Der neue Audi TT:Déjà-vu als Formprinzip

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Der neue Audi TT sieht dem alten zum Verwechseln ähnlich. (Foto: dpa)

Kritiker werfen den Audi-Designern Mutlosigkeit vor. Gerade der neue TT sieht dem alten zum Verwechseln ähnlich. Man kann die bekannten Formen aber auch als eine Hommage an eine Design-Ikone verstehen.

Von Joachim Becker

Es war ein genialer Schnellschuss, wie er bei Audi heute selten geworden ist. In nur vier Wochen stellten die Ingolstädter 1995 den ersten Prototypen des Audi TT auf die Räder. Technischer Projektleiter war der heutige Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg, verantwortlich für das Design war Peter Schreyer, der nun als Top-Kreativer die Geschicke des Hyundai-Konzerns mitbestimmt.

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Was als Studie eines offenen Roadsters begonnen wurde, stand wenige Wochen später auf Wunsch von Ferdinand Piëch als geschlossenes Coupé auf der IAA - und sorgte für Furore. Statt mit martialischer Rennwagenschnauze und zerklüftetem Spoilerheck auf dicke Hose zu machen, gefiel sich dieser kleine Sportwagen auf A3-Basis in formalem Minimalismus: Fahrzeugkörper, Radhäuser und die aufgesetzt wirkende Dachkuppel waren nichts anderes als unterschiedlich große Kreisausschnitte. So unkapriziös und puristisch hatte lange kein neuer Volkssportler mehr ausgesehen. Der TT wurde schnell zur Ikone und hat sich bis heute eine halbe Million Mal verkauft.

Hommage an Peter Schreyers Ur-TT

"Das war ein gewaltiger Image-Schub, Audi wurde durch den TT zur Designmarke", sagt Interieur-Gestalter Artur Deponte bei der Vorstellung der dritten Modellgeneration. Doch von der einstigen Aufbruchstimmung rund um den TT ist zumindest äußerlich wenig geblieben. Der Neue sieht seinem Vorgänger aus vielen Perspektiven zum Verwechseln ähnlich, nur das Heck wirkt optisch breiter und die Dachkuppel wurde stärker in den Fahrzeugkörper integriert.

Das Heck des neuen Audi TT wirkt optisch breiter als beim Vorgänger. (Foto: Audi)

Die von Konzernchef Martin Winterkorn geforderten schnelleren Modellzyklen mit neuem Design sind beim TT noch nicht angekommen. Aber es stimmt schon: An manchen Formen (siehe Porsche 911) lässt sich wenig verbessern und diese Hommage an Schreyers modernen Bauhausstil hat nichts von der einstigen Attraktivität verloren. Im Gegenteil: Der neue TT sieht mit seinem dreidimensionalen Singleframe-Grill schlüssiger denn je aus. Das Ganze wirkt wie ein gespannter Muskel ohne übertriebenes Design-Doping.

Kleine Kanonenkugel mit 310 PS

Die großen Radien in der Formgebung kommen dem Aluminiumleichtbau der Außenhaut entgegen. Komplexere Kanten als die Charakterlinie unter den Fenstern lassen sich nur schwer in das weiche Weißmetall pressen. Unter dem Hut, der 50 Kilogramm gegenüber dem Vorgänger von 2006 spart, steckt nun der Modulare Querbaukasten des Audi A3, der auf 4,18 Meter gekürzt wurde.

Mit einem Leergewicht ohne Fahrer von 1230 Kilogramm (150 Kilogramm weniger als der TT-Urahn) ist der Leichtathlet nach wie vor Benchmark im Vergleich zu den etablierten Hüftspeck-Sportlern. Deshalb dürfte der 228 kW (310 PS) starke TTS mit der adaptiven Dämpferregelung Audi Magnetic Ride eine ausgesprochene Spaßmaschine werden: Der aufgeladene Vierzylinder beschleunigt die kleine Kanonenkugel in 4,7 Sekunden von null auf 100 km/h. Das Fliegengewicht ist selbst als TT 2.0 TDI Ultra mit 135 kW (184 PS) und 380 Nm Drehmoment noch sportlicher als sein Vorgänger unterwegs. Dabei fährt der Selbstzünder mit einem Normverbrauch von nur 4,2 Liter Kraftstoff oder 110 Gramm CO₂ pro Kilometer einen neuen Bestwert im Segment ein.

Neuerung im Innenraum

Der neue TT ist der erste Audi, der das neue virtuelle Cockpit bekommt. (Foto: Audi)

Einen neuen Stand der Technik stellt vor allem das Audi Virtual Cockpit dar, das die analogen Instrumente und den MMI-Monitor über der Mittelkonsole ablöst (SZ berichtete). Der knackscharfe 12,3-Zoll-Monitor bringt entweder die klassische Ansicht mit Tachometer und Drehzahlmesser vor die Augen des Fahrers. Im "Infotainment"-Modus erhält dagegen die Navigationskarte eine große Bühne, während die anderen Instrumente auf Golfkugelgröße schrumpfen. Beim TTS gibt es für die Freunde des Rennsports noch eine dritte Ansicht, die von einem zentralen Drehzahlmesser dominiert wird.

Ein entscheidender Vorteil des digitalen Kombiinstruments ist die Trennung von Bildschirm und den darunter liegenden Bedienfunktionen: "Bisher wurde die Klimatisierung durch eine zentrale Platine über der Mittelkonsole gesteuert, jetzt hat jede Luftdüse ihre eigene Steuerung", erklärt Artur Deponte. Der Designer ist stolz auf die neuen, chromschweren Mannanströmer, die wie Flugzeugturbinen aussehen. Tief in einen Flügel integriert, der sich vom Cockpit bis auf die Beifahrerseite zieht, machen sie die neue Leichtigkeit des TT wenigstens an dieser Stelle sichtbar. Und sollte das jüngst vorgestellte Konzeptfahrzeug Audi Allroad Shooting Brake tatsächlich in Serie gehen, dann gäbe es auch beim TT-Exterieurdesign eine echte Neuerung.

© SZ vom 29.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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