Schwere Mängel an Autos:Achtung, Rückruf-Aktion

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In Deutschland gab es im vergangenen Jahr etwa 180 Rückruf-Aktionen. Doch wie funktioniert das überhaupt? Und wird wirklich das Fahrzeug stillgelegt, wenn ein Halter nicht auf die Rückruf-Schreiben reagiert? Fragen und Antworten zum Rückruf von Fahrzeugen.

Von Hans von der Hagen und Dieter Sürig

Erst im Februar hatte Toyota in Deutschland 13 000 Fahrzeuge des Typs Prius III wegen Problemen mit dem Hybridantrieb in die Werkstätten gerufen. Nun müssen wieder rund 92 000 Toyota-Fahrzeuge überprüft werden. Diesmal geht es bei verschiedenen Typen unter anderem um Probleme an den Sitzschienen und der Lenksäule. Wie Rückrufe funktionieren - ein Überblick:

Immer wieder berichten den Medien über Rückrufe von Fahrzeugen. Trügt der Eindruck oder hat sich die Zahl der Rückrufe in den vergangenen Jahren erhöht?

Sowohl - als auch: Im vergangenen Jahr gab es 180 Rückrufaktionen. Das waren elf Prozent mehr als 2012. Allerdings lag die Zahl der Rückrufe in den Jahren 2010 und 2011 noch etwas höher. Und: Trotz der vermehrten Rückrufe waren 2013 nach Angaben des Kraftfahr-Bundesamtes mit 770 000 Fahrzeughaltern rund 50 000 weniger als im Jahr zuvor betroffen.

Wer ist für eine Rückrufaktion verantwortlich?

Der Hersteller eines Fahrzeugs. Die Rückruf-Anschreiben können entweder vom Autohersteller oder vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) kommen. Das KBA bietet den Versand als Serviceleistung an. Im aktuellen Toyota-Fall kommt der Brief vom KBA. Dies kann nach Angaben von Toyota noch einige Zeit dauern, weil erst sichergestellt werden muss, dass genug Ersatzteile lieferbar sind.

Wer entscheidet, ob ein Fahrzeug zurückgerufen werden muss?

Wenn ein Hersteller einen Mangel feststellt, dann informiert er das KBA. Allerdings ist es auch möglich, dass das KBA von Verbrauchern oder den Medien auf Mängel bei Fahrzeugen aufmerksam gemacht wird. Egal, von welcher Seite am Ende die Information kommt - immer prüft das KBA selbst, wie gefährlich der Mangel ist. Wenn nach Ansicht des KBA eine " ernste Gefährdung" vorliegt, wird ein Rückruf angeordnet. Im aktuellen Fall spricht Toyota bislang von einem "freiwilligen Rückruf" - zur Qualitätssicherung.

Um welche Mängel geht es im aktuellen Fall?

Es gibt diesmal gleich drei Rückrufe auf einen Schlag: Zum einen geht es um die Sitzschiene bei den Modellen Yaris und Urban Cruiser (Baujahr 2005 bis 2010). Dort kann die Feder in der Spannung nachlassen oder sogar brechen. Problem zwei ist die Lenksäule bei den gleichen Modellen. Sie ist an drei Punkten fixiert, der untere Befestigungswinkel kann einen Riss bekommen. Das äußert sich durch ein schwammiges Lenkgefühl und Knackgeräusche. Die Lenksäule bleibe aber intakt, versichert eine Toyota-Sprecherin. Der dritte Mangel ist ein Spiralkabel in den Lenkrädern der Modelle RAV4 und Hilux (Baujahr 2004 bis 2010). Dort kann sich die Verkleidung lösen, und das Kabel liegt blank. Die Folge wäre, dass womöglich die Airbag-Warnleuchte angeht. Der Airbag könne allerdings nicht ausgelöst werden.

Wird ein Rückruf überwacht?

Bei schweren Mängeln überwacht das KBA die gesamte Rückruf-Aktion, um sicherzustellen, dass die Mängel tatsächlich behoben werden.

Wie kommen die Hersteller an die Adressen der Fahrzeugbesitzer?

Zunächst verfügt ein Hersteller über eigenes Adressmaterial. Das könnte ihm besonders dann helfen, wenn ein Fahrzeug erst relativ kurz am Markt und darum der Adressbestand noch aktuell ist. Doch meist ist er auf das KBA angewiesen, das über die Fahrgestellnummer auch einen Zweit- oder Drittbesitzer ermitteln kann. Ruft ein Hersteller die Fahrzeuge nur wegen leichter Mängel zurück, bekommt er vom KBA keine Adressen, aber das KBA bietet ihm an, die Kunden anzuschreiben. Erst bei ernsten Mängeln erhält ein Hersteller vom KBA die Adressen der Fahrzeughalter oder kann ebenfalls auf den Service des KBA zurückgreifen und die Kunden anschreiben lassen.

Woher weiß das KBA, dass ein Fahrzeug in der Werkstatt war?

In der Regel ist dem Schreiben an die Fahrzeughalter eine Karte beigelegt, die sie in der Werkstatt abgeben. So kann nachvollzogen werden, welche Fahrzeuge bereits vorgeführt wurden.

Was ist, wenn sich ein Fahrzeughalter nicht meldet?

Dann wird dieser erneut angeschrieben, unter Umständen sogar einige weitere Male. Das KBA ist auf die Mithilfe der Fahrzeughalter angewiesen. Wenn die sich allerdings auch in den Nachfass-Aktionen nicht melden, schreibt das KBA bei akuten Sicherheitsmängeln die für den Halter zuständige Zulassungsbehörde an und bittet, dass das Fahrzeug außer Betrieb gesetzt wird. Im vergangenen Jahr war das immerhin gut 9000 Mal der Fall.

Muss der Halter im aktuellen Fall mit einem längeren Werkstatt-Aufenthalt rechnen?

Der Händler kann die Teile bei diesem Toyota-Rückruf nicht vorhalten, weil die Mängel je nach Fahrgestellnummer und Baujahr unterschiedlich sind. Der Kunde braucht also meist einen zweiten Termin, wird aber besonders bei Sicherheitsproblemen bevorzugt behandelt.

Welche Kosten kommen auf die Halter zu?

Keine. Für die entstandenen Unannehmlichkeiten bekommen die Kunden unter Umständen einen Gutschein, außerdem erhalten sie nach Angaben von Toyota gegebenenfalls kostenfrei einen Leihwagen. Die Werkstatt rechnet dann mit dem Hersteller ab.

Was sagen die Werkstätten zum aktuellen Fall?

Ein Münchner Toyota-Händler glaubt, dass solche Rückrufaktionen beim Kunden gut ankommen. "Weil er sieht, dass Toyota auch bei älteren Fahrzeugen darauf bedacht ist, dass nichts passieren kann." Für den Verkauf sei allerdings eine solche Aktion vorübergehend nicht so günstig, weil das Renommee leide. "Deshalb fahren deutsche Autohersteller oft eine andere Politik und fangen solche Rückrufe mit Serviceaktionen ab." Letztlich freue er sich als Händler natürlich über die zusätzlichen Aufträge.

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