BayernLB:Eine feste Bank

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Er diente Strauß und Stoiber als Bayerns oberster Beamter, galt als ihr engster Vertrauter. Dann begann für Rudolf Hanisch das Drama: Er ging zur BayernLB - jetzt muss er vor Gericht.

Klaus Ott

Rudolf Hanisch war einst der oberste Beamte im Freistaat, er war ein Vertrauter von Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber, und der Höhepunkt seiner Karriere ist noch gar nicht so lange her. Zur Feier seines 60. Geburtstages hatte sich Ende 2006 die Spitze des Freistaats in der Landesbank versammelt. Ministerpräsident Stoiber hielt eine humorvolle Lobrede, garniert mit Erinnerungen aus der Strauß-Ära. Strauß hatte sich einmal köstlich amüsiert über Hanischs Vorliebe für Süßes, als der gleich vier Nachtische am Stück verspeiste.

An Kummer bei der Aufarbeitung ist er gewöhnt: Rudolf Hanisch vor zwei Jahren im BayernLB-Untersuchungsausschuss des Landtags. (Foto: picture alliance / dpa)

Auch andere Festgäste erzählten Anekdoten über den Jubilar, der vom Kabinetts-Referenten bei Strauß zum Amtschef bei Stoiber und schließlich zum Vizechef der Landesbank aufgestiegen war. Und Sparkassenpräsident Siegfried Naser witzelte, Hanisch sei der einzige, mit dem er sich in der BayernLB auf Augenhöhe unterhalten könne. Die beiden sind von eher kleiner Statur.

Es war ein launiger Abend, aber heute wirkt das so, als sei das schon Jahrzehnte her. In diesem Kreise wird längst nicht mehr gefeiert. Hanisch und der gesamte damalige Vorstand der BayernLB sind angeklagt, weil sie, so der Vorwurf, beim Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria immense Risiken außer Acht gelassen und so enorme Verluste verursacht hätten. Die Landesbank verlangt vom alten Vorstand, vom früheren Finanzminister Kurt Faltlhauser und von Naser 200 Millionen Euro Schadenersatz. Faltlhauser und Naser waren Chefkontrolleure der BayernLB.

Am 19. Juni verhandelt das Münchner Landgericht über die Schadenersatzklage gegen die acht ehemaligen Vorstandsmitglieder, die alle erscheinen müssen. Auch Hanisch, der als Muster-Beamter gegolten hatte. Der gebürtige Münchner war nach diversen Stationen in Franken - Abitur in Kulmbach, Jura-Studium in Würzburg, eine erste Stelle als Arbeitsrichter in Nürnberg - in seine Heimatstadt zurückgekehrt und hatte hier Karriere gemacht: Arbeits- und Sozialministerium, Staatskanzlei bei Strauß, Büroleiter von Innenminister Stoiber, dessen Amtschef in der Staatskanzlei, Landesbank.

Der im Hintergrund agierende Hanisch verstand sich stets als Diener des Staats, nicht einer Partei, weshalb er auch nie in die CSU eintrat. Stoiber beschrieb seinen Amtschef als gewissenhaft, effizient, leistungsbereit. Ein früherer Minister sagt, Hanisch habe seinen Beruf "nie nur als Job" verstanden, sondern als Berufung. Umso härter träfen ihn die schweren Vorwürfe. "Er leidet schwer darunter", sagt der Ex-Minister.

Aber Hanisch wehrt sich, und das bislang mit Erfolg. Ob die Anklage gegen ihn zur Verhandlung zugelassen wird, ist ungewiss. Der zuständige Richter hat Bedenken. Und gegen seinen alten Arbeitgeber, die Landesbank, hat der ehemalige Vizechef einen ersten Etappensieg errungen. Hanisch war im Frühjahr 2009 in den Ruhestand gegangen, im Herbst 2010 hatte die BayernLB sämtliche Pensionszahlungen, auch aus der Zeit als Staatsdiener bei Strauß und Stoiber, von einem Monat auf den anderen eingestellt.

Das einbehaltene Geld sollte mit den Schadenersatzforderungen verrechnet werden. Als Hanisch dagegen klagte und das Münchner Landgericht erklärte, er werde voraussichtlich gewinnen, lenkte die Landesbank schon vor einigen Monaten ein. Sie zahlte rückwirkend von Herbst 2010 an einen Teil der Pension nachträglich aus und überweist nun regelmäßig Geld. Hätte Hanisch das bei der Justiz durchgefochten, dann würde er vorläufig wohl seine gesamte Pension bekommen. Aber ein Kompromiss war ihm lieber.

Hanisch will keine Schlagzeilen, er hat seinen Etappensieg für sich behalten, er äußert sich öffentlich mit keinem Wort, und seine Anwälte tun das ebenfalls nicht. Aber aus dem Kreise der vielen Verfahrensbeteiligten sickert durch, was der ehemalige Landesbank-Vize bei Gericht vorträgt. Den Vorwurf der BayernLB, der alte Vorstand habe dem Verwaltungsrat beim Kauf der Hypo Alpe Adria wesentliche Informationen vorenthalten und so die Aufseher um Faltlhauser und Naser getäuscht, weist Hanisch vehement zurück.

Man habe sogar mehr auf den Tisch gelegt, als notwendig gewesen wäre, steht in den Schriftsätzen der Anwälte. Der Bank-Vorstand habe die Prüfergebnisse über die Hypo Alpe Adria auf 69 Seiten dargestellt. Die Verwaltungsräte hätten vier Tage Zeit gehabt, sich damit zu befassen. Das sei "mehr als genug, um das mit der erforderlichen Sorgfalt zu studieren". Hanischs Anwälte schreiben, "das Lesen der Informationen konnte den Mitgliedern des Verwaltungsrats selbstverständlich nicht abgenommen werden".

Dem Aufsichtsgremium hatten damals neben Faltlhauser und Naser auch die CSU-Größen Erwin Huber und Günther Beckstein angehört. Und der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger sowie Georg Schmid, heute Fraktionschef der CSU im Landtag. Vorwürfe von Schaidinger, die Kontrolleure seien unzureichend unterrichtet worden, seien "geradezu abenteuerlich", erwidern die Anwälte von Hanisch. Ihr Mandant habe seine Pflichten als Vorstand erfüllt.

Die treibende Kraft beim Kauf der Hypo Alpe Adria war Hanisch nach allem, was bislang bekannt ist, nicht gewesen. Bankchef Werner Schmidt, die CSU-Regierung und Sparkassenfunktionäre hatten das österreichische Finanzinstitut unbedingt haben wollen. Aber der langjährige Stoiber-Vertraute hat sich mitreißen lassen von der Euphorie, mit der Staatsregierung, Sparkassen-Spitzen und Teile des Bankvorstands sich in das österreichische Abenteuer stürzten.

Den Kaufvertrag für die Hypo Alpe Adria, der so gut wie keine Garantien enthielt, hat neben Schmidt auch Hanisch unterschrieben. Selbst wenn das juristisch kein Pflichtverstoß gewesen sein sollte, so wird für Bayerns einst obersten Staatsdiener nach Ansicht eines früheren Wegbegleiters ein Makel bleiben. Ein ehemaliges Kabinettsmitglied sagt, Hanisch sei ein "zutiefst rechtschaffener Mann". Aber dass er mit seinem ausgeprägten Scharfsinn die Probleme bei der Hypo Alpe Adria nicht rechtzeitig erkannt habe, das sei seine "persönliche Tragik".

© SZ vom 02.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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