Augsburg:Heiße Diskussionen um ein verpfuschtes Eisstadion

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In der Sondersitzung des Stadtrats zum Umbau des Augsburger Eisstadions steht insbesondere der Architekt unter Beschuss. Am Ende zeichnet sich ein Kompromiss ab.

Stefan Mayr

In der Diskussion um den verpfuschten Umbau des Augsburger Eisstadions zeichnet sich eine Lösung für die Eishockey-Zuschauer ab - aber auch ein juristischer Konflikt zwischen der Stadt und dem Planungsbüro Herrmann + Öttl.

Der Augsburger Stadtrat berät in einer Sondersitzung über den verpuschten Umbau des Eisstadions (Archiv). (Foto: dapd)

Der Augsburger Stadtrat diskutierte am Dienstagabend in einer Sondersitzung vor 200 Zuhörern mehr als sechs Stunden lang bis tief in die Nacht über die Sichtprobleme in der Arena - und über mögliche Auswege aus dem Fiasko.

Architekt Jürgen Hermann stellte seine Verbesserungsvorschläge vor, mit denen er die unstrittigen Sichtbehinderungen beheben will. Der Osnabrücker Stadionexperte Stefan Nixdorf bestätigte auf Nachfrage von Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU), dass diese Planung zu akzeptablen Sichtverhältnissen führen würde.

Gribl nahm dies zur Kenntnis, äußerte jedoch deutlich seine "erheblichen Bedenken", ob die Neuplanung zu einem komplett mängelfreien Stadion führe: "Wir müssen in einem Neubau keine Rampen akzeptieren", sagte Gribl. Damit spielte er darauf an, dass Hermann eine nachträgliche Anhebung der Eisfläche um einen Meter vorschlägt - und hierfür langgezogene Rampen für die Eismaschinen einbauen muss. OB Gribl stellte klar, er lasse die Rechtslage von einem weiteren Sachverständigen prüfen.

Die Szenerie im Augsburger Renaissance-Rathaus war skurril: Etwa 150 Eishockey-Fans waren in den rot-grün-weißen Farben des Eishockey-Erstligisten Augsburger Panther erschienen, dazu 50 Mitarbeiter des Theaters mit orangenen Hemden, Schals und Buttons. Letztere kamen wegen des verzögerten Baus der Interimsspielstätte für die Schauspielsparte, der ebenfalls auf der Tagesordnung stand.

Intendantin Juliane Votteler und ihr Team harrten vier Stunden lang aus und hörten sich die hitzige Debatte über das Eisstadion an. Nur um dann zur Kenntnis zu nehmen, dass ihr Thema auf die ordentliche Stadtratssitzung nächste Woche verschoben wurde.

Die Diskussion um den Baupfusch im Curt-Frenzel-Stadion hatte ebenfalls kuriose Züge: OB Gribl und viele weitere Stadträte hatten krankheitsbedingt Stimmprobleme, zudem streikte immer wieder die Mikrofon-Anlage.

Neben dem Konzept des Architektenbüros wurde auch eine Machbarkeitsstudie der Eishockey-Fans vorgestellt. Der Stadtrat beschloss einstimmig, dass beide Konzepte weiter ausgearbeitet werden, vom Stadionexperten Nixdorf bewertet werden und dann im Januar im Stadtrat darüber entschieden werden soll.

Architekt Herrmann bezifferte die Kosten seiner Umplanung auf 350.000 Euro, diese muss sein Büro wegen der mangelhaften Planung selbst tragen. Dazu käme etwa eine Million Euro für die Erhöhung der Eisfläche. Die Bau-Experten der Fans taxieren die Kosten ihrer Planung auf 1,2 Millionen.

Im Verlauf der Diskussion ging Gribl mehrmals deutlich auf Distanz zum Architektenbüro Hermann + Öttl: Er betonte, dass er die Haftungsansprüche der Stadt im Auge behalten müsse und stellte in der Art eines Anwaltes bei einem Gerichtsverfahren eine eindeutige Frage an den Stadion-Experten Nixdorf: "Wurde in der Planung die Thematik der Sichtlinien berücksichtigt?" Nixdorf antwortete ebenso eindeutig: "Bei der Bestandseislage nicht." Erst bei Erhöhung der Eisfläche mache die Planung Sinn.

Desweiteren ließ Gribl von dem Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Günter Bauer, darlegen, dass die Stadt als Bauherrin nach einer Auftragsvergabe an einen Projektsteuerer und ein Planungsbüro nicht verpflichtet sei, sich um die technischen Details zu kümmern. Wenn es bei der Bauausführung zu Planänderungen komme, dann habe der Planer die Pflicht, den Bauherren zu informieren, so Gribl. Der Fachanwalt pflichtete ihm bei und sprach von einer "Pflichtverletzung".

OB Gribl trieb den Architekten noch weiter in die Enge, indem er ihn fragte, ob er bei der Umsetzung des Projektes jemals einen "Fachplaner" hinzugezogen habe. Jürgen Herrmann verneinte diese Frage.

Die Grünen-Stadträtin Eva Leipprand fragte in Richtung des Architekten: "Wie kann es sein, dass Sie so einen Anfängerfehler machen?" Die SPD forderte den sofortigen Baustopp, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.

Das Curt-Frenzel-Stadion wird derzeit für 16,2 Millionen Euro generalsaniert. Ziel war es, das nach drei Seiten offene Stadion einzuhausen, um den Anforderungen der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gerecht zu werden. Am 27. Januar will der Stadtrat endgültig entscheiden, wie die miserablen Sichtverhältnisse beigelegt werden sollen. Noch vor Weihnachten sollen Interimsmaßnahmen wie etwa eine Holztribüne für Linderung sorgen. Die endgültigen Umbauten sind dann für die Sommerpause vorgesehen.

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