Amoklauf an Ansbacher Schule:Polizei findet Beweismaterial

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Nach dem Amoklauf in Ansbach bestätigt die Staatsanwaltschaft, dass Georg R. die Tat geplant hatte. Offenbar schrieb er auf einem Kalenderblatt von der bevorstehenden "Apokalypse".

Die 40.000 Einwohner des mittelfränkischen Ansbach stehen noch immer unter Schock - und auch im ganzen Land ist die Bestürzung nach dem Amoklauf mit zehn Verletzten im Carolinum-Gymnasium groß. Die Polizei will am Freitag Eltern, Mitschüler und Lehrer des 18 Jahre alten Täters vernehmen. Sollte der Abiturient gesundheitlich dazu in der Lage sein, werde auch er zu den Motiven und Hintergründen seiner Tat befragt, sagte ein Sprecher.

Das Foto zeigt den 18-jährigen Ansbacher Amokläufer Georg R. (Foto: Foto: ddp)

Der 18-Jährige hatte die Tat offenbar gründlich geplant. Ermittler fanden im Haus Briefe, die Rückschlüsse auf die Vorbereitung der Tat zulassen, wie Staatsanwältin Gudrun Lehnberger sagte. "Unter anderem war da die Rede von einer Apokalypse", sagte sie.

Jürgen Krach, ebenfalls von der Staatsanwaltschaft Ansbach, ergänzt: "Gefunden worden ist eine Art Kalenderblatt, da hat unter dem 17.9. das Wort Apokalypse gestanden." Auch ein Testament sei unter den Unterlagen gewesen.Der Gymnasiast habe sich bereits seit längerer Zeit in psychotherapeutischer Behandlung befunden.

Beamte hatten den Schüler am Donnerstag mit fünf Schüssen gestoppt, nachdem er eine Elftklässlerin lebensgefährlich mit einer Axt verletzt und zwei Molotow-Cocktails in Klassenräume geworfen hatte. Dabei erlitt eine Neuntklässlerin schwere Brandwunden, sechs weitere Schüler und ein Lehrer wurden leicht verletzt. Die mit der Axt verletzte Schülerin schwebt Medienberichten zufolge noch immer in Lebensgefahr.

Elf Minuten nach dem ersten Notruf überwältigten ihn Polizisten, nachdem sie ihn mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole getroffen hatten. Der Zustand des Täters galt zunächst als kritisch.

Die Staatsanwaltschaft beantragte Haftbefehl wegen versuchten Mordes gegen den 18-Jährigen, dessen Motiv zunächst völlig unklar blieb. Der junge Mann war noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten. Erst am Dienstag hatte in Bayern das neue Schuljahr begonnen.

Nun stehen die Sicherheitsmaßnahmen an der Schule in der Diskussion. Schüler hatten kritisiert, dass zwar ein Feueralarm zu hören gewesen sei, sie aber nicht über einen Amoklauf informiert wurden.

Das Carolinum gilt als eine der besten Schulen in Ansbach. (Foto: Foto: dpa)

"Nicht auszudenken ist, wenn Lehrer und Schüler die Klassenzimmer verlassen und dem Amokläufer ins Schussfeld geraten", teilte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Helga Schmitt-Bussinger, mit. Ob im konkreten Fall richtig gehandelt worden sei, müsse anhand des Notfallplans der Schule überprüft werden.

Polizeigewerkschaft fordert Frühwarnsystem

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisierte Versäumnisse bei der Schulsicherheit und forderte ein flächendeckendes Frühwarnsystem gefordert. "Die schreckliche Tat von Ansbach belegt leider einmal mehr, dass Deutschlands Schulen keine sicheren Orte sind", sagte DPolG-Chef Rainer Wendt der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er ergänzte: "Wir brauchen endlich ein flächendeckendes Frühwarnsystem für Schulen."

Trotz aller politischen Versprechen nach den Amokläufen von Erfurt und Winnenden fehle es aber nach wie vor massiv an Schulpsychologen und Sozialarbeitern, die Probleme der Schüler frühzeitig erkennen könnten. "In jede Schule in Deutschland gehören mindestens ein Sozialarbeiter und ein Psychologe", forderte Wendt.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) reagierte ratlos auf den Amoklauf. Der Fall zeige "uns Grenzen unserer Möglichkeiten auf", sagte Merk der Nachrichtenagentur ddp. Merk lehnte es strikt ab, Schulen nach dem Amoklauf in "verschlossene Trutzburgen" zu verwandeln. Zunächst gelte es, die Hintergründe zu eruieren. Allerdings müsse sich die ganze Gesellschaft fragen, wodurch Georg R. zu dieser Tat veranlasst wurde.

Herrmann: Starke Familien nötig

Zu der Frage, wie solche Gewalttaten künftig zu verhindern seien, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem Fernsehsender Phoenix: "Wir brauchen starke Elternhäuser, wir müssen Familien in ihrer Erziehungskompetenz stärken." Wo Familien versagten, müssten staatliche Angebote wie Ganztagsschulen helfen. Generell müsse es zudem darum gehen, Gewalt im Alltag wieder zu tabuisieren, sagte Hermann. "Wir finden uns insgesamt in unserer Gesellschaft viel zu sehr mit Gewalt in den verschiedensten Alltagssituationen ab."

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