CSU: Guttenberg vs. Seehofer:Ein explosives Gebräu

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Verteidigungsminister Guttenberg auf Friedensmission: Bei der CSU-Vorstandssitzung bemüht sich die Parteispitze um Schadensbegrenzung. Doch die Einigkeit ist nur gespielt. Und der anstehende Parteitag könnte für Seehofer böse enden.

Mike Szymanski

Die Berliner wählen den Doppelschlag: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich kommen zusammen. Guttenberg sondiert kurz die Lage, dann kommandiert er: Du hier, ich dort. So spalten die beiden CSU-Bundespolitiker die wartende Journalistentruppe vor dem CSU-Hauptquartier. Die wird gleich erfahren: Hier sind zwei Männer vor der Vorstandssitzung auf einer Friedensmission.

Unter Beobachtung: Der Parteitag am Wochenende könnte zur Abstimmung über CSU-Chef Horst Seehofer werden. Und dann ist da noch die gespenstisch anmutende Verklärung des Barons aus Oberfranken. (Foto: ddp)

In vier Tagen beginnt der große Parteitag der CSU in München. Parteichef Horst Seehofer wünscht sich, dass das Treffen ein Fest wird. Alle Parteivorsitzenden wollen das. Aber es wird am Wochenende kein Fest für Seehofer geben.

Die Partei ist in Aufruhr, seit Tagen schon. Das hat mit Guttenberg zu tun und auch mit Landesgruppenchef Friedrich. Aber vor allem hat das mit Horst Seehofer selbst zu tun. Er wollte die CSU in den vergangenen zwei Wochen schon mal groß in Szene setzen. Erst forderte er einen Zuwanderungsstopp für Muslime, dann stellte er in einem Alleingang die verabredete Rente mit 67 wieder in Frage. Mit beiden Forderungen überrumpelte er nicht nur die Koalitionspartner in Berlin, sondern vor allem die eigene Partei. Die versteht Seehofer nicht mehr.

Die Berliner Landesgruppe unter Friedrich verweigerte Seehofer die Gefolgschaft. Guttenbergs Problem ist, dass er als die Lösung aller Probleme angesehen wird. Pünktlich zur Vorstandssitzung macht ein Spiegel-Bericht die Runde, in dem ein ungenannter Vorständler meint: "Wenn Guttenberg es will, dann hat er das Amt des Parteichefs. Und zwar sofort."

Es ist gerade mal neun Uhr an diesem Montagmorgen vor der Parteizentrale, und es gibt wieder viel klarzustellen. "Blödsinn" nennt Guttenberg den Spiegel-Bericht. Und dann wiegelt er ab: "Wir haben einen sehr guten Vorsitzenden, der sich jetzt auf seinen Parteitag vorbereitet und auf den wir uns auch freuen." Landesgruppenchef Friedrich will nicht mal mehr etwas davon wissen, dass es überhaupt einen Disput zwischen der rebellischen Landesgruppe und Seehofer gegeben hat. "Es gibt keinen Dissens", sagt er. Aber er gibt auch nicht nach. "Die Rente mit 67 gilt, da hat niemand einen Zweifel dran gelassen." Doch, einer: Seehofer.

Seehofer hat schließlich seine ganz eigene Sicht auf die Dinge. Am Wochenende war er zu Gast bei der Mittelstandsunion, die von Hans Michelbach geführt wird. Der Wirtschaftsflügel hadert schon lange mit Seehofer. Seitdem er in der Diskussion um die Rente mit 67 die Unternehmer frontal angegriffen hat, weil sie zu wenige Ältere einstellten, ist sie noch schlechter auf Seehofer zu sprechen.

Seehofer will davon nichts mitbekommen haben. "In meiner Anwesenheit war es harmonisch", sagt Seehofer. Dabei hatte Michelbach vor einer "Demobilisierung" der Stammwählerschaft gewarnt. Aber das interessiert Seehofer an diesem Montag schon nicht mehr. "Wir gehen unseren Weg." Und wieder verteidigt er seine Veto-Drohung bei der Rente mit 67. Die große Einigkeit ist nur gespielt. Während der Sitzung werden Streitpunkte elegant umschifft, berichten Teilnehmer.

Es braut sich vor dem Parteitag etwas zusammen in der CSU, ein leicht entflammbares Gemisch aus Frust über die Bundespolitik, Enttäuschung über Seehofer und einer gespenstisch anmutenden Verklärung des Barons aus Oberfranken. In dieser Stimmungslage braucht es nicht viel, und der Parteitag könnte zur Abrechnung mit Seehofer werden. Er kann sich nur glücklich schätzen, dass er in diesem Jahr nicht zur Wahl steht. Seehofer sieht das natürlich anders. Er hätte nichts gegen eine Wahl. "Das wäre dann eine Vertrauensfrage", sagt er. "Ich hätte da überhaupt keine Bedenken."

Wenn nicht Kanzlerin Angela Merkel zum Parteitag kommen und Guttenberg seine Bundeswehrreform zur Abstimmung stellen würden, hätte dieses Treffen nicht einmal große bundespolitische Relevanz. Die CSU ist in diesem Jahr nur mit sich selbst beschäftigt. Das Antragsbuch ist so dick wie nie, mit 563 Seiten erinnert es an ein Telefonbuch. Etwa 260 Anträge müssen abgearbeitet werden, notfalls bis in die Nacht, sagt Seehofer.

Seehofer will die Partei modernisieren, aber die Basis tut sich schon schwer, eine Frauenquote von 40 Prozent auf Landes- und Bezirksebene zu akzeptieren. "Ein paar mehr Frauen, ist denn das so schwierig", flehte Seehofer die Basis an. Nicht einmal die kleinen Projekte gehen ihm zurzeit von der Hand.

© SZ vom 26.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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