BMW Motorrad:Einzelstück für Nostalgiker

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Die BMW-Designstudie Concept Ninety erinnert an die BMW R90S. (Foto: BMW)

Die Designstudie Concept Ninety ist laut, rebellisch und sehr retro - BMW feiert mit alten Stilelementen den 90. Geburtstag seiner Motorradsparte. Für das Design haben sich die Münchner Unterstützung aus Kalifornien geholt.

Von Thilo Kozik

Zum Geburtstag darf es etwas mehr sein, zumal am 90. Wie wäre es also mit einem im Wortsinne einmaligen Designerstück? Im Jahr 1923 begannen die Bayerischen Motoren Werke BMW mit der Produktion von Zweirädern, vor vierzig Jahren stellten die Münchner mit der R90S einen für damalige Verhältnisse bahnbrechenden Boxer-Sportler auf die zwei Räder, 200 km/h schnell, als erstes Motorrad überhaupt mit serienmäßiger Frontverkleidung. Daraus wurde jetzt ein gemeinsames Jubiläumsprojekt. Laut, rebellisch und sehr Retro, lackiert in schreiendem Orange.

Kein Wunder, dass die Concept Ninety anlässlich ihrer Premiere auf dem noblen Concorso d'Eleganza in Cernobbio am Comer See kürzlich sogar der Vierradfraktion die Schau stahl. Gemessen am Raunen des hochdekorierten Publikums hat das Zweirad jedenfalls das parallel vorgestellte BMW-Konzeptauto Pininfarina Gran Lusso Coupé deutlich ausgestochen.

Eine optische Neuinterpretation des R90S

Vielleicht lag es ja daran, dass diese Studie nicht als Standobjekt ausgestellt wurde, sondern unter kernigem Auspuffbollern in die Arena einfuhr. Mit Sicherheit aber an der spektakulären optischen Neuinterpretation der R90S, die bewusst Stilelemente dieses für BMW Epoche machenden Motorrades inklusive der markanten Lackierung übernimmt - manch einer der Besucher in Como mag sich dabei an seine Jugend erinnert haben, als das Motorradfahren noch als mutig und freiheitsliebend galt. Genau so kamen einem auch die für das Projekt verantwortlichen Designer vor, die in ihren Lederjacken, Jeans und derben Stiefeln vor der Villa d'Este so deplatziert wirken wie Punkrocker auf dem Wiener Opernball. "Die R90S stammt aus einer Zeit, in der Motorradfahrer gesellschaftlich als Outlaws galten", sagt Edgar Heinrich, Leiter BMW Motorrad Design, "und sie hatte etwas Rebellisches - sie war schnell, laut und wild."

Etwas aufdringlich, dabei aber puristisch und extrem sportlich - so wirkt auch die Concept Ninety mit ihrer schlanken Halbschalenverkleidung aus gebürstetem Aluminium, in der ein moderner LED-Scheinwerfer steckt. Die luftige Silhouette mit nach hinten leicht ansteigender Linie wird vom gedrungenen Tank-Motor-Ensemble dominiert, ein formvollendeter Sitzhöcker bildet den perfekten Abschluss. Technisch gesehen findet man edelste Komponenten, wo man nur hinschaut - von erstklassigen Öhlins-Federelementen über den stimmungsvollen Doppelauspuff bis hin zum eigens kreierten Cockpit zeigt die Concept Ninety alles, nur nicht Massenware. Das gilt auch für den Antrieb, selbstverständlich einen luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor mit Kardanantrieb. In der Studie hat nicht der aktuelle 1200er-Boxer Platz gefunden, sondern das 900er-Triebwerk, das eigentlich Behördenfahrzeugen vorbehalten ist. In dieser Ausführung ist der Motor für 83 PS gut, dank aufwendiger Leistungssteigerungen soll er auf höherem Drehzahlniveau bis zu 115 PS mobilisieren - bei fahrfertig rund 189 Kilo bürgt dies für jede Menge Fahrspaß.

Mit Unterstützung des ehemaligen Motorradrennfahrers Roland Sands

Dafür wie auch für die übrige atemberaubende Umsetzung holte sich die BMW Motorrad Designabteilung nicht nur Inspiration, sondern auch tatkräftige Unterstützung vom amerikanischen Großmeister des Customizing, dem ehemaligen Motorradrennfahrer Roland Sands. Deshalb stammen viele Bauteile wie der Ventildeckel, die Auspuffanlage, die Airbox oder die Brems- und Kupplungsarmaturen aus der Werkstatt des berühmten Kaliforniers und tragen sein Kürzel. RSD steht für Roland Sands Design.

Angesichts der unzähligen Einzelanfertigungen wird dieser Traum aus Edelstahl und Leichtmetall natürlich ein Einzelstück bleiben. Doch während die BMW Concept Ninety auf Welttournee gehen wird, arbeiten die Macher in München schon längst an einem bezahlbaren Serien-Retromodell. Das dürfte schon im Herbst auf den Messen zu sehen sein und mindestens einen ähnlichen Aufruhr unter dem normalen Zweirad-Publikum verursachen.

© SZ vom 29.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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