Autojahr 2009:Schwere Zeiten inklusive

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2009 war ein lausiges Autojahr. Die Abwrackprämie brachte zwar Rekordverkäufe - dennoch blickt die Branche auf zwölf düstere Monate zurück.

Stefan Grundhoff

Opel hängt in den Seilen, Daimler ist stark angeschlagen und eine Reihe von Herstellern steht nicht nur in Deutschland vor einem Trümmerhaufen. Geht es in diesen Wochen und Monaten um die Autoindustrie, stehen immer weniger die Produkte oder Technologien im Vordergrund, sondern vermehrt die gesamtwirtschaftliche Situation. Schon Ende 2008 sah es nicht sehr gut aus für die internationale Autoindustrie: Nach der Los Angeles Autoshow 2008 und der Auftaktmesse 2009 in Detroit stand fest, dass in der Welt von BMW, Mercedes, General Motors, Toyota und Ford kaum noch etwas bleiben sollte wie es war. Die Messen in Genf, Frankfurt und Tokio reihten sich dann nahtlos ein.

Rund 3,5 Millionen Fahrzeuge fuhren 2009 von den Höfen der Händler - auch dank der Prämie. (Foto: Foto: dpa)

Der ehemals größte Autohersteller der Welt, General Motors, war Anfang 2009 schlichtweg Pleite. Irrwitzige Unterstützungsaktionen der US-Regierung sorgten dafür, dass der ehemals strahlende Riese aus Detroit überhaupt noch am Leben bleiben durfte. Kaum besser sah es für die Hauptkonkurrenten Ford, Chrysler und Toyota aus. Chrysler wurde zu großen Teilen von einem alles andere als finanzstarken Fiat-Konzern geschluckt. Ford gelang es noch am besten, sich aus den internationalen Querelen herauszuhalten und kam als einziger US-Hersteller mit eineinhalb blauen Augen davon. Hier sollen Europa-Modelle wie der Ford Fiesta oder ein neuer Focus Lust auf mehr machen.

Auch Toyota, seit Jahren weltweit auf einer grandiosen Erfolgswelle unterwegs, musste erstmals schmerzhaft zurückstecken, Mitarbeiter entlassen und Produktionen zurückfahren. In Deutschland wurde die desaströse Lage von Opel Anfang 2009 zu einem peinlichen Politikum. In Anbetracht der Bundestagswahlen im Herbst ließ sich die deutsche Politik von General Motors an der Nase herumführen: Der fest eingeplante Verkauf an Magna platzte. Letztlich blieb alles beim alten, Opel wie es schon immer war und der Blitz hatte trotz überzeugender Produkte wie Insignia oder Astra weithin sichtbare Rostflecken bekommen.

Wie es mit Opel weitergehend soll, weiß nach wie vor keiner. Dabei steht fest, dass bei derartigen Auslastungen vier eigenständige Opel-Werke in Deutschland eine Farce sind und die Mitarbeiterzahl mächtig reduziert werden muss. Auch Porsche wurde zu einem Politikum. Ehemals wollte der Stuttgarter Autobauer den ganzen VW-Konzern schlucken. Das ging völlig in die Hose und so wurden die Zuffenhausener selbst geschluckt - vom VW-Konzern.

Autojahr 2009
:Schwere Zeiten inklusive

2009 war ein lausiges Autojahr. Die Abwrackprämie brachte zwar Rekordverkäufe - dennoch blickt die Branche auf zwölf düstere Monate zurück.

Stefan Grundhoff

In Deutschland gab es im ersten halben Jahr nur ein Auto-Thema: die Abwrackprämie von satten 2500 Euro. Viele Hersteller fuhren Sonderaktionen oder verdoppelten die Prämie sogar auf eigene Kappe, um die Konkurrenz auszustechen - mit Erfolg. So kauften sich viele Kunden erstmals in ihrem Leben einen Neuwagen und verschrotteten den alten. Die Gewinner waren neben dem VW-Konzern in erster Linie Importhersteller wie Suzuki, Hyundai, Fiat oder PSA.

Mercedes SLS AMG
:Benz is back

Jeder spricht in dieser Zeit von sparsamen Autos, effizienten Motoren und kleineren Autos. Gut, dass ein Hersteller den Mut für einen Sportwagen wie den SLS AMG hat.

Doch rund 3,5 Millionen verkaufte Autos in 2009 sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass weite Bereiche der Autoindustrie vor einem Scherbenhaufen stehen und in diesem Jahr nur bei kleinen Autos wirklich etwas lief. Bei größeren Autos ging nicht viel, weil Firmen erst mit Verspätung neue Leasingfahrzeuge abnahmen, Kontingente reduzierten oder auf kleinere Klassen umstiegen.

Darunter hatten besonders die deutschen Premiumhersteller zu leiden. Mercedes und BMW kamen mächtig unter die Räder, selbst Audi musste Federn lassen. Gerade im so wichtigen Volumensegment von BMW 3er und 5er, Mercedes C- und E-Klasse sowie Audi A4 und A6 ging nur wenig - in der Luxus- und Geländewagenklasse noch viel weniger. Der blinde Hass gegen die großen SUV gipfelte sogar darin, dass Fahrzeuge dieses Typs in Städten wie Berlin oder Hamburg Woche für Woche abgefackelt wurden.

Das Jahr 2009 wird zumindest in Deutschland auch als Zeitalter des Elektronenflugs in die Geschichte eingehen. Das liegt nicht an einer mehr als langweiligen Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt, die weder Fern- noch Einsicht brachte, sondern an neuen Modellen: Die Hybridtechnologie ist nicht länger allein in der Hand der Asiaten. BMW und Mercedes brachten mit großer Verzögerung die ersten Hybridmodelle auf den Markt. BMW 7er Hybrid, BMW X6 Hybrid und Mercedes S-Klasse Hybrid machten einen ersten Anfang.

General Motors, Ford, Chrysler
:Verlorene Größe

Der Untergang der US-Autoindustrie ist hausgemacht: Es fehlen die richtigen Modelle, nachhaltige Strategien und Markenbewusstsein.

Zahlreiche neue Autos verfügen zudem über Start-Stopp-Technologie, regenerative Bremsen und entkoppelbare Nebenaggregate. Es wird Kraftstoff gespart, was das Zeug hält. Doch bei allem Entwicklungszwang kam die Emotionalität in diesem Jahr allzu kurz.

Auch die Politik macht weiter Druck auf die deutsche Autoindustrie. CO2, Euro 5, Euro 6 und bald sicher auch Euro 7 stehen längst viel mehr im Mittelpunkt als begeisternde Produkte, von denen es außer einem grandiosen Mercedes SLS, einem exzellenten VW Polo, einem beeindruckenden Opel Insignia, einem extravaganten Porsche Panamera oder einem ungemein zeitgemäßen BMW X1 nicht allzu viel fahrenswertes Neues gab.

Von den deutschen Herstellern konnte sich besonders der Volkswagen-Konzern in Szene setzen. BMW und Mercedes leckten ihre Wunden und beschränkten sich in weiten Teilen darauf, Kosten zu sparen. VW und Audi, aber selbst Seat und Škoda machten es ganz anders. Hier kommen Produkte am laufenden Band und es wird getrommelt, was nur geht. So wirkt das Heulen und Zähneklappern der ehemals so selbstbewussten Konkurrenz noch wehleidiger.

Wie 2010 wird, bleibt spannend. Gut sieht es nicht aus.

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