Abgas- und CO₂-Affäre:Wie VW-Kunden jetzt reagieren sollten

VW-Motor EA 189

Verursacher (fast) aller Probleme, mit denen VW derzeit kämpft: der EA-189-Dieselmotor mit Manipulations-Software.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Während sich der Manipulationsskandal ausweitet, kommen immer mehr Autofahrer und Aktionäre ins Grübeln. Was Sie wissen müssen.

Von Thomas Harloff und Angelika Slavik

Die Manipulationsaffäre bei Volkswagen ist die schlimmste Krise, die der Konzern je erlebt hat. VW muss sich auf Strafen, Klagen und Kosten für technische Nachbesserungen in Milliardenhöhe einstellen. Die Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs. Aber nicht nur im Unternehmen ist die Unruhe groß - auch Autobesitzer und Anleger sind verunsichert. Was sie wissen sollten.

Wie findet man heraus, welche Autos betroffen sind?

Die Marken VW, Škoda, Audi und Seat halten auf ihren Internetseiten Programme bereit, mit denen Autobesitzer mit wenigen Klicks überprüfen können, ob das eigene Fahrzeug von der Dieselmanipulation betroffen ist. Allerdings gilt das nicht für die falschen CO₂-Werte.

Kann man das Auto umtauschen?

Da stehen genaue Informationen noch aus. Ist das Auto von den manipulierten Abgaswerten oder den geschönten Verbrauchsangaben betroffen, liegt ein Mangel am gekauften Fahrzeug vor. Kunden können verlangen, dass dieser Mangel behoben wird. Das soll durch den Rückruf, der Anfang 2016 starten soll, der Fall sein. "Sollte dies fehlschlagen oder unzumutbar sein, besteht prinzipiell die Möglichkeit, innerhalb einer Zweijahresfrist vom Kaufvertrag zurückzutreten, indem das Fahrzeug zurückgegeben und der Kaufpreis abzüglich eines Nutzungsersatzes erstattet wird", sagt Dunja Richter von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Dafür muss der Mangel aber als erheblich eingestuft werden, was noch nicht geklärt ist. Oder man muss VW der arglistigen Täuschung überführen, was eine Rückabwicklung des Kaufes nach sich ziehen würde. Auch der Kaufpreis lässt sich grundsätzlich mindern.

Kann der Spritverbrauch steigen?

Motorexperten halten es für möglich, dass durch die Nachbesserungen am Abgassystem des EA-189-Motors der Kraftstoffverbrauch steigt und die Leistung des Motors sinkt. Beides hätte einen geringeren Wiederverkaufswert zur Folge. Auf diesen Kosten könnten die Kunden sitzen bleiben. "Aufgrund der aktuellen Rechtslage wäre VW nicht verpflichtet, für derartige Folgekosten aufzukommen", sagt Richter.

Drohen Steuernachzahlungen?

Durchaus - es scheint aber unwahrscheinlich, dass diese Kosten bei den Fahrzeughaltern hängen bleiben werden. Verkehrsminister Alexander Dobrindt forderte bereits, dass VW bei Nachforderungen einspringen müsste. (siehe Kasten)

Was VW-Aktionäre tun können

VW-Aktiensturz Mitte September

Auf Talfahrt: Seit Bekanntwerden des Abgasskandals stürzte die VW-Aktie gewaltig ab.

(Foto: dpa)

Welche Fristen gibt es?

Ist ein Produkt mangelhaft, können Käufer Gewährleistung geltend machen. Allerdings nicht gegenüber dem Hersteller, sondern gegen den Verkäufer, bei dem sie das Auto erworben haben. Die Frist dafür läuft jedoch nach zwei Jahren ab. Droht diese demnächst abzulaufen, sollten Kunden ihre Ansprüche bereits jetzt beim Verkäufer anzeigen. Allerdings dürfte die Zwei-Jahres-Frist in den meisten Fällen verstrichen sein. Kunden müssten in diesem Fall auf die Kulanz des Herstellers hoffen.

Was können VW-Aktionäre tun?

Wer Aktien von VW besitzt und überlegt, Klage einzureichen, sollte noch abwarten, rät Jürgen Kurz vom Aktionärsverband DSW - zumindest, bis die Ermittlungen der Finanzaufsicht Bafin abgeschlossen sind. Das könnte gegen Ende des Jahres der Fall sein. Im Zentrum der Bafin-Ermittlungen steht die Frage, ob VW die Öffentlichkeit früher von den Problemen hätte informieren müssen. Wenn das so ist, haben Anleger ein Jahr Zeit, Klage einzureichen, gerechnet von dem Zeitpunkt an, als die Öffentlichkeit Kenntnis von der Affäre bekommen hat. Das wäre Mitte September. Allerdings: Viele Rechtschutzversicherungen decken Konflikte um Kapitalanlagen nicht ab. Wer klagen will, sollte vorher Rücksprache mit der Versicherung halten.

Was können Kläger erwarten?

In Deutschland gebe es zwei denkbare Varianten, heißt es beim DSW. Anleger, die nachweisen können, dass sie bei einer früheren Information durch VW die Aktie verkauft oder gar nicht erst gekauft hätten, können auf eine Rückabwicklung hoffen. VW müsste dann den Kaufbetrag plus Zinsen erstatten. Die zweite Möglichkeit: Wer unmittelbar vor Bekanntwerden der Affäre gezeichnet hat, kann einen "Kursdifferenzschaden" geltend machen - und argumentieren, dass er die Papiere teurer gekauft hat als es der Fall gewesen wäre, hätte VW rechtzeitig informiert. Wer das vor Gericht durchkriegt, bekommt die Kursdifferenz ausbezahlt, behält aber die Aktien.

Soll man die Aktie jetzt kaufen?

Die Analysten sind uneinig, was die weiteren Aussichten für VW angeht. Viele Banken empfehlen, die Papiere abzustoßen. Gnädiger fällt das Urteil bei der UBS aus: Auch wenn die "Bedenken" hinsichtlich der Unternehmensgrundsätze nicht kleiner würden, heißt es in einer aktuellen Analyse, habe die Aktie dennoch Potenzial.

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