Vorhersage britischer Wissenschaftler:Klimaforscher erwarten für 2007 Rekordwärme

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Treibhausgase und eine ungewöhnliche Meeresströmung im Pazifik heizen weltweit die Atmosphäre weiter auf.

Patrick Illinger

Einer Studie britischer Wissenschaftler zufolge dürfte 2007 das wärmste Jahr seit mindestens 150 Jahren werden. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent werde die globale Durchschnittstemperatur die Rekordwerte der vergangenen Jahre übertreffen, sagen die Klimatologen.

Zwei Gründe nennen die Forscher des britischen Hadley Center für den erwarteten Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur in den kommenden Monaten. Der eine ist wohlbekannt: Menschengemachtes Treibhausgas, insbesondere das Kohlendioxid, sorgt dafür, dass immer weniger wärmende Sonnenstrahlen von der Erdoberfläche zurück in den Weltraum reflektiert werden.

El Nino kehrt zurück

Der zweite Grund ist ein ungewöhnliches Wetterphänomen mit der Bezeichnung "El Nino", das sich derzeit im pazifischen Ozean abzeichnet. Darunter verstehen Meteorologen ein alle paar Jahre wiederkehrendes Ereignis, bei dem vor der Westküste Südamerikas plötzlich warmes Meerwasser an die Oberfläche quillt.

Die Bezeichnung dieses Phänomens stammt von peruanischen Fischern, die das Geschehen nach dem Christkind (El Nino) benannt haben, weil es Ende Dezember auftritt und die Fische vertreibt. Zwei besonders starke El Ninos traten in den Jahren 1982/83 und 1997 auf.

Besonders 1997 kam das über dem gesamten Globus verwobene Geflecht der Meeresströmungen und vorherrschenden Winde derart durcheinander, dass die Auswirkungen auf drei Vierteln der Erdoberfläche spürbar wurden. Über Süd- und Mittelamerika wüteten massive Unwetter, und in Südostasien sowie in Afrika kam es zu Dürren, die zahlreiche Menschenleben forderten.

Ein im Vergleich zu damals schwächerer El Nino zeigt sich derzeit im Pazifik. Bis die dort erhöhte Meerestemperatur auch die Lufthülle der Erde anheizt, dürften noch etwa vier Monate vergehen, sagte der britische Klimaexperte Chris Folland.

Eine Computersimulation und statistische Berechnungen lieferten ihm die Vorhersage, dass die durchschnittliche weltweite Oberflächentemperatur in diesem Jahr 0,54 Grad Celsius über dem langjährigen Mittelwert von 14 Grad liegen werde. Der bisherige Rekord liegt nach Angaben des Hadley Centre bei 0,52 Grad im Jahr 1998.

Jochen Marotzke vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie wies allerdings darauf hin, dass die Nasa eine leicht abweichende Rangliste führt, bei der die Temperaturwerte der Arktis stärker berücksichtigt werden. In der Statistik der US-Weltraumbehörde gilt 2005 als bislang wärmstes Jahr. "Man sieht, dass es Unsicherheiten gibt", sagte Marotzke. Der Trend sei jedoch eindeutig: "Es geht nach oben."

Einigkeit besteht unter fast allen Klimaforschern über die Tatsache, dass die sechs wärmsten Jahre seit mindestens 150 Jahren in den Zeitraum von 1998 bis 2006 fallen. "Wer da noch an Zufall glaubt, muss schon tief in der Kiste der Wahrscheinlichkeitsrechnung graben", sagte Marotzke.

Der in Süddeutschland derzeit ausbleibende und von Wintersportlern schmerzlich vermisste Schnee ist indes kein Beweis für die globale Erwärmung. Solche regionalen Erscheinungen sind bestenfalls Mosaiksteinchen für die Datensätze der Klimaforschung.

Fischsterben in der Nordsee

Härtere Fakten kommen derzeit aus der Nord- und Ostsee. Die Meereswissenschaftler Hans-Otto Pörtner und Rainer Knust vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven berichten in der an diesem Freitag erscheinenden Zeitschrift Science über Erkenntnisse darüber, wie Fische - in diesem Fall die besonders empfindliche Aalmutter - leiden, weil ihre Sauerstoffaufnahme im wärmerem Wasser nicht mehr funktioniert.

Die Forscher vermuten, dass einige Fischarten komplett aus der Nordsee verschwinden werden, sollten die Prognosen der Klimaforschung zutreffen. Für die Nordsee wird erwartet, dass sie sich bis zur Mitte des Jahrhunderts um drei bis vier Grad Celsius erwärmt.

© SZ vom 5. Januar 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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