Fiat 500 Abarth:Kleiner Angeber

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Fürs Sportprogramm vor dem Schwimmbad: Der 500 Abarth eignet sich hervorragend für den sympathisch-halbstarken Auftritt.

Günther Fischer

Stuss und Genuss Den Sympathiebonus gibt es ohnehin gratis, beim normalen 500 ebenso wie bei seinem Rallye-Bruder Abarth. Und es ist auch fast ein bisschen wie früher: In jeder Jungs-Meute, egal ob sie zum Wandern oder ins Freibad unterwegs war, gab es immer einen, der etwas stärker, etwas lauter oder etwas angeberischer daherkam. Der den Mut hatte, die Mädels frontal anzubaggern. Der etwaige Konkurrenten deutlich in die Schranken wies. Und der zufrieden lächelte, wenn ihn der Rest der Meute bewundernd anstarrte. Der typische Angeber eben, der es sich natürlich auch nicht verkneifen konnte, hinterher mit seinen Eroberungen zu prahlen.

Fiat 500 Abarth: In übermütig gefahrenen Kurven lupft der kleine Italiener schon mal das Bein - respektive das Rad. (Foto: Foto: oh)

Genau so wirkt der getunte Zwerg aus Italien. Irgendwie typisch männlich - auch dank der größeren Öffnungen in der Front, der doppelten Auspuffendrohre, des Diffusors an der Heckschürze und der speziellen Leichtmetallräder. Nur beschleicht einen zuweilen der Verdacht, das man es hier mit einem Silvio Berlusconi auf vier Rädern zu tun hat, quasi einem Gernegroß mit Grinsegesicht.

Aber, Hand aufs Herz: Wer hat nicht schon mal gerne geprahlt - aus welchem Grund auch immer? Und selten hat es so viel Spass gemacht wie am Steuer des 500 Abarth - aus einem ganz einfachen Grund: All die Frauen, die ihm hinterblickten, nahmen ihm die ganze Angeberei offensichtlich überhaupt nicht übel. Ach, wäre das auch früher schon so gewesen!

Saft und Kraft Wenn er die Muskeln spielen lässt: Unter der Haube der kleinen Rennsemmel arbeitet ein ziemlich potenter Vierzylinder (135 PS, Direkteinspritzung), der den Kleinen bei Bedarf auf 205 km/h hochtreibt. Erstaunlich ist diese Leistung, weil selbst der große Bruder Punto Abarth trotz 20 PS mehr nur auf 208 km/h kommt. Nur: Richtig wohl fühlt man sich dann hinterm Lenkrad nicht mehr wirklich.

Dieses Tempo aber muss gar nicht sein. Es reicht auch so, um so manchem Straßenteilnehmer verwundert gucken zu lassen. Dass er von 0 auf Tempo 100 in 7,9 Sekunden zu sprinten vermag, dürfte einige Sportwagenbesitzer ebenfalls verblüfft zurück lassen. Diese Kraft fordert aber ihren Tribut: Wer den Kleinen mutig um die Kurven treibt - und dazu verführt er geradezu -, hat nervig viel zu tun: Die Antriebskräfte zerren trotz elektronischem Sperrdifferential mitunter ganz schön am Lenkrad. Und mit mehr als acht Litern Durchsschnittsverbrauch ist er auch kein Sparmeister.

Family und Friends Mit den Freunden ist das so eine Sache: Hinten werden sie nicht wirklich sitzen wollen - Kleinwagen bleibt Kleinwagen -, und ob man sie ans Steuer lässt, ist eine Sache der Konkurrenz: Wer soll denn nun Eindruck schinden?

Immerhin lassen die rote Nähte auf schwarzem Leder, das Skorpion-Emblem auf dem Lenkrad und die Alu-Padale in uns allen einen Hauch von Schumi zurück.

Wunsch und Wirklichkeit Spaßmaschine bleibt Spaßmaschine. Auch im Renntrimm. Aber musste das Fahrwerk gar so knüppelhart abgestimmt werden, der Federungskomfort gar so gering ausfallen? Wir können ja auch so zeigen, dass wir große, harte Jungs sind. Was aber in jedem Fall fehlt, ist ein sechster Gang und eine direktere Lenkung. Das hätte ein so spritziger Kerl durchaus verdient. Und warum ist das Lenkrad nur in der Höhe verstellbar?

Immerhin ist die Serienausstattung bereits relativ umfangreich: Unter anderem sind sieben Airbags, Klimaanlage, ABS, ESP, Traktionskontrolle, Hill Holder, Alu-Pedale, rot lackierte Bremssättel, tiefer gelegtes Sportfahrwerk, Sport Boost Taste (Erhöhung des Drehmoments, direkteres Ansprechen von Lenkung und Gaspedal) CD-Radio, ein unten abgeflachtes Sportlenkrad und Abarth-Sportsitze im Grundpreis inbegriffen.

Gut... ... dass Abarths Image bis heute uneingeschränkt positiv besetzt ist. Noch besser: Es finden sich keine Fiat-Logos auf dem 500 Abarth. Aber... ... ein Möchtegern bleibt eben doch ein Möchtegern. Denn ein echter Rennwagen wird aus dem 500 trotz Abarth nie werden. Vielleicht mit dem optionalen SS-Leistungskit. Also ... ... wenn schon ein halbstarker Auftritt sein muss, dann bitte im 500 Abarth. Da schwingt dann in jedem Fall Sympathie mit.

Fiat 500 Abarth 1.4 T-Jet 16V: 99 kW (135 PS); max. Drehmoment: 180 Nm bei 4500 U/min (mit Overboost 206/3000); 0-100 km/h: 7,9 s; Vmax: 205 km/h; Testverbrauch: 8,4 l; Euro 4, CO2: 155 g/km; Preis: ab 18.100 Euro

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