Beschädigte Oberleitungen:"Wir sind schwer am Arbeiten"

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Jede Menge Holz müssen die Bahnarbeiter von den Gleisen räumen - wie hier bei Aying. (Foto: Angelika Bardehle)
  • 200 Mitarbeiter der Bahn sind im Einsatz, um die Gleise rund um München wieder befahrbar zu machen. Doch bis der gesamte S-Bahn-Betrieb wieder läuft, kann noch Tage dauern.
  • Auch der Schienenersatzverkehr funktioniert nicht überall. So ist die Strecke zwischen Grafing nach Rosenheim überlastet.
  • Nach Schätzungen der Bahn sind nach dem Orkantief "Niklas" mehrere hundert Kilometer Gleise von Schäden betroffen.

Von Günther Knoll, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

So weit kann's kommen: Ein Pressetermin der Bahn, der nur mit dem Auto zu erreichen ist. Mittwochmittag zwischen Höhenkirchen und Aying auf einem Streckenabschnitt der S 7 mitten im Wald steht ein gelber Triebwagen der Bahn auf dem Gleis. Die Diesel-Lok, die Martin Gerg kurz ORT nennt, einen "Oberleitungsrevisionstriebwagen", wie er Unkundigen dann erläutert, ist seit Dienstagabend unterwegs und hat sich seitdem ganze zehn Kilometer Richtung München vorgearbeitet.

Immer wieder müssen die Arbeiter Bäume entfernen, Leitungen reparieren, geknickte Träger ersetzen. Noch 20 Streckenkilometer hat die Besatzung des gut 20 Meter langen Ungetüms bis Giesing vor sich, erklärt Gerg, der bei der Deutschen Bahn (DB) für die Instandsetzung der Oberleitungen im gesamten Großraum München zuständig ist.

Wie viele Kilometer betroffen sind

Etwa 200 Mitarbeiter des Unternehmens sind in zwei Schichten rund um die Uhr im Einsatz, um das Streckennetz im Raum München wieder instand zu setzen. Man hat sie teilweise aus dem Urlaub holen müssen. "Wir sind schwer am Arbeiten", sagt DB-Sprecher Anton Knapp, seit Wiebke 1990 habe er nichts Vergleichbares erlebt.

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In München kommt es am Mittwoch dann zu einem Arbeitsunfall: Ein 54-jähriger Mitarbeiter ist auf einem Turmwagen der Bahn unterwegs, um Oberleitungen zu reparieren. Um 14.55 Uhr verliert er das Gleichgewicht, stürzt vom Waggon zwei, drei Meter tief aufs das Gleisbett. Seine Kollegen bemerken nichts, fahren ungerührt weiter. Der schwer verletzte Mann muss per Telefon Hilfe herbeirufen und wird schließlich in den Schockraum einer Klinik eingeliefert.

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Sturmtief Niklas löste mehr als hundert einzelne Störfälle aus, rund 600 Kilometer Strecke konnten nicht mehr befahren werden. Noch ist die Bahn mit der Bestandsaufnahme beschäftigt, rund um Garmisch zum Beispiel kontrollierten Hubschrauber die Strecke, um das Ausmaß der Schäden zu erkunden. Glücklicherweise habe man genügend Ersatzteile auf Lager, sagt Gerg. Er gehe davon aus, "dass wir bis zum Wochenende wieder voll fahren". Knapp ist vorsichtiger: "Wir arbeiten uns voran, und zwar von Baum zu Baum." Entsprechend werden in den nächsten Tagen einzelne Abschnitte wieder freigegeben. Es könne aber "noch bis in die Osterfeiertage hinein" dauern, bis der gesamte S-Bahn-Betrieb reibungslos laufe, teilt die Bahn mit.

Schienenersatzverkehr ab Grafing überlastet

Besonders betroffen sind die Südäste der S-Bahn mit waldreichen Abschnitten. Schwer gewütet hat der Sturm auch auf den Strecken nach Rosenheim und ins Werdenfelser Land. Auch der Schienenersatzverkehr funktioniert nur teilweise. Die Strecke ab Grafing etwa ist durch S-Bahn- und Fernreisende überlastet, wie auf der Homepage der Meridian-Züge zu lesen ist. "Fahrgäste werden dringend gebeten, auf andere Transportmittel umzusteigen oder Fahrten zu vermeiden", heißt es da.

© SZ vom 02.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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