Bauarbeiten in Bayern:Autobahn überholt Eisenbahn

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In nur vier Jahren wird die A8 zwischen Augsburg und München ausgebaut. Die Bahn braucht für die Erweiterung von zwei auf vier Gleise dreimal so lange.

Andreas Roß und Stefan Mayr

Eines ist schon heute klar: Die Verkehrsverbindung zwischen Augsburg und München wird innerhalb der nächsten zwölf Monate deutlich besser werden. Und zwar sowohl auf der Schiene als auch auf der Autobahn8. Beide Verkehrsachsen werden derzeit ausgebaut und voraussichtlich noch Ende dieses beziehungsweise Mitte nächsten Jahres deutlich leistungsfähiger sein: die Autobahn mit sechs Fahrstreifen, die Bahn mit vier statt bisher zwei Gleisen.

Die Bauarbeiten auf der A8 gingen bislang weitgehend reibungslos vonstatten. (Foto: dpa/dpaweb)

Die Ausbaustrecken waren mit 37 (A 8) und 43 Kilometer etwa gleich lang. Dennoch hat der von einem privaten Konsortium betriebene Ausbau der Autobahn nur ein Drittel jener Zeit in Anspruch genommen, die der vom Bund finanzierte Ausbau der Bahnstrecke benötigte.

Für Symbolik war an diesem 4. Mai 1998 gesorgt. Auf einem eigens aufgeschütteten Schotterbett bei Kissing im Landkreis Aichach-Friedberg wurde ein kurzes Gleisstück verlegt und der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber sowie Bundesfinanzminister Theo Waigel (beide CSU) machten ein freundliches Gesicht und sprachen von einem "politischen Meilenstein" für die Region Schwaben und für ganz Bayern.

Die zahlreichen Festgäste waren dagegen mehr bemüht, sich an ihre Regenschirme zu klammern, denn es goss wie aus Kübeln. Wenige Monate vor der Bundestagswahl hatte damit der lange diskutierte Ausbau der Bahnstrecke Augsburg-München von zwei auf vier Gleise begonnen. Das Projekt sollte für die Schwaben auch ein Ausgleich dafür sein, dass die Region zuvor den Kampf um die Schnellfahrstrecke München-Nürnberg verloren hatte.

Die Bahn und der Freistaat hatten sich auf die Route über Ingolstadt festgelegt. Der damalige Bahnvorstand Heinz Dürr hatte den Schwaben gar versprochen, dass der viergleisige Ausbau nach München zeitgleich mit der Neubaustrecke über Ingolstadt fertig werden sollte.

Bald stellte sich jedoch heraus, dass der Bahnvorstand den Mund etwas zu voll genommen hatte. Denn der Ausbau zwischen Augsburg und München ging äußerst schleppend voran, was in erster Linie damit zu tun hatte, dass die Mittel im Bundesverkehrswegeplan dafür nicht wirklich gesichert waren. Die Hoffnung von Dürr, "wir kriegen das Geld schon anderswo frei" erfüllte sich nicht, jedenfalls nicht in dem für einen zügigen Baufortschritt notwendigen Umfang.

Besonders kritisch wurde die Lage im Jahr 2004, als die rot-grüne Bundesregierung angesichts der dramatischen Unterfinanzierung des Bundesverkehrswegeplans einschneidende Kürzungen bei vielen Bauvorhaben beschloss. Zwischen Augsburg und München ging plötzlich nicht mehr viel. Die zeitgleiche Fertigstellung mit der ICE-Neubaustrecke über Ingolstadt im Jahr 2006 war nur noch ein Phantom.

Irgendwann ging es aber dann doch weiter, allerdings mit neuen Problemen im Bereich Haspelmoor im Landkreis Fürstenfeldbruck. Im Moor sank der Boden unter Belastung ab. Auf einer Länge von 600 Meter musste deshalb der Untergrund mit einem speziellen Verfahren stabilisiert werden. Insgesamt wurden 70.000 Kubikmeter Kies und Sand aufgeschüttet und 6000 Drainagen zur Entwässerung gebohrt. Winfried Karg, der Sprecher des Fahrgastverbandes "Pro Bahn" für Schwaben, reagierte verärgert. "Die Schwierigkeiten des moorigen Untergrunds in Haspelmoor müssten doch schon lange bekannt gewesen sein", sagte er.

