"Gelber Engel":ADAC hat offenbar schon früher manipuliert

Kurz vor der Verleihung der Gelben Engel, für die der ADAC nach München geladen hat.

Verleihung des "Gelben Engel 2014" in München.

(Foto: dpa)

Als "Unwahrheiten und Unterstellungen" hatte der ADAC die Betrugsvorwürfe gegen die Leserwahl des "Gelben Engel" bezeichnet. Doch nun gesteht der Automobilclub ein, Zahlen geschönt zu haben. Der Kommunikationschef tritt zurück. Eine interne Revision könnte auf weitere Manipulationen stoßen.

Von Bastian Obermayer und Uwe Ritzer

Nach tagelangen Dementi nun das Eingeständnis: ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter hat bestätigt, dass die Zahlen der ADAC-Leserwahl zum "Gelben Engel" wohl manipuliert wurden. Nach Angaben des ADAC habe er sich bereits am Freitag in einem Gespräch entschuldigt. Ramstetter bedauere, dem Verband Schaden zugefügt zu haben, so steht es in der heutigen Pressemitteilung des Automobilclubs. Die Bild am Sonntag zitiert ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair mit dem Satz: "Ich hätte einen solchen Vorgang im ADAC nie für möglich gehalten."

Nachdem die SZ am Dienstag die Betrugsvorwürfe öffentlich gemacht hatte, dementierte der ADAC vier Tage lang. Verschiedene Pressesprecher, ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair, Präsident Peter Meyer und auch Kommunikationschef Michael Ramstetter, der im Zentrum der Vorwürfe stand, versicherten wieder und wieder, dass die Zahlen des ADAC korrekt seien.

Die Botschaft blieb die gleiche, nur die Tonart wurde rauer: Bei der Verleihung der Preise am Donnerstag sprach Geschäftsführer Obermair vor Hunderten von Gästen in seiner Begrüßungsrede von "Unwahrheiten und Unterstellungen", später von "komplettem Unsinn", und am Ende wollte er sogar einen "Skandal für den Journalismus" entdeckt haben.

Angeblich hat Geschäftsführer Obermair nun die Innenrevision beauftragt, auch die vergangenen Abstimmungen zu überprüfen. Die Prüfer könnten fündig werden - mindestens die Zahlen für den "Gelben Engel 2013" liegen in Wahrheit erheblich niedriger als vom ADAC bekanntgegeben - der Verein hatte stets von ungefähr 290.000 Stimmen gesprochen, tatsächlich waren es nur ungefähr 76.000. Auffallend ist aber, dass auch in den beiden Jahren davor, also beim "Gelben Engel" 2012 und 2011, das Siegerauto jeweils ungefähr 30.000 Stimmen bekam - wie auch in den Jahren 2014 und 2013 - in denen diese Zahlen offenbar frei erfunden waren.

Werden die Pokale für das "Lieblingsauto der Deutschen" nun zurückgerufen? Der ADAC sieht dazu keine Notwendigkeit: Ramstetter habe die Stimmzahlen zwar vervielfacht, die Rangfolge der Gewinner jedoch nicht verändert. Für die Wahlen 2014 und 2013 trifft dies nach SZ-Informationen zu. Seit Jahren halten sich in der Motorwelt-Redaktion und im Umfeld des ADAC und einiger Autofirmen aber auch Gerüchte, bei der Abstimmung zum "Lieblingsauto der Deutschen" habe nicht immer das Auto mit den meisten Stimmen am Ende auch gewonnen. Wie gesagt: Nur Gerüchte. Aber unter den gerade bekannt gewordenen Umständen vielleicht Gerüchte, denen man nachgehen sollte.

In Zukunft soll auf jeden Fall alles besser werden: Der ADAC will für die Wahl 2015 ein "notariell überwachtes Verfahren" entwickeln. Man wird sehen, wie viele Leser an dieser Wahl überhaupt noch teilnehmen wollen - und welche Anreize der ADAC setzt. Es wäre nicht sonderlich überraschend, wenn es bei der nächsten Wahl gleichzeitig eine große Verlosung unter den Abstimmenden gäbe, damit die Stimmzahlen wenigstens einigermaßen vorzeigbar sind.

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