Kolumne: Naturchaos mit Vmax

Sind die Autofahrer die Einzigen, die als Öko-Sünder taugen? Mit Sicherheit nicht. Zum Glück gibt es da ja noch die Branche der Seeschifffahrt.

Nie war Autofahren so nervig wie heute: Von Fahrvergnügen redet kaum einer mehr, und um die trotzdem so liebgewonnenen wie praktischen Automobile mit Explosionsmotor ist eine Diskussion entstanden, wie es sie seit Carl Benz und der Kutschwagenwelt nicht mehr gab. Kaum rollt man verbrennend mit im Verkehr, fühlt man sich als Sünder. Selbst an Bord eines Benziners leidet man unter der Verdammung der Dieselfahrer.

"Diesel tötet!" - das predigen diejenigen, die gern an die eine, einfache Lösung eines komplexen Problems glauben möchten und an allein selig machende Batterieautos, gern auch selbststeuernd. Obwohl selbst Solarmobile im Dauerstau stecken. Und Passanten-, Zweirad-, Pkw- und Lkw-Verkehr einer Großstadt seit jeher das pure Naturchaos ist und so unberechenbar wie sich wandelnde Wolkenformen.

Sollten die menschenverursachten Massenverkehrverknotungen je gelöst werden (bereits im alten Rom gab's ja schon Vergleichbares auf reiner Pferde- und Ochsenwagen-Basis), dann wird es da geschehen, wo die Not am größten ist: in Großstädten. Doch es wird eine vielfältige Lösung sein, oder anders gesagt: viele verschiedene Lösungen gleichzeitig. Schwer vorstellbar für uns Einfältige mit gefühlt 100 Verbrennungsjahren.

Die Autobahnen immerhin bräuchten keine großen Umstellungen. Ein einfaches Gesetz reichte: Tempolimit. 120, mit Toleranz bis 140 Stundenkilometer, das wär immer noch ein rasches Dahingleiten. Zumal Staus bei nivelliertem Tempo seltener werden. Eine endlos glatt asphaltierte Strecke ohne Ampeln, Kreuzungen und Gegenverkehr - nur Fliegen ist schöner. Die Supersportwagen mit Vollgas zwei Meter neben sich wird kaum einer vermissen. "Und so ein Containerschiff oder Kreuzfahrer", flucht der Freund mit dem neuen, alten Diesel, "der macht mit seinem Abfallölverbrenner so viel Dreck wie 100 000 Autos zusammen!" - Kann man's glauben? Will man's? Ja. Warum nicht die Zwangseinführung von Akku-, Solar- und Windkraft-Schifffahrt beziehungsweise Flüssiggas? Uns geplagten Autosteuer-Bürgern bleibt bis dahin wenigstens die Pein erspart, die einzig wahren Bösewichte zu sein.