Erster privater Schnellzug in Italien:Rasendes Kaninchen bricht Zug-Monopol

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Von Rom nach Neapel in 68 Minuten: Europas erster nichtstaatlicher Hochgeschwindigkeitszug heißt "Italo". Er ist hübsch, leise und schneller als die Konkurrenz. Bis zum Herbst sollen 25 Züge im gesamten Netz in Betrieb gehen.

Andrea Bachstein

Ein paar Töne dunkler ist das Rot als das der Ferraris, aber die Geschwindigkeit kann sich messen: Am 28. April können in Italien die ersten Reisenden in die völlig neuen "Italo"-Hochgeschwindigkeitszüge steigen, hinter denen Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo steckt. Auf der - superpünktlichen - Jungfernfahrt zwischen Rom und Neapel war er fast noch mehr der Star als sein schicker Zug. Das ambitionierte Projekt sieht Montezemolo als Revolution, auf jeden Fall trägt es seine Perfektionisten-Handschrift. "Vor vier Jahren", sagt der Ferrari-Präsident sichtlich stolz, "hatten wir nichts als ein weißes Blatt Papier." Nun fahren seine ersten Züge zwischen Mailand und Neapel.

Der beinahe Ferrari-rote "Italo" könnte leicht 360 Kilometer in der Stunde fahren. Die Motoren sind über den 200 Meter langen Zug verteilt. (Foto: AP)

Bis zum Herbst soll nun schrittweise das gesamte Netz mit 25 Zügen in Betrieb gehen. Es reicht dann von den beiden Nordsträngen Turin-Mailand und Venedig-Parma, die in Bologna zusammenlaufen, über Florenz, Rom und Neapel bis nach Salerno. Es ist das erste Mal in Europa, dass ein privates Unternehmen Hochgeschwindigkeitszüge auf Schienen setzt - auf vorhandene, was durch die Marktliberalisierung möglich geworden ist. "Endlich wird das Monopol der Staatsbahnen gebrochen", sagt Montezemolo. Sein Konsortium namens ntv hat 1,1 Milliarden Euro investiert.

Der Italo, der ein rasendes Kaninchen als Markenzeichen hat, ist für den Automanager mehr als nur ein Verkehrskonzept. Der neue Zugtyp soll auch ein Zeichen für ein modernes Italien sein, ein Land, das sich in Bewegung setzt. Mit Unternehmern, die ein Risiko eingehen.

Viele praktische Details und günstige Preise

Rund 1000 Menschen haben durch den Italo schon eine Anstellung gefunden. Nun hofft die ntv-Gruppe, an der unter anderen der Versicherungsriese Generali und die Großbank Intesa San Paolo beteiligt sind, bis 2014 auf neun Millionen Passagiere im Jahr. Die Investoren wollen den Hochgeschwindigkeitszügen Freccia Rossa und Freccia Argento der Trenitalia Konkurrenz machen.

Anders als der Rest der Staatsbahnen in Italien funktioniert das Hochgeschwindigkeitsnetz des Landes bereits gut, aber bei Italo ist alles moderner und soll noch besser funktionieren - vor allem der Service. Von der Buchung - per Internet und bei Reisebüros weltweit möglich - über die Betreuung am Zug und im Bahnhof, bis zu begleitenden touristischen Programmen, Parkplätzen und einer Mietwagenvermittlung.

Auch an Details wie die Videoüberwachung der Einstiege und Gepäckplätze hat man gedacht. Wem das kosten- und drahtlose Internet an Bord nicht reicht, der kann sich gleich einen Platz im Kino-Wagen reservieren. "Smart", "Prima" und "Club" heißen die Klassen. Die Preise sind, außer in der Club-Klasse, knapp unter denen von Trenitalia. Wenn der Italo dürfte, könnte er leicht 360 Kilometer in der Stunde fahren. Die Motoren sind über den 200 Meter langen Zug verteilt, die Achsen neuartig angeordnet, was Energie sparen und für mehr Laufruhe sorgen soll.

Tatsächlich glitt der Italo bei seiner Jungfernfahrt sehr glatt, geräuscharm und mit 300 Stundenkilometern über die Schienen. Für die Strecke Rom-Neapel brauchte er exakt 68 Minuten Fahrtzeit - damit war er gleich mal sechs Minuten schneller als die staatliche Konkurrenz.

© SZ vom 24.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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