschaft Traunstein nicht durchkam, nennt er "einen Skandal". Denn seine Mandanten seien aufgrund des Strafrechts auf die Staatsanwaltschaft angewiesen. Wenn seine Seite diese Gutachten beibrächte, hätten die "null Beweiswert".

Oberstaatsanwalt Günther Hammerdinger sieht in der Frage der Verkehrssicherheit eine rechtliche Frage und nicht eine, die durch ein Gutachten zu klären sei. So schreibt er es in der Einstellungsverfügung. Und die rechtliche Würdigung ergebe nicht genügend Hinweise, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und durch eine Beschuldigtenvernehmung die Verjährung zu unterbrechen.

In die Halle sei seit 30 Jahren Wasser eingedrungen, sagte Hammerdinger. Der Gutachter aus dem Jahr 2003 habe festgestellt, dass diese Wassereinbrüche keine Auswirkungen auf die Standsicherheit hätten. Auf diese Auskunft hätten sich die Stadtverantwortlichen verlassen können. Zwei der drei Familien von Rechtsbeistand Kämmer haben deshalb aufgegeben, nur die Schmidbauers kämpfen noch weiter.

© SZ vom 29.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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