Porsche Panamera 4S:Im Luxus verfahren

Bis dato war immer klar, wofür Porsche steht: Kraft und Sportlichkeit. Mit dem Panamera kommt jetzt der Luxus hinzu. Eine Übung, die nicht so gut gelungen ist.

Günther Fischer

Das sind wir von Porsche nicht gewöhnt: Mit fast fünf Metern Länge präsentiert sich der Panamera als richtig großes Auto. Immer ragt er mit Nase oder Heck aus unseren Normparkplätzen heraus, gibt sich als mächtige Wuchtbrumme. Wer immer das neue viertürige Sportcoupé als "schwangeren 911" bezeichnet hat, lag trotzdem falsch: Der Panamera ist endlich das Auto, das der selige 928 immer sein wollte.

Porsche Panamera 4S: Solche Spaltmaße müssen nun wirklich nicht sein - erst recht nicht, wenn man sich dem Wettbewerb in der Luxusklasse stellen möchte.

Solche Spaltmaße müssen nun wirklich nicht sein - erst recht nicht, wenn man sich dem Wettbewerb in der Luxusklasse stellen möchte.

(Foto: Foto: Fischer)

Immerhin: Der Panamera erntet auf der Straße durchweg positive Reaktionen - ganz im Gegensatz zum Cayenne, der weiterhin ein beliebtes Feindbild abgibt. Die ersten Panamera-Fahrer halten auf der Straße sogar an, um sich zu grüßen oder Tipps auszutauschen: "Na, zufrieden?" - "Sehr. Nur die Start-Stopp-Automatik arbeitet allzu ruppig ..." - "Kein Problem - einfach die Sport-Taste gedrückt halten, dann geht der Motor auch nicht mehr aus."

Eigentlich kein schlechter Tipp. Aber die Sporttaste birgt einen Nachteil: Die Drehzahl wird künstlich hoch gehalten und das Doppelkupplungsgetriebe, bei Porsche PDK genannt, schaltet später. Das aber treibt den Verbrauch hoch. Und der ist ohnehin nicht ohne: Statt der von Porsche angegebenen 11,1 Liter genehmigte sich unser Panamera im Schnitt 16,4 Liter teures Super Plus auf 100 Kilometer.

Im Normalfall fährt der Panamera hinterradgetrieben, in Kurven wird die Vorderachse je nach Bedarf miteinbezogen - dank des Allradantriebs, dessen Lamellenkupplung im Gehäuse des Siebenganggetriebes steckt. Porsches Technik erlaubt sogar die hundertprozentige Belastung einer einzelnen Achse. Per Knopfdruck können zudem drei Fahrprogramme angewählt werden: normal, Sport, Sport plus.

All das ist der Grund, warum Rallye-Legende Walter Röhrl eine Art Garantie abgibt: Der Panamera ist ein "echter Sportwagen". Am Nürburgring wurde denn auch der entsprechende Beweis erbracht. Wir glauben es gerne: Geschmeidig dringt der Panamera in Bereiche vor, die jeden Normalfahrer eigentlich überfordern würden. Aber Porsches Technik hat alles im Griff. Der Achtzylinder selbst hat jederzeit genügend Punch, teilt sich gerne mit und wird nur auf Knopfdruck vorlaut - der Zuffenhausener Riese fällt also selbst während der nächtlichen Schleichfahrt nach Hause nicht weiter ungut auf.

Da der Panamera aber auch der Porsche in der Luxusklasse sein will, müssen wir noch ein paar andere Kriterien anlegen - und da sieht es dann plötzlich ziemlich mau aus. Gerade weil er sich als schnelles Reiseauto vorstellt, stört es, dass statt des Rauschen des Windes draußen ein eher kräftiges Rauschen der Klimaanlage im Innenraum zu vernehmen ist - selbst auf niedrigster Stufe übertönt sie bei leiser Musik jederzeit die eigentlich fein regelnde Bose-Klanganlage.

Und kräftig rauscht die Klimaanlage

Dass die Türen nicht satt ins Schloss fallen, sondern meistens einen zweiten und kräftigeren Schwung verlangen, ist ebenso ärgerlich wie der Umstand, dass man als Passagier in der zweiten Reihe über eine nicht allzu große Körperfülle verfügen sollte - dann ragt man nämlich über die schmalen Seitenwangen der straffen Sportsitze hinaus. Und, noch schlimmer: Man holt sich beim Ein- oder Aussteigen schmerzhaft blaue Flecken im Becken oder Nierenbereich. Ein lästiges Stück der hinteren Armlehne bleibt nämlich am Sitz stehen, wenn die Türen geöffnet sind.

Die ergonomisch eher suboptimalen Schaltwippen am Lenkrad wurden auch schon in anderen Porsche-Modellen moniert - schade, dass sie hier wieder auftauchen. Da sind links und rechts des Armaturenbretts auch Spaltmaße zu finden, die "Fugen-Ferdl" Ferdinand Piëch, immerhin seit kurzem Porsche-Eigner, die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste. Da sind Zierleisten verbaut, die zwar die elegant aufklappenden Getränkehalter prima verbergen, sonst aber einen höchst wackeligen Eindruck hinterlassen. Da gibt es einen CD-Player und - Wechsler, der anno 2009 nicht in der Lage ist, die Titelangaben der Musik auszulesen.

Einmal in Fahrt arbeitet das PDK mit seinen sieben Gängen seidenweich - es gleitet sich prima. Aber die eher unharmomisch zu Werke gehende Start-Stopp-Automatik macht es nahezu unmöglich, im langsamen Stadtverkehr mit seinen vielen Stop-and-Go-Phasen harmonisch mitzuschwimmen. Manchmal machte der Panamera sogar einen störrischen Satz nach vorne und provozierte die Gefahr eines Auffahrunfalls.

Gerade weil der Rest des Wagens die markentypische Souveränitat verströmt, stören all diese Dinge doch gewaltig und trüben den sonst hervorragenden Gesamteindruck. Luxus muss eben auch gelernt, das Gespür für Finessen der feinen Art erarbeitet werden.

Wir warten derweil auf die Panamera-Ausgabe 2.0.

Porsche Panamera 4S: 294 kW / 400 PS; max. Drehmoment 500 Nm bei 3500 bis 5000 U/min; 0-100 km/h: 5,0 sec. (mit dem Sport-Chrono-Paket: 4,8 sec.); Vmax 282 km/h; Testverbrauch 16,4 l (Werksangabe: 11,1 l); Euro 5, CO2: 260 g/km; Preis: ab 102.051 Euro

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