Inzwischen ist auch auf diesem Abschnitt zwischen Olching und Haspelmoor der Ausbau auf vier Gleise erfolgt. Bis Juni 2011 sollen nun die Schienenstränge zwischen Haspelmoor, Althegnenberg und Mering auf den geforderten Standard gebracht werden. Danach, so eine Bahnsprecherin, könnten die Testfahrten mit einer Geschwindigkeit von 230 Kilometer in der Stunde begonnen werden. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2011 soll dann der Ausbau offiziell abgeschlossen sein.

Der Vorteil: Schnelle Fernzüge, Güterzüge und der regionale Nahverkehr kommen sich nicht mehr in die Quere. Zwei Gleise sind ausschließlich für die Hochgeschwindigkeitszüge reserviert. Die beiden anderen Gleise teilen sich die Güter- und die Nahverkehrszüge. Bis zu 600 Züge sollen dann täglich zwischen München und Augsburg unterwegs sein, bislang waren es 320. "Wir erhoffen uns von der Fertigstellung eine große Erleichterung, insbesondere für die Pendler", sagt Pro-Bahn-Vertreter Karg.

Mehr als 600 Millionen Euro wird das Projekt dann gekostet haben. Dass der Ausbau der Autobahn 8 wesentlich schneller vorangekommen ist als der Ausbau der Bahn, will die Bahnsprecherin in München aber nicht kommentieren.

Und in der Tat: Beim Ausbau der Autobahn geht es wesentlich flotter voran. Im Juni 2007 erfolgte - an der stauträchtigen Steigung zwischen Adelzhausen und Odelzhausen - der symbolische Spatenstich durch den damaligen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Heute, gut drei Jahre später, kündigt Tom Soreq von der Autobahnplus GmbH die rechtzeitige Vollendung der 37 Kilometer langen Baustelle an: "Wir werden die letzten drei Abschnitte spätestens Mitte Dezember für den Verkehr freigeben."

Damit hat die Autobahnplus GmbH den ihr vorgegebenen Zeitplan erfüllt. Bis Anfang 2011 sollte die Strecke zwischen Augsburg-West und Palsweis fertiggestellt sein. So steht es in dem Millionenvertrag, den der Zusammenschluss von sieben privaten Baufirmen aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden mit der Autobahndirektion Südbayern geschlossen haben. Als Gegenleistung erhält das Konsortium die Lkw-Maut der 52 Kilometer langen Gesamtstrecke zwischen der Anschlussstelle Augsburg-West und dem Allacher Dreieck.

Der Vertrag gilt für 30 Jahre, so lange ist der Betreiber für Pflege und Unterhalt der Strecke zuständig, also auch für den Winterdienst. Im Jahr 2037 geht der Abschnitt wieder in die Obhut des Staates zurück.

Die Bauarbeiten gingen bislang weitgehend reibungslos vonstatten, das Konsortium hatte sich verpflichtet, stets zwei Fahrspuren in jede Richtung zur Verfügung zu stellen. Dies gelang, denn ein Tempolimit von 80 Kilometer pro Stunde sorgte dafür, dass es auf den verengten Fahrbahnen kaum zu Unfällen und Staus kam. "Wir hatten keinen schlechteren Verkehrsfluss als vor Baubeginn", sagt Autobahnplus-Geschäftsführer Tom Soreq. Über die Höhe der Baukosten macht Soreq jedoch keine Angaben. Sie werden auf 250 Millionen Euro geschätzt, dem stehen etwa 700 Millionen Euro Einnahmen durch die Lkw-Maut gegenüber. Wegen dieser hohen Gewinnspanne hatte der Bundesrechnungshof die Kooperation zwischen Staat und Privatunternehmen (Public-Private Partnership PPP) kritisiert. Kein Wunder, dass Tom Soreq sagt, der Bau bewege sich im Kostenrahmen.

Die veraltete Autobahn, die in den dreißiger Jahren vierspurig gebaut wurde und keinen Standstreifen hatte, wurde abschnittsweise auf sechs Spuren ausgebaut und dem Verkehr übergeben. Nur zweimal kam es zu Komplikationen: so nach einem schlimmen Unwetter. Es hatte die Fahrbahn überschwemmt, sie musste komplett gesperrt werden.

© SZ vom 30.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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