Vogelflug:Die Kunst der Himmelsstürmer

Dohlen fliegen perfekte Kreise, Möwen segeln auf verschlungenen Wegen: Mit einer neuen Fototechnik werden die Flugspuren der Vögel sichtbar gemacht.

Von Hans Gasser und Christian Weber

7 Bilder

AIRLINES - Vogelspuren in der Luft

Quelle: Lothar Schiffler

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Die Schönheit von Musik lässt sich nur im Vergehen der Zeit erleben. Ähnlich ist es mit der Eleganz eines Adlerfluges. Der Münchner Fotograf Lothar Schiffler hat es geschafft, solche Flugbahnen in einem Bild festzuhalten - mit Hilfe moderner digitaler Foto- und Videotechnik sowie spezieller Softwarekomponenten. Sie ermöglichen die Rekonstruktion von Tausenden Einzelfotos aus Videos zu einem Bild. Es zeigt ähnlich den Kondensstreifen eines Flugzeuges den exakten Verlauf eines Vogelfluges. Im Gegensatz zur Fotografie - dem Schreiben mit Licht - bezeichnet Schiffler diese Verfahren als Iskiographie: das Schreiben mit Schatten. (Technische Assistenz: Nikolai Klassen)

KRANICHE, 2015, 1:18 MINUTEN

Sie fliegen nahe Kinnbackenhagen an der Ostsee in Formation. Sie sind Zugvögel, die beim Wechsel der Jahreszeiten zum Teil Tausende von Kilometern zurücklegen.

AIRLINES - Vogelspuren in der Luft

Quelle: Lothar Schiffler

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BASSTÖLPEL ÜBER HELGOLAND, 2015, 11 SEKUNDEN

Etwas tollpatschig wirkt er schon, der Basstölpel. Gedrungener Körper, riesiger Kopf, Enten-Watschelfüße. Doch er ist ein hervorragender Segler. Wer einmal auf hoher See gesehen hat, wie elegant und blitzschnell der große weiße Vogel kopfüber ins Meer stößt, um Heringe, Sardinen oder Makrelen zu erbeuten, wird eines Besseren belehrt. Anders sieht es mit dem gewöhnlichen Start- oder Landeanflug aus. Basstölpel brauchen immer Anlauf, da ihre Flugmuskulatur vergleichsweise schwach ausgebildet ist. Sie benötigen also Wind und leben vor allem im Norden auf hoher See. In Deutschland brüten sie nur am Lummenfelsen auf Helgoland.

AIRLINES - Vogelspuren in der Luft

Quelle: Lothar Schiffler

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MAUERSEGLER IN DALMATIEN, 2014, 20 SEKUNDEN

Ihr schriller Ruf gehört zum Sommer, besonders dort, wo sie in altem löchrigen Gemäuer Bruthöhlen finden. Mauersegler sind wie kaum eine andere Vogelart an das Leben in der Luft angepasst: die spitzen, sichelartigen Flügel, der kompakte Schwanz. Außerhalb der Brutzeit verbringen sie Monate in der Luft. Sie übernachten sogar fliegend, wozu sie in höhere Luftschichten aufsteigen und bei geringer Geschwindigkeit in einen Halbschlaf verfallen. Trotz ihres Namens sind die Mauersegler keine reinen Segler, Gleit- und Flügelschlagphasen wechseln sich ab. Sie können bis zu 200 Kilometer pro Stunde schnell werden und ernähren sich von im Flug erbeuteten Insekten und Spinnen.

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Quelle: Lothar Schiffler

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SILBERMÖWE VOR KORSIKA, 2014, 1:50 MINUTEN

Mit gutem Grund schrieb der amerikanische Schriftsteller Richard Bach in seinem gleichnamigen, leicht kitschigen Buch über die "Möwe Jonathan", die ihr Leben dem Ziel widmet, ihre Flugkünste zu perfektionieren, bei Sturzflügen Rekordgeschwindigkeit zu erreichen oder gar echte Loopings zu drehen. Schon Altmeister Alfred Brehm lobte die Schönheit und Eleganz der "Raben der Meere": "Ihr Flug geschieht mit langsamen Flügelschlägen; diese wechseln aber oft mit anhaltendem, leichtem und schönem Schweben", das mit "spielerischer Leichtigkeit" ausgeführt werde. Wenn sie dabei doch nur ihr Jauchzen ließen; es klingt ungefähr so: "aau aau au kjiiiau kjau kjau."

AIRLINES - Vogelspuren in der Luft

Quelle: Lothar Schiffler

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KRÄHEN IN MÜNCHEN, 2014, 38 SEKUNDEN

Diese Krähen haben offensichtlich die Lufthoheit über dem Westfriedhof in der bayerischen Landeshauptstadt übernommen. Kein Wunder, weiß man doch, dass diese Rabenvogel-Art ihr Revier mit allen Mitteln verteidigt. Die Tiere wurden bereits dabei beobachtet, wie sie Seeadler, Uhus oder Turmfalken verjagen. Dabei sind sie keine besonders gewandten Flieger. Krähen fliegen mit 35 bis 45 Kilometern pro Stunde eher langsam, aber zielstrebig. Sie erreichen meist nur Flughöhen von 50 Metern, und bei starkem Wind bleiben sie sogar nah am Boden. Haben sie sich erst mal auf einem Baum niedergelassen, hüpfen sie lieber von Ast zu Ast, als zu fliegen.

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Quelle: Lothar Schiffler

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STEINADLER AM RAND DER PYRENÄEN, 2013, 2:25 MINUTEN

In Europa sieht man die riesigen Vögel mit bis zu 2,30 Meter Flügelspannweite leider nur noch selten, am ehesten noch im Gebirge, in den bayerischen Alpen etwa oder wie hier in den Pyrenäen. Steinadler gehören zu den kühnsten Fliegern am Himmel, die trotz ihrer Größe außerordentlich wendig sind. So wird gelegentlich beobachtet, dass sie sich während des Fluges auf den Rücken drehen und Beutevögel von unten attackieren. Häufiger kreisen sie jedoch nah am Boden und jagen kleine bis mittelgroße Säugetiere wie Murmeltiere, Hasen, Rehkitze, Gämsen und bei Gelegenheit sogar Hauskatzen. Beim Sturzflug erreichen die Vögel Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 320 Kilometern pro Stunde.

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Quelle: Lothar Schiffler

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DOHLEN AM TORRE ASINELLI IN BOLOGNA,2015, 6 SEKUNDEN

Der Name Hupfdohle für zappelige Menschen kommt nicht von ungefähr. Die tierischen Vorbilder für diesen Begriff hüpfen tatsächlich häufig auf ulkige Weise auf einem oder zwei Beinen voran. In der Luft suchen die knapp 40 Zentimeter großen Singvögel regelrecht ihren Spaß; sie spielen mit Aufwinden und Luftwirbeln, zeigen große Körperbeherrschung. Dohlen gelten als die Akrobaten der Lüfte.

Die Ausstellung "AIRLINES - Vogelspuren in der Luft" mit Bildern dieses Projekts ist noch bis 4. Dezember 2016 in der THEATERHAUS Galerie in Stuttgart zu sehen. Weitere Informationen unter www.iskiographie.de.

© SZ vom 29./30. Oktober 2016/beu
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