Mercedes CLA:Design-Avantgarde made in Stuttgart

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Der Mercedes-Benz CLA 220 CDI, hier in Patagonienrot metallic  (Foto: Daimler AG - Global Communicatio)

Mercedes-Benz hat, zumindest mit mitteleuropäischen Augen betrachtet, in den vergangenen Jahren nicht viel Glück mit dem Design gehabt. Der neue Mercedes CLA hat eine magisch expressive Formensprache. Aber was will sie uns bloß sagen?

Von Thomas Steinfeld

Einen Winkel gibt es, aus dem der Mercedes CLA beinahe imposant aussieht: Man muss sich seitlich vor das Auto stellen und in die Knie gehen. Dann scheinen sich die Linie der einen Blechfalte, die sich in einem leichten Bogen vom hinteren Radgehäuse bis zum Scheinwerfer zieht, und die Linie der anderen Blechfalte, die sich parallel nach unten schwingt, über die Schweller bis zu einem mehr oder minder fiktiven Lufteinlass in der Schürze, an einem etwa zwei Meter vor dem Fahrzeug liegenden Punkt zu kreuzen.

Und so betrachtet, angesichts dieses doppelten Bogens, entsteht tatsächlich ein Bild von Kraft, Größe und Gewicht - und von den "avantgardistischen Formen", die der Hersteller beansprucht. Dieses Bild ist, für sich allein gesehen, eine erstaunliche Leistung. Denn das Auto ist eher klein, was man sofort sieht, wenn man frontal davorsteht: Es ist nicht breiter als der aktuelle Golf und weit entfernt von den Ausmaßen der großen, dicken Flunder CLS, die das Gestaltungsmuster für die Verlängerung der neuen A-Klasse zur schnittigen Limousine lieferte. Dass das Auto klein ist, merkt man übrigens beim Überholen auf der Autobahn: Es scheint den anderen Verkehrsteilnehmern oft nicht sofort einzuleuchten, dass da etwas Schnelleres kommen könnte, dem wilden Design zum Trotz.

Symbolik des Fahrens

Wenn es überhaupt so ist, dass es bei der Entscheidung für ein neues Fahrzeug viel weniger um das Fahren als vielmehr um die Symbolik des Fahrens geht, so hat Mercedes-Benz bei diesem Auto das Prinzip besonders weit getrieben: Sein wesentliches Merkmal ist das Design. Auf wenig Platz ist hier eine solche Menge von Falten, Sicken, Winkeln, Schlitzen, Kurven und Öffnungen verbaut, dass das fertige Produkt, auf diesen optischen Eindruck reduziert, ein wenig an die sinnlosen Grafiken erinnert, die zuweilen neben ermüdenden Telefongesprächen oder langweiligen Konferenzen entstehen.

Erinnert sich noch jemand an den Volkswagen Passat der späten Achtzigerjahre, bei dem die Designer fast ganz auf die Kühleröffnung in der Karosserie verzichtet hatten, mit der Begründung, sie sei technisch gar nicht notwendig? Der Mercedes CLA ist das Gegenstück dazu, mit einem großen, fast aufrecht nach vorn geschobenen Maul, in dessen Mitte ein Stern von den Ausmaßen eines prächtigen Nachtischtellers prangt, mit einem breiten Lufteinlass darunter und zwei weiteren Öffnungen, die unter den Scheinwerfern deren fünfeckige Form wiederholen. Vielleicht braucht ein sportliches Auto ja doch viel mehr Luft, als die Ingenieure von Volkswagen vor über zwanzig Jahren dachten, oder sie haben die Symbolik des Gebläses völlig falsch eingeschätzt.

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:Mobilisierer der Massen

Dass der Farmersjunge Henry Ford Geschichte schreiben würde, hätte bei der Geburt sicherlich niemand gedacht. Er revolutionierte mit seiner Fließband-Arbeit die noch junge Autobranche und machte die knatternden Kisten für die breite Masse erschwinglich. Manche sagen, er habe damit die Welt so sehr verändert wie nur wenige andere Menschen.

Sicher, stabil und wendig

Der Aufwand, den Mercedes mit der Gestaltung des Autos trieb, geht - wie heute bei allen großen Herstellern - keineswegs auf Kosten der Fahrtüchtigkeit. Im Gegenteil, es fährt sich auch bei hohen Geschwindigkeiten sicher und stabil, Federung und Lenkung sind bequem eingerichtet und vermitteln doch ein klares Bewusstsein davon, auf welcher Unterlage man unterwegs ist. Wendig ist das Fahrzeug auch - immer mit dem Gefühl, man beherrsche eine kompakte, aber starke Maschine mit leichter Hand. Nun hatte es für den Test zwar den CLA250 mit 211 PS gegeben, und man muss es schon sehr eilig haben, um auf den Gedanken zu kommen, so viel Kraft auszunutzen. Aber auch darunter bewegt man sich immer noch schneller (und bei Bedarf: kühner), als es die meisten Verkehrslagen erlauben.

An einem Punkt indessen war die Leidenschaft für das Design beim Testwagen so übertrieben worden, dass ein echter Nachteil entstand: Die mächtigen Räder mit ihren mattschwarzen Speichen sorgten dafür, dass der Fahrer weitaus besser über den Straßenzustand unterrichtet war, als selbst in herausfordernden Situationen notwendig gewesen wäre, und zwar sowohl, was Erschütterungen, als auch, was Lautstärke betraf.

Form auf Kosten des Raums

Ein Auto, das wie ein Coupé geschnitten ist, kann man, selbst wenn es vier Türen hat, nicht mit den Maßstäben für einen Kombi beurteilen. Selbstverständlich also geht die Form auf Kosten des Raums. Das fällt wenig auf, solange man vorne sitzt, auch wenn das erste Wort, was einem zu dieser Umgebung einfällt, "Passform" lautet. Der Wille zum überdeutlichen Design hat sich allerdings auch hier niedergeschlagen, in Gestalt der Luftdüsen etwa, die aussehen, als hätten die Gestalter HR Giger, den Schöpfer des Alien, um Rat gefragt. Hinten sind die Verhältnisse anders beschaffen: Eine längere Reise möchte man einem erwachsenen, normal großen Menschen in diesem Fond eher nicht zumuten.

Mercedes-Benz hat, zumindest mit mitteleuropäischen Augen betrachtet, in den vergangenen Jahren nicht viel Glück mit dem Design gehabt. Es war, so schien es, oft viel zu viel in die Autos hineingezeichnet worden, aus einer grundsätzlichen Unsicherheit heraus: Die gediegene, klare Selbstverständlichkeit, die etwa die E-Klasse in den Achtzigerjahren besaß (Baureihe 124) und von der noch ein Rest bis ins vorletzte Modell (Baureihe 211) fortlebte, wurde aufgegeben, zugunsten eines magischen Expressionismus, dessen Zweck sich nicht immer erkennen lässt.

© SZ vom 27.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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