Verseuchte Medikamente:Arznei-Skandal in China erschreckt Amerikaner

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Ein verseuchtes Medikament hat bei Krebspatienten schwere Nebenwirkungen ausgelöst. In den USA sorgt man sich nun um die Abtreibungspille RU-468. Die wird ebenfalls von der verantwortlichen Firma hergestellt.

Markus C. Schulte von Drach

Als wäre es nicht schlimm genug, an Leukämie zu leiden. In China sind erneut kontaminierte Medikamente auf den Markt gekommen und haben zu schweren Nebenwirkungen bei Krebspatienten geführt.

Wie Angehörige der Betroffenen einem Artikel der New York Times zufolge berichteten, kam es bei 53 Patienten in Peking zu Lähmungen und anderen schweren Störungen. Landesweit sollen es mindestens 193 Opfer sein.

Die Produktion in der Fabrik von Shanghai Hualian wurde eingestellt, nachdem in den Mitteln Methotrexat und Cytarabin Verunreinigungen mit einem dritten, dort hergestellten Arzneimittel entdeckt worden waren.

Anfänglich hatte man noch versucht, den Skandal zu vertuschen. Die Experten, die den Fall für die Behörden untersuchen sollten, fahndeten deshalb zwei Monate lang in der falschen Richtung. Schließlich stellte sich heraus, dass in der Fabrik die Bestandteile verschiedener Mittel entgegen den Vorschriften zusammen gelagert worden waren.

Dem Unternehmen, das zum staatseigenen Konzern Shanghai Pharmaceutical Group gehört, wurde inzwischen die Lizenz zur Produktion von Anti-Krebs-Medikamenten entzogen.

Abtreibungspille aus China

Der Skandal ist der vorerst letzte in einer ganzen Reihe von Vorfällen, bei denen verseuchte Produkte aus chinesischen Fabriken im In- und Ausland Menschen die Gesundheit oder sogar das Leben gekostet haben. Der aktuelle Fall löst nun auch in den USA erneut Ängste aus.

Denn Shanghai Hualian exportiert seine Produkte in etliche Länder. Insbesondere produziert die Firma auch die Abtreibungspille RU-468 (Mifepristone) für den amerikanischen Markt, wo sie von den Danco Laboratories vertrieben wird.

Zwar findet die Produktion des Mittels in einer anderen Fabrik statt als die der Krebsmedikamente. Auch wurde, wie der Direktor der chinesischen Zulassungsbehörde in Schanghai der New York Times erklärte, die Anlage zur Herstellung von RU-468 in den letzten Monaten mehrfach kontrolliert.

Doch vor dem Hintergrund der wiederholt festgestellten gefährlichen Mängel bei der Herstellung von Medikamenten und anderen Produkten hat etwa das US-Unternehmen Pfizer in den vergangenen Jahren abgelehnt, Bestandteile von Arzneimitteln von der Shanghai Pharmaceutical Group produzieren zu lassen.

Auch Peking reagiert inzwischen hart auf solche Vorfälle. Vergangenes Jahr wurde der ehemalige Leiter der Arzneimittelzulassungsbehörde wegen Korruption hingerichtet. Und derzeit ermittelt die Polizei, wer innerhalb des staatlichen Unternehmens Shanghai Pharmaceutical Group alles von den Zuständen in der Fabrik gewusst hat.

Das Risiko, dass Patienten in Deutschland mit verseuchtem Methotrexat oder Cytarabin behandelt werden könnten, besteht offenbar nicht. Wie mehrere große Vertreiber der Mittel in Deutschland sueddeutsche.de erklärten, werden diese für den europäischen Markt auch in Europa hergestellt, nicht in China.

Und die Abtreibungspille, in Deutschland unter dem Namen Myfegyne erhältlich, kommt bei uns aus Frankreich.

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