Seit dem Frühjahr 2004 kommt an der BMW R 1200 GS kaum noch einer vorbei. Rekordverdächtige 108.000 Exemplare wurden bislang gebaut, in der Zulassungsstatistik hält das Motorrad eisern Platz eins; und auch im wahren Leben sehen viele Biker nur das Rücklicht der Reiseenduro.
Jetzt haben sich die BMW-Entwickler der robusten Verkaufs-Kanone erneut angenommen - und kassieren dafür aus der großen GS-Gemeinde ein durchaus geteiltes Echo.
Mehr PS - höhere Versicherung
Das liegt vor allem daran, dass der bislang schon bullige Boxermotor mit jetzt 77 kW (105 PS) kommt - ein Plus von fünf PS, das subjektiv vielleicht für ein noch souveräneres Fahrgefühl sorgen mag, in jedem Fall aber die Versicherungsprämie nach oben treibt.
Warum es nun die vergleichsweise günstigere 98-PS-Version als Ableger des bisherigen 100-PS-Modells nicht mehr gibt, verwundert so manchen Interessenten - und wird in den einschlägigen Internetforen bereits grimmig kommentiert.
Etwas mehr Kundenfreundlichkeit wäre bei einem Grundpreis von 12.500 Euro vielleicht nicht schlecht. Auch das Getriebe wurde überarbeitet und ist, das zeigen erste Testfahrten, präzise, leichtgängig und ohne nennenswerte Geräuschentwicklung. Allerdings bot die letzte Getriebegeneration auch keinen Grund zur Klage mehr.
Für Beifall dagegen sorgt ein neues Ausstattungsdetail, das sich unter der Position Sonderausstattungen findet - das Electronic Suspension Adjustment, kurz ESA. Zwar gibt es bei BMW für verschiedene Motorräder schon seit drei Jahren dieses Fahrwerks-Setup auf Knopfdruck, doch beschränkte sich dessen Wirkungsbereich auf den Straßenbetrieb.
Mit ESA ins Gelände
Nun hat BMW dem ESA auch noch Gelände-Fähigkeiten anerzogen - was dazu führt, dass man die bislang schon talentierte R 1200 GS bei Fahrten abseits des Asphalts nicht mehr wiedererkennt. Leichtfüßig und zielgenau agiert sie, benimmt sich lammfromm und agil, als habe sie Zentnerlasten verloren.
Man kann durch Knopfdruck links am Lenker nicht nur zwischen Solofahrt mit oder ohne Gepäck und Sozius-Beladung wählen, sondern eben auch noch zwei verschiedene Gelände-Modi ansteuern und aktivieren. Dabei werden sowohl die Federn des vorderen wie des hinteren Federbeins unterschiedlich vorgespannt. Ferner stehen drei unterschiedliche Dämpfer-Kennlinien zur Auswahl. Leider steht noch nicht fest, wie viel ESA im Katalog der Extras kosten wird.
Alle weiteren Neuigkeiten sind mehr oder minder Kleinigkeiten. Neu geformte Lenkerböcke zum Beispiel, die es ermöglichen, den Lenker fürs Geländefahren im Stehen geeigneter zu justieren; dazu veränderte Handprotektoren, eine Tankanzeige, die nicht erst bei "halbleer" aktiv wird und ein aktualisiertes Design der Alu-Gussfelgen.
Der Erfolg scheint weiterhin garantiert
Obendrein gibt es wertig wirkende Edelstahlblenden seitlich des Tanks und ein LED-Rücklicht statt eines profanen Birnchens. "Alles ganz hübsch, aber eigentlich Kleinigkeiten", das gibt auch Projektentwickler Franz Berkmann zu. Doch es stecke mehr im Paket der Modellüberarbeitung, sagt Berkmann: "Wir haben den gesamten Vorderbau deutlich steifer gemacht. Das ist so gut wie nicht sichtbar, aber es gibt eben Situationen, in denen das vorteilhaft ist."
So ist die elektronische Fahrwerkeinstellung das einzig tatsächlich überraschend Neue. Und diese Option könnte selbst Besitzer noch relativ neuwertiger GS-Bikes nachdenklich werden lassen. Denn auch, wenn die 1200er sehr gute Bremsen haben, über ein pfiffiges Gepäcksystem verfügen und sehr funktional zu bedienen sind - ESA ist verlockend. So fährt die GS auch im 28. Jahr ihrer Existenz wieder vorneweg. Fast scheint es, als trauten sich die Wettbewerber schon gar keine ernsthafte Attacke mehr zu.